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„Aufstand mit Abstand“ fürs KlimaDen Kapitalismus blockieren

Bundesweit finden Aktionen der Initiative „Aufstand mit Abstand“ fürs Klima statt. Als Erstes blockierten sie eine Shell-Raffinerie.

Umweltaktivisten blockieren die Hafen-Zufahrt zur Shell-Raffinerie Wesseling in Köln Foto: David Young/dpa

BERLIN taz | Die Füße stecken in einem Betonklotz, der junge Mann hat sie sich einbetoniert. Ein Foto zeigt, wie er zusammen mit anderen Aktivisten vor dem Eingang von HeidelbergCement sitzt. Auch in Köln gibt es Blockaden, auf Twitter erste Fotos davon: „Hier: Profite. Woanders: Ermordung, Vertreibung, Verschmutzung, Zerstörung“, ein großes Plakat prangt an einem Seil, das über den Rhein in Wesseling gespannt ist und Schiffe am Durchfahren hindert.

Etwa 60 Menschen begannen am Freitagmorgen, die Shell-Raffinerien im Rheinland zu blockieren. Wie die Aktivisten auf Twitter schrieben, versuchte die Polizei ab 12 Uhr den Protest aufzulösen. Die Blockaden sind Teil der Aktionstage „Aufstand mit Abstand – Klima retten, Kapitalismus überwinden“ und Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung.

Das Aktionsbündnis „Zuckerimtank“ hat die Kampagne ins Leben gerufen. Beteiligt sind zum Beispiel Ortsgruppen von Fridays for Future, Extinction Rebellion, Ende Gelände sowie lokale Antifa-Initiativen. Am Freitag ging es los, aber auch am Samstag sollen Blockaden, Besetzungen und Demonstrationen in ganz Deutschland stattfinden.

Als Auftakt wurde die Shell-Raffinerie in Wesseling blockiert. Immer wieder verursacht der Konzern Umweltskandale. Daher fordern die Aktivisten: „Shell muss ein für alle Mal geschlossen werden.“ Menschen haben sich an Betonfässer gekettet oder sind auf sechs Meter hohe Dreibeine geklettert.

Ausbeutung von Tier und Umwelt

Mauritz Faenger-Montag, Pressesprecher von Shell, äußerte sich zu den Blockaden: „Wir haben dasselbe übergeordnete Ziel wie die Klimaaktivisten, aber wir unterscheiden uns in den Wegen dahin. Wir haben erst kürzlich unsere Klimaambitionen deutlich erhöht.“ Solche Versprechen reichen den Aktivisten nicht aus.

„Mit den Aktionstagen wollen wir auf den Zusammenhang von Kapitalismus und Klima­kri­se hinweisen. Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist profit- und nicht bedarfsorientiert. Das Streben nach Gewinn erzeugt einen Wachstumszwang, der nur durch die Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt befriedigt werden kann. So wird unsere Lebensgrundlage gefährdet und die Klimakrise weiter befeuert“, sagt Mara Güthen, eine Mitorganisatorin der Aktionstage.

Aktivistin Lea Neus ist auch an der Shell-Blockade beteiligt. Sie kritisiert, dass in Bezug auf die Klimakrise auf politischer Ebene so gut wie nichts passiert. „Das heißt für uns: Demonstrieren allein reicht nicht. Wir müssen jetzt die Verursacher der Kli­ma­krise blockieren.“ Die Aktivisten nehmen die Corona­kri­se ernst, daher sollen die Aktionen unter Beachtung der Coronabestimmungen stattfinden.

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15 Kommentare

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  • In der besagten Raffinerie, am Rhein in Wesseling vor Köln wurde vor kaum zwei Wochen ein millimetergrosses Loch gefunden, durch das 450.000 Liter Öl, das sind 40 Tanklastwagen, ausgetreten sind.

  • Das Problem bei eher prinzipiellen Debatten über ökonomische Fragen, so auch hier im Beitrag und den Kommentare, ist, dass der Begriff Kapitalismus, selbst nach jahrzehntelangen Diskurs immer noch nicht richtig verstanden wird.



    Es wird von einem kapitalistischen System im Text gesprochen, der Kapitalismus ist aber kein System, jedenfalls kein Wirtschaftssystem, dieses ist die Marktwirtschaft. Kapitalismus ist ein Wirtschaftsstil, eine Art und Intention des Verhaltens, nicht die prinzipielle Gestaltung des Rahmens in dem die ökonomischen Aktivitäten ablaufen.



