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Antrag auf AfD-VerbotEine politische Frage

Ein Parteiverbotsverfahren hat hohe formale Hürden und kann lange dauern. Es braucht den Beweis, dass die Partei verfassungswidrige Ziele verfolgt.

AFD im Siegesrausch: Höcke und der stellvertretende Vorsitzende der AFD in Brandenburg, Hans-Christoph Berndt bei der Wahlparty in Potsdam Foto: Christoph Soeder/dpa

Eine Partei kann nur vom Bundesverfassungsgericht verboten werden. Den Antrag auf ein Parteiverbot können nur drei Institutionen stellen: die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat. Einzelne Abgeordnete können dies nicht beantragen. Sie müssen zunächst die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag überzeugen.

Um möglichst viele schwankende Abgeordnete ins Boot zu holen, sprechen die Be­für­wor­te­r:in­nen eines AfD-Verbots um Marco Wanderwitz (CDU) meist davon, die Verfassungswidrigkeit der AfD solle „überprüft“ werden. Ihre Webseite heißt „afd-prüfen.de“. Tatsächlich ist es aber kein unverbindliches Prüfverfahren. Beantragt würde das Verbot der AfD. Das Verfassungsgericht solle „feststellen“, dass die AfD „verfassungswidrig ist“, heißt es auch im Antragsentwurf.

Ob der Bundestag einen Verbotsantrag stellt, ist keine rein rechtliche, sondern auch eine politische Frage. Selbst wenn eine Mehrheit der Abgeordneten von der Verfassungswidrigkeit der AfD überzeugt ist, könnte sie aus politischen Gründen auf einen Verbotsantrag verzichten.

Am Bundesverfassungsgericht würde der Zweite Senat unter Vizepräsidentin Doris König über den Verbotsantrag entscheiden. Ein Verbot erfordert eine Zweidrittelmehrheit der Richter:innen, das heißt, sechs von acht Rich­te­r:in­nen müssten zustimmen. Die Verfassungswidrigkeit der AfD ist laut Grundgesetz festzustellen, wenn die Partei darauf ausgeht, „die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen“. Geschützt sind damit die Kernwerte der Verfassung: Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde. Gewalt ist für ein Verbot nicht erforderlich, es genügt „planvolles Handeln“.

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Ein Verbotsverfahren kann in eindeutigen Fällen in einigen Monaten abgeschlossen sein, insbesondere wenn eine Partei in ihrem Programm eindeutig verfassungswidrige Positionen vertritt, etwa die Einführung des Führerprinzips. Bei Parteien wie der AfD, deren Programm so geschrieben ist, dass es nicht verfassungswidrig ist, dürfte ein Verbotsverfahren einige Jahre dauern.

Denn hier geht es um eine mosaikartige Beweisführung, dass wesentliche Teile der Partei doch verfassungswidrige Ziele verfolgen. Die Beweise müssen auf hunderten von Seiten zusammengestellt werden, die AfD muss zu den Beweisen Stellung nehmen können und dann müssen sich auch die Rich­te­r:in­nen ihr Bild von der Materialflut machen.

Bevor der Verbotsantrag gestellt wird, müssen auch die Verfassungsschutzämter in Bund und Länder alle V-Leute im Bundesvorstand und den Landesvorständen abschalten. Die Partei muss „staatsfrei“ sein. Der Bundestag kann den Behörden aber keine Weisungen erteilen, er kann nur die Bundesregierung und die Landesregierungen bitten, ihm zu helfen. An einem Punkt dürfte ein AfD-Verbot aber sicher nicht scheitern: Anders als die NPD 2017 ist die AfD eindeutig nicht zu unwichtig, um verboten zu werden.

