piwik no script img

Konzertempfehlungen für BerlinGroovende Sause

Beatgeschult und mixfreudig: Diese Woche ist bestückt mit genreübegreifendem Jazz, der Dystopia Sound Art Biennial, jeder Menge Impro und neuen Alben.

Auf Tour mit ihrem neuen Album „Collectors of Pop 2024“: Das Indie-Pop-Duo Woog Riots Foto: Mathilda Kügler, April 2023

E igentlich kennt man den englischen Pop-Melancholiker Douglas Dare als jemanden, der Kammer-Pop, Folk, Klassik und Avantgarde zu etwas sehr Eigenem verschmelzen lässt und dafür von Kollegen wie Nils Frahm, Perfume Genius und Ólafur Arnalds viel Zuspruch erhält. Für sein aktuelles Album „Omni“ hat er das Gefühl von Zerrissenheit in musikalische Gefilde übertragen, in dem Drumcomputer und Synthesizer aufeinandertreffen – was bisweilen an den Sound von Arca erinnert. Der beatgeschulte Labelkollege Daniel Brandt (von Brandt Brauer Frick) hat das kontrastreiche Album produziert, welches Dare am Freitag in der Kantine Berghain vorstellen wird (27.9., 20.30 Uhr, 24,20 Euro, Ticketlink: https://www.tixforgigs.com/Event/56137)

Zum 25. Bandjubiläum gönnen sich Lychee Lassi – die sich ja nach einer der leckersten, aber leider eher seltenen Lassi-Sorten überhaupt benannt haben – auf Tour; zum Finale spielen sie in ihrer Homebase Berlin auf. Die Jazz-Combo, die ihre Fühler stets Richtung Hip-Hop, Kraut und Funk ausstreckte und der Improvisation zugetan ist, ist in Originalbesetzung unterwegs – mit dabei ist neben dem Seeed-Schlagzeuger Based auch DJ Illvibe. Zu erleben ist die groovende Sause am Sonntag im Gretchen (29.9., 20.30 Uhr, Tickets im VVK 22 Euro, erm. 11-16,50 Euro).

Ziemlich Abgründigem wenden sich zwei andere Veranstaltungen an diesem Sonntag zu. Zum einen wird der Bildende Künstler Tobias Euler in der Klanginstallation „Nachhall“ an eines der ersten Konzentrationslager überhaupt erinnern, das sich auf dem heutigen Gelände des Kleinen Wasserspeicher im Prenzlauer Berg befand. Am Sonntagnachmittag (29.9., 16 Uhr) wird die begehbare Installation eröffnet, die man noch bis zum 11.10. (außer montags) zwischen 15 und 20 Uhr besuchen kann, der Eintritt ist frei. Weitere Infos: studioeuler.com/nachhall.html. Am 5.10 wird es eine Führung mit Historiker Niko Rollmann geben (Tickets buchbar über www.unter-berlin.de); am Tag darauf einen Vortrag.

Außerdem findet an dem Sonntag die Finissage der DYSTOPIA Sound Art Bienniale statt, die sich diesmal dem indischen Subkontinent widmete. Auch in Indien sind gegenwärtig Populisten in Gestalt der Hindu-Nationalisten an der Macht, die sich als Gestalter des (ökonomischen) Fortschritts feiern. Dem nähert sich die aktuelle Ausgabe des REProduce Listening Room am letzten Tage mit einer Performance in der Galiläa-Kirche (29.9., 14 – 21 Uhr, Programm: www.dystopia.berlin).

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Ab Donnerstag feiert dann das Exploratorium sein 20-jähriges Bestehen und gönnt sich anlässlich dessen ein kleines Festival mit Workshops, Talks und Konzerten. Zum Auftakt gibt es unter anderem eine Ausstellungseröffnung: zu sehen sind die Bilder von Cristina Marx aka Photomusix, die seit vielen Jahren die internationale Free Jazz- und Improvisations-Szene dokumentiert.

Nachmittags gibt es ein Podiumsgespräch zum Jubiläum, abends dann eine Performance des ensemble explorativ, das sich aus unterschiedlichen Disziplinen kommenden dem Thema Improvisation nähert (3.10. 20 Uhr, Eintritt 15/12/6 Euro, weitere Infos und Preise: exploratorium-berlin.de)

Am gleichen Abend lockt zudem ein sicher schönes Konzert in den Schokoladen. Die Woog Riots präsentieren ihren Popentwurf, bei dem obskure Instrumente eine tragende Rolle spielen, und stellen ihr neues Album „Collectors of Pop“ vor. Und dann bringen noch Guzzi & Scuzzo mit Alltagsgeräuschen und den Techniken der Avantgarde die „Traumfabrik“ auf die Bühne; mit dem Album interpretierte Manuel Scuzzo bisher erarbeitete Filmmusik auf recht luzide Weise neu (3.10. 20 Uhr. Eintritt im VVK 10 Euro).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Eine der für mich wichtigsten Textstellen findet sich in einer bei uns total unbedeutenden Musikrichtung:



    "Freedom´s just another word for nothing left to loose".



    Der Verfasser ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Viele seiner Texte wären einer größeren Beachtung und Wertschätzung würdig, dummerweise stehen sie in Verbindung mit Musik im Sinne des Wortes, nicht mit aggressionsförderndem Lärm: Kris Kristofferson.