    Auch Zentralverwaltungswirtschaften können in einen kapitalistischen Wirtschaftsstil abdriften, was die Verwirrung über System und Stil weiter vergrössert und einer strategischen Konsensbildung in der Debatte und den daraus abzuleitenden Handlungen für Veränderung nicht zuträglich ist.



    Der Fokus ist auf die problematischen kapitalistischen Handlungsnormen zu richten, nicht gegen das dezentral ko-ordinierte marktwirtschaftliche System zu richten



    Zusätzlich ist die Verwendung des Begriffes Kapitalismus aufgrund seiner eindeutigen marxistischen Prägung sehr problematisch. Es wird nie klar ob die entsprechenden Protagonisten, die von Kapitalismus reden, meinen, ob damit die marxistischen Vorstellungen erneut umgesetzt werden (Diktatur des Proletariats, also keine Demokratie, und Zentralverwaltungswirtschaft) oder ob andere prinzipielle ökonomische Konzepte verfolgt werden sollen.

    Unter diesen Umständen (mangelndes theoretische Verständnis und mangelnde Klarheit der Konzepte) sollte am besten auf die in letzter Zeit inflationär verwendete Wortgewalt des Begriffes Kapitalismus insgesamt verzichtet werden.



    Wir brauchen eigene, neue Konzepte und Begriffe und keine falsch verstandenen und falsch verwendeten aus dem 19. Jahrhundert.

    • @ifpw.eu:

      Dass Sie die Verwendung von Begrifflichkeiten untersagen wollen bzw. appellieren, diese nicht mehr zu verwenden, halte ich für eine letztendlich ziemlich antidemokratische Einstellung! Zusätzlich bleibt außerdem die Tatsache, dass die Marktwirtschaft global betrachtet zu dereguliert ist, um momentan den ökologischen Niedergang der Menschheit aufzuhalten. Ob Sie hier nun von neoliberal, kapitalistisch oder sonst wie reden, ist diesbezüglich völlig egal und ob es vielleicht eher mit einem demokratischen ökologischen Sozialismus oder sonst wie versucht werden sollte, ebenso, da es dafür keine Mehrheiten gibt und voraussichtlich auch nicht geben wird. Also bleibt nur die Möglichkeit eine sozialökologische Marktwirtschaft mit starken regulierenden Gesetzen zu installieren. Doch auch diese wird es wohl kaum mit Trump, Putin und der kommunistischen und staatskapitalistischen Einheitspartei in China geben!

      • @Jonas Corvin:

        @IPPW.EU



        @JONAS CORVIN



        Marx hätte für Wortschöpfungen wie "Marxismus" oder "marxistisch" nur milden, ironischen Spott übrig gehabt.



        Die Begriffe des Herrn Marx entspringen seiner wissenschaftlichen Arbeit und es erscheint wenig sinnvoll, sich aus politisch-apologetischen Motiven lediglich einer anderen Terminologie bedienen zu wollen.



        Weil die von Marx definierten Begriffe von verbrecherischen Machtpolitikern als Legitimations-"Wissenschaft" missbraucht wurden, sind sie zwar nicht in ihrer wissenschaftlichen Substanz diskreditiert, wohl aber in ihrer assoziativen Qualität als scheinbare Begriffe von Unterdrückung, Gewalt und Unrecht.



        Weil der reale Horror der stalinistisch- apologetischen Pervertierung wissenschaftlicher Begriffe zur Scheinlegitimation einer Gewaltherrschaft im sog. "Realen Sozialismus"(ob sowjetischer oder maoistischer Prägung) missbraucht wurde, erscheinen die Begriffe als ideologisch "verbrannt" und vor jeder sinnvoll gemeinten Diskussion wäre es unerlässlich, zunächst zu einen widerseitigem Verständnis zu kommen, was genau man unter "Kapitalismus" oder "Sozialismus" verstehen wolle.



        Wobei angemerkt sei, dass Marx die umfassendste, präziseste kritische Analyse des Kapitals erarbeitet hat und über die theoretische Konsequenz einer historischen Übergangsphase vom Kapitalismus zu einer "kommunistischen" Gesellschaft(vulgo: "Sozialismus") nur relativ wenig bemerkt hat.

