Kündigung bei nachgezahlten Mietschulden: Kein Erbarmen wegen CDU und FDP
Auch wenn Mietschulden nachgezahlt werden, kann der Vermieter kündigen. Für eine Reform der Praxis bräuchte es eine CDU- und FDP-freie Regierung.
D er Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Auffassung bekräftigt, dass säumige Mieter auch dann ordentlich gekündigt werden können, wenn sie binnen der gesetzlichen Schonfrist von zwei Monaten die Mietschulden nachzahlen. Die Nachzahlung beseitige nur eine fristlose Kündigung.
Dieses Urteil hat eigentlich keinen Nachrichtenwert. Denn der BGH hat schon oft so entschieden. Allerdings muss er das immer wieder tun, weil eine Mietrechtskammer am Landgericht Berlin ihm partout nicht folgen will – und die ordentliche Kündigung für unwirksam erklärt, wenn die fällige Miete in der Schonfrist nachgezahlt wird.
Die Berliner Richter:innen haben gute Argumente: Was bringt eine gesetzliche Schonfrist, die Obdachlosigkeit vermeiden soll, wenn sie durch eine parallele ordentliche Kündigung einfach ausgehebelt werden kann? Wenig stimmig ist es auch, dass die Jobcenter gesetzlich verpflichtet sind, Mietschulden zu übernehmen, um Obdachlosigkeit zu vermeiden, obwohl dies letztlich gar nicht gelingen kann.
Andererseits gibt es auch wichtige Unterschiede zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung. Bei einer Kündigungsfrist von (je nach Mietdauer) bis zu zwölf Monaten kann eher eine neue Wohnung gefunden werden, als wenn man sofort auf der Straße steht.
Breite Zustimmung für Reform
SPD, Grüne, Linke und auch die AfD sind schon seit Langem für eine gesetzliche Klarstellung, dass Schonfristzahlungen auch ordentliche Kündigungen unwirksam machen. Es passiert aber nichts, weil stets entweder die CDU/CSU oder die FDP an der Regierung mitbeteiligt ist. Im Bundesrat gab es Initiativen von Brandenburg, Berlin und zuletzt Hamburg, die alle versandeten.
Auch die Ampelkoalition wollte prüfen, ob sie bei der Schonfristregelung nachsteuern muss. Doch wieder passierte nichts. Nicht einmal ein Eckpunktepapier wurde vorgelegt. Denn federführend ist Justizminister Marco Buschmann von der FDP, der mieterfreundliche Gesetzesänderungen ähnlich wichtig findet wie ein Tempolimit auf Autobahnen. Es ist ein neues Kapitel im Fortsetzungsdrama der „progressiven“ Ampelkoalition.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Nach Ermordung von Jamshid Sharmahd
Deutschland schließt Konsulate des Iran
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott