Habecks Ansage zur Kanzlerkandidatur: Pragmatismus am Küchentisch
Robert Habeck will Kanzlerkandidat der Grünen werden. Nicht alle in der Partei glauben, dass das die richtige Entscheidung ist, vor allem die Frauen.
S o ein Küchentisch von Freunden ist doch etwas sehr Schönes. Was man an so einem blankgeputzten Holztisch nicht alles besprechen kann: Was gerade so auf Netflix läuft, die Scheißnovemberkälte, das kommende Wochenende mit einem anstehenden Parteitag. Man kann an so einem Küchentisch auch ein prima Video drehen, in dem man dann sagt: „Ich bewerbe mich als Kandidat von den Grünen – für die Menschen in Deutschland.“ Das kann natürlich nicht jede und jeder, das kann vor allem einer: Robert Habeck. Und das hat der Nochwirtschaftsminister und Vizekanzler gemacht. Das Video ist schon ein paar Tage alt und sorgt seitdem für Aufregung.
Empfohlener externer Inhalt
Weniger bei den Menschen in Deutschland, zu denen sich Habeck an den Küchentisch setzen will, sondern vielmehr bei den Grünen. Teile von ihnen waren not amused über Habecks Bewerbung. Den einen ist er nicht links genug, den anderen zu unberechenbar. Und die Frauen, so hört man jedenfalls, fühlen sich komplett übergangen. Zugespitzt klingt der Ärger der Frauen in etwa so: Was bildet sich dieser Mann ein, sich einfach selbst zu benennen, wenn es doch auch Frauen gibt, die grüne Kanzlerkandidatin werden wollten und könnten? Die einstige Absprache mit Annalena Baerbock, das jetzt der Robert dran ist, hin oder her.
Das ist so verständlich wie berechtigt, die Grünen haben eine strenge Frauenquote, und das ist gut so. Doch welche Grüne könnte sich aktuell Chancen ausmalen, für die Partei in den verbleibenden Wochen bis zur vorgezogenen Bundestagswahl herauszuholen, was herauszuholen ist? Lisa Paus, die als Familienministerin weitgehend versagt hat? Britta Haßelmann, die noch nie mit derlei Ambitionen aufgefallen ist? Ricarda Lang, die sich gerade neu orientiert? Steffi Lemke, die man als Umweltministerin nur kennt, weil ihr Pressesprecher mal bei der taz war?
Für die Grünen steht viel auf dem Spiel – und wollen sie sich mit ihrer Arithmetik nicht selbst im Weg stehen, sollten sie neben der Rückkehr zu urgrünen Wurzeln pragmatisch sein. Die Details können sie mit Habeck ja am Küchentisch besprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Solidaritätszuschlag in Karlsruhe
Soli oder Haushaltsloch
Belästigung durch Hertha-BSC-Fans
Alkoholisierte Übergriffe im Zug
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Habecks Ansage zur Kanzlerkandidatur
Pragmatismus am Küchentisch