    • @ifpw.eu:

      "Wir brauchen eigene, neue Konzepte und Begriffe und keine falsch verstandenen und falsch verwendeten aus dem 19. Jahrhundert"

      So siehts aus. Das Problem der (linken) Kapitalismuskritik ist nicht die Fehlanalyse der Wirtschaftsordnung, sondern der Mangel an einem glaubwürdig vermittelbaren, praktikablen, demokratisch umsetzbaren Gegenentwurf.

      Und das Paradoxon der vorgeblichen Progressivität unter unablässiger Zitierung 150 jahre alter Vorstellungen und Phrasen, die sich in der Realität immer wieder als Utopie herausgestellt haben.

      Nur zu glauben reicht mir nicht. Ich bin nicht religiös.

      • @Deep South:

        @ Deep South & Leila Khaled - Begriffe entwickeln sich weiter und deren Verwendung ebenso. Wenn sogar Piketty in seiner hervorragenden Analyse vom Kapitalismus spricht bzw. die Begrifflichkeit zur Beschreibung unseres globalen Systems dient, halte ich Ihre begrenzte Sichtweise für wenig hilfreich!

        „ Piketty arbeitet eine grundsätzliche Theorie des Kapitalismus heraus, die die Theorien zum Wirtschaftswachstum und zur Einkommensverteilung verbindet.[1] Pikettys Kernthese lautet: Ungleichheit ist kein zufälliges, sondern ein notwendiges Merkmal des Kapitalismus; übermäßige Ungleichheit in einer kapitalistischen Wirtschaft kann daher nur durch Einschränkungen des Kapitalismus gelöst werden.[2] Wird ein derartig exzessiver Kapitalismus wie der derzeitige nicht reformiert, so würde laut Piketty die demokratische Grundordnung gefährdet.[2]“

        Und dass es keine alternativen Konzepte gibt stimmt auch nicht, Piketty spricht vom demokratischen partizipativen Sozialismus!

        Und das Sie irgendwie bei Marx geistig stehen geblieben sind ist auch bedauerlich: „Kapitalismus bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte. Die zentralen Merkmale sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie ideologischer Unterschiede umstritten. Allgemein wird unter Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt (Marktwirtschaft) beruht.[1] Als weitere konstitutive Merkmale werden genannt: die Akkumulation (für manche das „Herzstück“, Hauptmerkmal und Leitprinzip des Kapitalismus),[2] „freie Lohnarbeit“ und das „Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb“.[3]



        Marktwirtschaft hat es unter vielen verschiedenen Regierungsformen, Gesellschaften und Kulturen gegeben.[4] ...“ Quellen: Wikipedia...

        • @Jonas Corvin:

          Was soll sich im Vergleich zur Marxschen Analyse geändert haben?



          Das Prinzip der Orientierung am Maximalprofit, der ökonomische Zwang zum permanenten Wachstum ist das Wesens-Grundprinzip kapitalistischen Wirtschaftens und "exzessiv" von Anbeginn. Demokratie in diesem Kontext hat einen wesentlich eingeschränkten, formalen Charakter, solange das Prinzip des Privateigentums an Produktionsmitteln herrscht.



          Aber der Kapitalismus ist zu einem gewissen Grade im Interesse der Nicht-Privateigentümer an Produktionsmitteln beeinflussbar. Die auch in einem nur formal demokratischen Gemeinwesen lebenden Menschen müssen ja nicht jede Volte des Kapitals mitmachen.



          Im Moment erleben wir allerdings, dass die "Bauchredner des Kapitals" unter dem Deckmäntelchen angeblich humanitärer Motivation das geltende Recht angreifen und Teile des Grundgesetzes außer Kraft setzen. Ziel ist es offenbar, totale globale Verfügbarkeit über "die" Arbeitskraft herzustellen.



          Die Menschen sollten sich überlegen, welches erkenntnisleitende Interesse dieser angeblichen "Humanitärität" tatsächlich zugrundeliegt.

          • @Leila Khaled:

            Der Wesenskern hat sich nicht geändert. Die soziale Marktwirtschaft gab es nur noch nicht zu Karl Marx Zeiten und die Erkenntnis, dass sich der Kapitalismus durchaus regulieren lässt und einen größeren Teil partizipieren lassen kann. Doch seit dem Zusammenbruch des Ostblocks ist der Kapitalismus erneut extrem zügellos und beutet weltweit ökologische Ressourcen und Menschen gnadenlos aus unter der Maxime der Profitmaximierung! Egal ob dies nun von multinationalen Konzernen betrieben wird oder von einem zentralwirtschaftlich organisierten Staat mit Einheitspartei!



