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Aufnahme russischer DeserteureMacht hoch die Tür

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Soll Europa russische Deserteure, Kriegsdienstflüchtlinge oder Kriegsdienstverweigerer einreisen lassen? Natürlich, immer und sofort! Was denn sonst?

„Russland dienen ist ein wahrer Dienst“: Ein Plakat in St. Petersburg Foto: Dmitri Lovetsky/ap

E s ist zynisch. Anders kann man das Verhalten der russischen Anrainerstaaten Lettland, Litauen und Finnland nicht erklären. Denn kaum hat Wladimir Putin es geschafft, mit seinem kriegstreiberischen Wahnsinn wenigstens Teile der eigenen Bevölkerung gegen sich aufzubringen, kaum packen – endlich, endlich – Hunderte, nein Tausende Rus­s:in­nen ihre Koffer, um das Land zu verlassen, um der Zwangsrekrutierung für diesen mörderischen Angriffskrieg zu entgehen, um Njet zu sagen zu Putins Krieg, da schlagen ihnen die Nachbarstaaten die Tür vor der Nase zu. Deserteure? Kommen hier nicht rein!

Die Argumente der Kriegsdienstverweigerer-Einlassverweigerer sind hanebüchen. Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics bezeichnet die Flüchtenden als Sicherheitsrisiko. Was sie verdächtig macht? Sie haben nicht protestiert, als Russland am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert sein.

Mal abgesehen davon, dass so ein Pauschalurteil ohne Einzelfallkenntnis ohnehin Blödsinn ist: Haben denn alle, die nicht immer sofort und überall gegen die Diktatur auf die Straße gehen und dabei ihre Freiheit, ihr Leben oder auch nur ihren Alltag riskieren, für alle Zeiten ein Anrecht auf Asyl verloren? Wer zu spät kommt, den bestraft … die lettische Regierung?

Noch verblendeter ist die Haltung des litauischen Außenministers Gabrielius Landsbergis, der die Russen aufforderte, zu Hause zu bleiben und dort gegen Putin zu kämpfen. Ach ja? Und wer sich einfach nur an die höchsten Maßstäbe der Humanität hält, wer nicht mitmachen will bei dem – nennen wir es beim Wort – ganzen Scheiß, auf welcher Seite auch immer, der soll dann bleiben, wo der Pfeffer wächst?

Nein, denn ganz egal wann und warum jemand die Entscheidung trifft, sich dem Wahnsinn Krieg zu verweigern. Ganz egal, ob er dafür in den Untergrund, den Widerstand oder ins Ausland flüchtet. Es ist immer die richtige Entscheidung. Daher gilt nur eine einzige unumstößliche Regel: Wo immer ein Deserteur, ein Kriegsdienstflüchtling vor der Tür steht: Macht sie auf!

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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14 Kommentare

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  • Wenn einem die Suppe einfach nur nicht schmeckt, kann man das Restaurant verlassen. Ist die Suppe giftig, wäre es besser, den Koch auf diesen Umstand hinzuweisen, bevor noch andere/ mehr Leute zu Schaden kommen.

  • Im Prinzip einverstanden. Man könnte die Aufnahmequote in der EU umgekehrt proportional zur Aufnahmequote von aus der Ukraine Geflüchteten gestalten, das würde die Quote in in der osteuropäischen Ländern gegen null drücken und direkte Begegnungen der beiden Gruppen weitgehend vermeiden.

    [...] Beitrag gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Es ist genauso legitim, aus Angst vor dem Krieg zu desertieren, wie, aus politischer Überzeugung.

  • Ja unbedingt muss man den Kriegsdienstverweigerern helfen. Aber diese Flüchtlinge sind natürlich auch problematisch. Sie werden kaum je wieder nach Russland zurückkehren, selbst nach einer Amnestie nicht. Deutschland sollte den Ländern helfen, die ohnehin schon russischen Minderheiten haben, und mit gutem Beispiel vorangehen. Übrigens ist die Verfolgung als Kriegsdienstverweigerer ganz eindeutig ein Asylgrund, wenn es um die mögliche Teilnahme an Kriegsverbrechen geht und wohl auch schon, wenn es um die Teilnahme an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg geht.

  • Der Ton, in dem die Regierung Lettlands über Deserteure aus Russland spricht,



    und das vorherige Verhalten der Lettischen Regierung gegenüber der Russischsprachigen Minderheit im eigenen Land, sprechen dafür, dass Lettlands Regierung grundsätzlich etwas gegen "die Russen" hat.



    Niemand kann etwas dafür, dass seine Großeltern von Stalin dazu gedrängt wurden, nach Lettland umzuziehen:



    de.wikipedia.org/w...%BCrger_(Lettland)

  • Und in 10 Jahren überfällt Russland dann Estland, Lettland, Litauen, weil es dort so viele Russen gibt, die man "schützen" muss.

  • Bravo!! für mich - eine Stimme der Vernunft, davon gibt es derzeit viel zu wenige

  • Ich bin ebenfalls dafür die russischen Kriegsdienstverweigerer aufzunehmen. Aber verblendet ist die Haltung der Litauer nicht. Sich dem Krieg verweigernde Männer in Russland erzeugen mehr Druck auf Putin als ins Ausland geflüchtete. Das ist hart, aber in der Ukraine sterben Menschen im Kampf gegen das System Putin - das ist noch deutlich härter. Außerdem sollte man die lettische Situation berücksichtigen. Es gibt da auch einen Witz: "Erst kommen die Russen zu Besuch, dann sagen sie, sie waren schon immer da und anschließend ist es Russsland".

    • @Nachtsonne:

      Da über sehen Sie aber den feinen kleinen Baustein im Werkzeug der flüchtenden Kriegsdienstverweigerer. Den Entzug des Zugriffs auf die flüchtenden Kriegsdienstverweigerer. So kann diese Fluchtbewegung und der damit einhergehende Widerstand zur Kriegsführung des russischen Regimes aufrecht erhalten werden. Zumindest solange die Grenzen offen sind. Eine Grenzschliessung durch andere Staaten unterstützt nur das Regime Putin.

  • Nicht nur aus humanitären Gründen sollte man die Fluchtbewegung unterstützen. Sind es doch gerade junge, mobile und oft gut ausgebildete Russen, die jetzt die Flucht ergreifen.



    Das sind Arbeitskräfte, deren Fehlen - zusammen mit den Rekrutierten - der russischen Wirtschaft massiv zusetzen dürfte. Ein Sanktionsbooster quasi.



    Der ein- oder andere könnte mittelfristig auch zum Abbau des Fachkräftemangels in der EU beitragen.



    Zudem waren viele Russen noch nie im Ausland.



    Dies ist jetzt eine gute Gelegenheit, sie andere Länder ohne Propagandabrille kennenlernen zu lassen.

  • Danke für diesen wichtigen Kommentar.

  • Es gibt Menschen, hier besonders Frauen, die sich bedroht fühlen.

    www.deutschlandfun...-db20ed17-100.html

    • @pluto:

      Das ist leider so und betrifft ganz verschiedene Personen. Ich fühle mich z.B. durch Rammstein und der nuklearen Teilhabe bedroht, wir sollten die amerikanischen Soldaten nach hause schicken. Europa sollte nicht Schlachtfeld für Imperialisten sein.

    • 0G
      06455 (Profil gelöscht)
      @pluto:

      Was sind das für seltsame Frauen?