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„Achtsam morden“ auf NetflixMit Awareness Blutvergießen

Jetzt kontrolliert atmen: Der Welterfolg „Achtsam morden“ erscheint als Serie – mit Tom Schilling. Sie ist eine Mischung aus Parodie und Didaktik.

Erfolgreich, mörderisch und ganz bei sich: Björn Diemel (Tom Schilling) Foto: Netflix

Es gibt Bücher, die einen solchen Hype auslösen, wie ihn niemand hätte antizipieren können: Das Konzept, morden und Achtsamkeit zu einem schwarzhumorigen Krimi zu verbinden, ist eine waghalsige Idee, die genauso im Meer der nicht weiter beachteten Bücher hätte untergehen können. Das Gegenteil ist eingetreten: Karsten Dusses Buchreihe „Achtsam morden“ wurde zum Weltbestseller, in 26 Sprachen übersetzt und allein im deutschsprachigen Raum anderthalbmillionen Mal verkauft. Das achtsame Märchen ging weiter: Mittlerweile sind fünf Bücher der Reihe erschienen, in denen auch das innere Kind und Heilfasten mit Gewaltverbrechen kombiniert werden. Ab dem 31. Oktober zeigt Netflix die Verfilmung des Debütbandes als echten deutschen Exporterfolg weltweit.

Björn Diemel (Tom Schilling) ist erfolgreicher Anwalt und lebt mit Frau Katharina (Emily Cox) und Tochter Emily im glanzvollen Eigenheim ohne viel Zeit für Privatleben. „Auch wenn unsere Liebe noch nicht ganz erloschen war, hatten wir diese zarte Pflanze beim Umtopfen in den großen Familientopf zu wenig gepflegt. Es ging uns so wie vielen erfolgreichen Jungfamilien: scheiße.“ So stellt Björn zu Beginn der Serie schon mal die Grundsituation dar. Katharina sieht nur eine Chance auf Rettung: Björn muss achtsam werden.

Sein Coach (Peter Jordan) führt Björn also in einem lichtdurchfluteten Raum bei grünem Tee in die Geheimnisse der Lehre ein, praktiziert Gehmeditation mit ihm und entlässt einen im Hier und Jetzt lebenden Björn – der dann doch irgendwie zum Mörder wird, um seinen Familienfrieden zu bewahren. Erstes Opfer ist Mafia-Boss Dragan, den Björn anwaltlich betreuen musste und der sein neues Glück zu zerstören drohte. Bei einem Mord bleibt es nicht und Björn wird schneller zum Serienmörder als er „Meditation“ sagen kann.

Mindful Murderer

Von Achtsamkeit ist Björn zu diesem Zeitpunkt schon so überzeugt, dass die Philosophie auch sein Vorgehen als Mörder bestimmt – er wird zum mindful murderer, der tote Körper ruhig mit konzentrierter Atmung zerlegt. „Wenn ich einen Fluchtwagen fahre, fahre ich einen Fluchtwagen“, wird sein Mantra, und natürlich führt er alle Verbrechen im Single-Tasking aus. „Bist du erkältet? Du atmest so komisch“, wird er gefragt. „Ich atme bewusst“, erwidert Björn und mordet weiter.

Der Serie unter Regie von Martina Plura und Max Zähle und Head-Autor Doron Wisotzky gelingt immer wieder eine gleichermaßen scharfzüngige wie lustige Gegenwartsdiagnose, etwa dann, wenn die Sorgen und Nöte moderner Eltern parodiert werden: Ein Kita-Platz wird zur wirkungsvollsten Bestechung der alleinerziehenden Kommissarin.

Ein immersives Erlebnis ohne Längen wird die Serie vor allem auch, weil Björn die vierte Wand immer wieder durchbricht, als personale Erzählstimme seine innere Entwicklung und seine äußeren Verirrungen selbst kommentiert. Auch die erstaunliche Gleichzeitigkeit von einer sarkastischen Überführung des omnipräsenten Achtsamkeitskonzeptes einerseits und einem faktischen Lernerfolg auf Zuschauerseite von Grundkonzepten der buddhistischen Lehre andererseits ist bemerkenswert – Parodie und Didaktik arbeiten hier so eng zusammen wie die Meditationsmatte mit dem Bodyscan.

Teils äußerst platter Humor bezüglich der „politisch korrekten Linken“ mit ihren selbst gestrickten Pullovern und eine höchst stereotype Darstellung der Mafia-Gang sind wiederkehrende Entgleisungen der Serie, die den Schauspaß deutlich mindern. Dennoch wird sich die Zuschauerschaft dabei erwischen, wie sie selbst auch an der nächsten roten Ampel nicht aufs Handy schaut, sondern tief einatmet – und damit hat die Serie irgendwie schon gewonnen.

„Achtsam morden“, acht Folgen, ab 31. Oktober auf Netflix

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1 Kommentar

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  • Hab das erste Buch letztens gelesen, großartig.

    Das zweite war auch noch unterhaltsam, auch wenn die Stereotype mir irgendwann auf den Sack gingen und das Konzept langsam etwas zäh wurde.

    Beim dritten Buch hab ich aufgehört... Wird immer repetitiver und langweiliger.

    Aber für ein Buch (oder auch, grad so, zwei) hat das super funktioniert.