            Ausgangspunkt der Diskussion war es übrigens nicht mehr den Begriff Kapitalismus verwenden zu dürfen laut IFPW.EU. Das habe ich nur dargelegt, dass gerade heute es mehr denn je notwendig ist, über Kapitalismus zu sprechen!

            • @Jonas Corvin:

              D'accord, da stimme ich Ihnen zu, dass ist in der Tat notwendiger denn je!

  • Sozialismus, Kommunismus, Kapitalismus. Die drei Affen sind schuld am Klimawandel.

    Und heute ist man gerade so weit, dass die drei verantwortlichen Affen aufeinander einschlagen.

    Es wird noch ein paar Evolutionen dauern, bis man den Klimawandel in Griff bekommt.

  • Zum Bedenken:



    Der Kapitalismus hat ein Problem mit einem sinnvollen Umgang mit der Umwelt.



    Die real existierende oder ehemals existiernde Sozialistische Systeme haben die Umwelt mindestens genauso kaputt gemacht.



    Die sozialistischen System waren / sind auch nicht reformierbar, weil Kritiker Mundtod gemacht wurden / werden!



    Vergleicht man den Zustand der BRD mit der DDR 1989 oder die Nachbarländer der DDR, dann hat die BRD deutlich besser abgeschnitten! In der BRD war und ist Kritik möglich und langfristig gibt es auch Veränderungen. Die Energiewende ist zwar bei weitem nicht perfekt, aber der Ansatz ist wenigstens da auf dem man was Aufbauen kann.



    Vergleicht man die Systeme, dann liegt es nahe zu sagen, dass das menschliche Wesen nicht zum Sozialismus passt!



    Das schreibe ich, als ehemaliger Sozialist!

    • @Fridolin:

      Demokratischen Sozialismus gab es halt nie! Und die Vorstellung, dass der Kapitalismus auf seinem globalen Siegeszug sich angemessen in ökologischer und sozialer Hinsicht regulieren lässt, ist momentan faktisch widerlegt. Momentan fährt die Menschheit mit voller Fahrt auf den Abgrund zu und ein paar wenige Reiche werden profitieren, da die sich die Regionen und Ressourcen zukünftig leisten werden können, um angenehm zu überleben! Und auch die Energiewende wird bei dem geplanten Umsetzungstempo daran nichts ändern! Eventuell wird Marx letztendlich doch teilweise recht haben und die soziale globale Krise gepaart mit der ökologischen wird eine Weltrevolution auslösen, aber auch nur dann, wenn der Großteil der Revolutionäre nicht vorher ertrunken ist!

  • Zum Bedenken:



    Der Kapitalismus hat ein Problem mit einem sinnvollen Umgang mit der Umwelt.



    Die real existierende oder ehemals existiernde Sozialistische Systeme haben die Umwelt mindestens genauso kaputt gemacht.



    Die sozialistischen System waren / sind auch nicht reformierbar, weil Kritiker Mundtod gemacht wurden / werden!



    Vergleicht man den Zustand der BRD mit der DDR 1989 oder die Nachbarländer der DDR, dann hat die BRD deutlich besser abgeschnitten! In der BRD war und ist Kritik möglich und langfristig gibt es auch Veränderungen. Die Energiewende ist zwar bei weitem nicht perfekt, aber der Ansatz ist wenigstens da auf dem man was Aufbauen kann.



    Vergleicht man die Systeme, dann liegt es nahe zu sagen, dass das menschliche Wesen nicht zum Sozialismus passt!



    Das schreibe ich, als ehemaliger Sozialist!

    • @Fridolin:

      Muss Ihnen recht geben. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der Ostblock ein durchgehendes Biotop war. Irgendwie wird im Träumchen von der Überwindung des Kapitalismus der real existierende Sozialismus vergessen. Da war doch irgendwas🤔? Ich glaube die hatten gewisse Herausforderungen mit der Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Beteiligung am politischen Prozess, Rechtsstaatlichkeit, Umweltschutz...

  • Zerstören durch Blockieren ist auch ein Zerstören. Leider sind Fabriken keine Götzen, die es nach einer Zeitenwände nicht bräuchte.