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12 Kommentare

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  • Bundestags AfD Verbotsantrag kommt daher, als wollten einige der Antragssteller Ampel Regierung versichern, es kann alles so bleiben, wie bisher mit Unschärfe geschwängertem Rechtsstaatsprofil dieser Regierung bei finanzieller, personeller, materieller Ausstattung der Gerichtsbarkeit im Ernstfall von Gewalttaten durch Rechtsradikale, rassistischen Anschlägen, Übergriffen in Bundeswehr, Polizei bei internen Chatroom Posts, Steuerbetrug, BMW-, Bosch-, Daimler-Mercedes-, VW- Dieselabgasbetrug, Cum Ex-, Wirecard AG Bilanzbetrug Aufarbeitungsskandal, Atemschutzmaskenbeschaffungsskandal der UNION/SPD geführten Bundesregierung Angela Merkel 2018-2021 während Corona Pandemie 2020-2022, weiter so mit extern politischem Weisungsrecht von Ministern in Bund, Ländern gegenüber Staatsanwaltschaften, BKA, Finanzämtern zu verfahren, wobei Beamten dienstrechtlich untersagt ist, intern wie extern politische Weisung intern, extern öffentlich zu machen, wenn nur AfD verboten ist. Nur eines darf nicht sein, dass es politisch deutsches Streikrecht gibt, Demokratie, Republik zu verteidigen? Dazu passt Christian Lindners FDP Antrag Belegverwahrpflicht von Steuerunterlagen von 10 auf 8 Jahre zu senken

  • Wer den Repräsentanten der AfD zuhört, sollte bald wissen, dass ihre Ziele nicht verfassungskonform sind. Da werden z. B. Verletzungen der Würde des Menschen gefordert. Das alleine sollte genügen, um eine Partei in Deutschland zu verbieten, denn Art. 1 des Grundgesetzes sollte nicht verhandelbar sein und dort steht die "Würde des Menschen" im Mittelpunkt, nicht die "Würde der Deutschen".

  • Wann endlich studieren die Medien einmal dieses Urteil des OVG-Münster?????



    Bundesamt für Verfassungsschutz darf AfD und JA als Verdachtsfall beobachten - Bekanntgabe der Urteilsgründe



    2. Juli 2024



    Bei genauer Lektüre ist ein Verbotsantrag geradezu überfällig!!

  • Seitdem ich vor Wochen eher zufällig von der Verbotsinitiative gehört und dann gelesen habe, werden fast ausschließlich Gegner bzw. Abwiegel des Verbots durch die Talkshows getragen. Ich habe nicht einen einzigen JournalistenIn gehört bzw. gelesen, der auch nur minimalst den Anschein erweckt, dass er /sie vielleicht für dieses Verbot ist. Eher das Gegenteil. Jetzt habe ich mir mal das Urteil des OVG-Münster vom 2.7.2024 durchgelesen. Bundesamt für Verfassungsschutz darf AfD und JA als Verdachtsfall beobachten - Bekanntgabe der Urteilsgründe 2. Juli 2024.Wer sich diese 114 Seiten mal zur Brust nimmt und durchckert, der kann eiigentlich durchaus zu der Überzeugung gelangen, dass der Verbotsantrag überfällig ist. Wer diesen Text mal studiert hat, der muss feststellen, dass die Gegner absolut keine Ahnung haben. Es sind die gleichen, die auch nicht in der Lage und/oder Willens sind, die AFD`ler als nationalistische Rechtsextreme zu behandeln und diese auch als solche zu ennen.

    • @SUDEK:

      Der Jurist und Journalist (SZ) Ronen Steinke setzt sich schon länger mit guten Argumenten für ein AfD-Verbotsverfahren ein.

      Hier www.instagram.com/...h=MnViY2NkanYwYWtl auf Instagram entkräftet er z.B. einige der immer wieder geäußerten Bedenken gegen ein solches Verfahren.

  • A propos Politik, ein Antrag, der läuft setzt natürlich auch die AfD selbst unter Druck. Gerade weil das Verfahren länger läuft genügt es auch kaum, Kreide zu fressen. Von wirkliche Faschisten muss sich die AfD trennen und sich mindestens melonisieren.

  • Für mich stellen sich zwei essenzielle Fragen:



    1. Was ist mit Mitgliedern (m/w/d) einer verfassungswidrigen Partei? Können Sie im Staatsdienst arbeiten? Verlieren sie Pensionsansprüche?



