Leichteres Spiel für Steuerhinterzieher: „Die werfen ihre Schredder an“
Die Regierung will eine kürzere Aufbewahrungspflicht für viele Dokumente. Das soll entbürokratisieren, erschwert aber Ermittlungen zu Steuerbetrügen.
Brorhilker arbeitete bis vor kurzem als Staatsanwältin in Köln und brachte viele Steuerhinterzieher vor Gericht. Die Organisation Finanzwende, gegründet vom ehemaligen grünen Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick, will den Einfluss der Finanzlobby auf die Politik begrenzen.
Jetzt hat die Organisation eine Unterschriftenkampagne gestartet, weil der Bundestag am 26. September das vierte Bürokratie-Entlastungsgesetz beschließen soll. Darin enthalten sind viele Regelungen, um Verwaltungsabläufe zu vereinfachen, Bürger:innen und Unternehmen Arbeit und Kosten zu sparen. So sollen beispielsweise Banken und Investoren gewisse Rechnungen und Buchungsbelege nur noch acht statt zehn Jahre aufheben müssen.
„Sobald das Gesetz in Kraft ist, werfen die ihre Schredder an“, sagte Brorhilker. Statt die Aufbewahrungsfrist zu verkürzen, müsse man sie eigentlich auf 15 Jahre verlängern – das ist die Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterziehung. Finanzwende verlangt, den entsprechenden Passus im Gesetz zu streichen.
Steuerbetrug nach CumCum-Modell
Der Organisation geht es aktuell vor allem um Steuerbetrug nach dem sogenannten CumCum-Modell. Bei diesen Geschäften haben hiesige Banken ausländischen Aktionären deutscher Aktiengesellschaften dabei geholfen, sich die Steuer auf Dividenden illegal zurückerstatten lassen konnten.
Der Schaden soll sich während der vergangenen Jahrzehnte auf fast 30 Milliarden Euro summiert haben. Um die Ermittlungen, die in vielen Fällen noch am Anfang stehen, führen zu können, brauche die Justiz die Dokumente aus den Unternehmen, erklärte Brorhilker.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS