Aus für den Nationalen Sicherheitsrat: Kein Wille zum Querschnitt
Weil sich Auswärtiges Amt und Kanzleramt nicht einigen können, gibts keinen Nationalen Sicherheitsrat. Dabei ist Sicherheit eine Querschnittsaufgabe.
V or zwei Jahren war Annalena Baerbock noch der Ansicht: In der Außen- und Sicherheitspolitik muss das Kanzleramt stärker koordinieren. Die Grünen-Politikerin war damals noch Kanzlerkandidatin und sprach von einem Kanzlerinnenamt. Ihre Forderung war klar: Wolle man angesichts von Krisen, Kriegen und Klima eine strategisch handelnde Bundesregierung, dürfe nicht jedes Ministerium sein eigenes Ding machen. Gefordert sei eine kohärente Außenpolitik.
Als Außenministerin denkt Baerbock heute anders. Darauf deutet zumindest eine Meldung des Spiegel hin, die bestätigt, was sich seit Wochen angedeutet hat: Die Verhandlungen über die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats sind gescheitert. Außenministerium und Kanzleramt konnten sich demnach nicht darauf einigen, bei wem ein solches neues Gremium angesiedelt wird. Also kommt es gar nicht.
Das ist ein Fehler. Die Krisen der letzten Jahre haben gezeigt, wie eng Außen- und Innenpolitik zusammenhängen und wie sehr Sicherheit eine Querschnittsaufgabe ist. In der Pandemie rächte sich etwa die Abhängigkeit Deutschlands von Medizinprodukten aus China, im Konflikt mit Russland die naive Energiepolitik der vorherigen Jahrzehnte. Verschiedene Themenfelder zusammenzudenken, Entscheidungen auf sicherheitsrelevante Aspekte abzuklopfen, Gefahren ressortübergreifend zu antizipieren – das hätte die Aufgabe des Sicherheitsrats werden können.
Zumindest vorerst wird daraus nichts. Im Papier zu einer gemeinsamen Sicherheitsstrategie, an dem die Regierung derzeit arbeitet, wird das Gremium wohl nicht auftauchen. Wie später ein neuer Anlauf möglich wäre? Das Auswärtige Amt müsste sich von der Sorge lösen, Macht zu verlieren, wenn das Kanzleramt eine Querschnittsaufgabe koordiniert. Das Kanzleramt wiederum müsste bereit sein, eher zu koordinieren als durchzuregieren. In der Architektur eines solchen Gremiums müsste sich das dann auch niederschlagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“