    2. Wenn es nicht besser oder gleich 6/8 in der Abstimmung nach dem entsprechenden antragsgerechten und verfassungsmäßigen Prozedere kommt, was denken wir dann über dieses Ergebnis und wem verleiht das dann Flügel?



    2021 bei tagesschau.de



    "Beamte. (...) So sagte der Staatsrechtler Ulrich Battis dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, Beamte müssten sich "wärmer anziehen" und ihre AfD-Mitgliedschaft rechtfertigen. Besonders bei Neueinstellungen werde "genau hingeguckt". AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen gab daraufhin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu, eine AfD-Mitgliedschaft sei dabei "gewiss nicht vorteilhaft".

    Wahrscheinlich ist ein Teil des Systemes in faktischer Systemrelevanz bereits infiltriert. Nach dem Verhalten an der Urne ist das hochzurechnen.

    • @Martin Rees:

      Entre nous but not only & short cut - hab den nächsten gig vor der Brust.

      Solche Fragen nach politischen Neigungen - gar nach Parteizugehörigkeit! Woll



      Sind rechtswidrig • du darfst sogar lügen!



      Das weiß ollen Battis alles natürlich auch!



      Wird aber immer wieder über Bande - fiese “Raushole“ versucht! Newahr



      Bei meiner Einstellung wußte ich aber so genau - was der „rote Bischof“ vom OVG MS hören wollte - daß das vorher verweigerte Placet per tel zu Hause mitgeteilt wurde - noch eh ich wieder Mbg zuhause war!



      Btw - Peter Häberle reagierte gar leicht empört: “…quasi hinters Licht geführt!“ & icke:



      “Wieso denn das! Wenn er sich eindeutig rechtswidrig verhält - soll ich mich korrekt geben?“ No way •

      unterm——weiß-blau zB



      www.bayerische-sta...e.html#topPosition



      ps ungeprüft eingerückt - 🙀🥳🧐 -

  • Natürlich dauert es sehr lange, die Partei war neoliberal, bürgerlich, anti-EU, gegen Gewerkschaften, gegen Arbeitnehmerrechte und Sozialleistungen, dass die Partei sich jetzt über Ausländerfeindlichkeit definiert, ist relativ frisch. Jedenfalls in dieser Güte.

    Das tut die AfD dann aber sehr dezidiert und umfassend, ihre politischen Lösungskonzepte basieren inzwischen darauf, dass Ausländer, Geflüchtete und eingebürgerte Migranten mehr oder weniger schnell wieder aus Deutschland verschwinden müssen.



    Das geht weder mit dem Grundgesetz, noch geht es mit der Menschenwürde und den internationalen Verträgen, die Deutschland beachten muss.

    Das Merkwürdige an der AfD ist, dass sie sich ohne große Umwege oder Ausreden zum Rechtsextremismus wendet.



    Wer nicht auf dieser Linie liegt, wird rausgedrängt. Dann rechtfertigt sich die Partei sogar und bezichtigt andere Parteien undemokratisch zu sein. Ihre verfassungsfeindlichen Aussagen seien durch die Meinungsfreiheit abgedeckt....

    Ich glaube, dass es eine Chance für das Verfahren gibt. Wenn die AfD so weiter macht, dann wird es immer wahrscheinlicher, dass das Verbot sogar kommt.

  • Schön - daß Sie doch noch - nach rechtlich eher kuffeligen Ausführungen - die sachliche Ebene darlegen - anschließe mich -



    sine ira et studio

  • Man könnte ja mal einfach auch die ganzen Aussagen von Mandatsträgern, Funktionären und Parteimitgliedern zusammentragen, die permanent darüber schwadronieren, wann und wie sie demokratische Institutionen und die freiheitlich demokratische Grundordnung abschaffen wollen, etc. .



    Müssen die das erst in die Tat umsetzen, bevor man eingreift um dann festzustellen, es ist zu spät?

    • @Axel Schäfer:

      Könnte man.

      Warum tut man es nicht?