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Erfolg für das Bündnis Sahra WagenknechtStark dank Sahras Strahlkraft

In Brandenburg erreicht das BSW ein zweistelliges Ergebnis. Eine Regierungsbeteiligung hält Spitzenkandidat Crumbach für „relativ unwahrscheinlich“.

Auf der Wahlparty des BSW in Brandenburg wird kräftig gejubelt: Zweistellig zieht die neue Partei in den Landtag ein Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Potsdam taz | Zweistellig hatten die Umfragen das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ schon vorab gesehen. Mit 12 Prozent zieht es nun erstmals in den Potsdamer Landtag ein. Die Grünen und die Linkspartei, der viele BSW-Mitglieder entstammen, lässt es damit weit hinter sich.

Dieses Ergebnis hat das BSW auch in Brandenburg voll und ganz der Strahlkraft der 55-jährigen Gründerin und Galionsfigur der nach ihr selbst benannten Partei zu verdanken. Wagenknecht war, wie zuvor in Sachsen und Thüringen, auch in Brandenburg wieder auf vielen Plakaten allgegenwärtig und bei den BSW-Wahlkampfveranstaltungen in vier ausgewählten Städten – in Brandenburg an der Havel, Frankfurt an der Oder, Cottbus und der Landeshauptstadt Potsdam – unbestritten der Publikumsmagnet.

Der Brandenburger BSW-Spitzenkandidat, der 61-jährige Robert Crumbach, steht klar im Schatten seiner Parteichefin. Der knorrige Arbeitsrichter war 40 Jahre lang bei der SPD, bevor er sich Wagenknecht anschloss und gleich zu deren Landeschef und -Spitzenkandidaten gekürt wurde. Die Frage, ob er nach dem guten Wahlergebnis aus ihrem Schatten heraustreten wolle, kontert er geschickt: anders als die anderen Parteien in Brandenburg habe man ein gutes Verhältnis zur eigenen Parteiführung im Bund.

Nur rund 40 Mitglieder in Brandenburg

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Sein Sonntag sei „gut“ verlaufen, sagte Crumbach am Nachmittag auf die Frage, wie sein Wahltag war. Nachdem er in seinem Wahllokal in Potsdam seine Stimme abgab, habe er den Tag „mit Freunden“ verbracht. Am Nachmittag folgten Besprechungen mit dem Bundes- und dem Landesvorstand seiner Partei, anschließend stand die Wahlparty an. Parteichefin Sahra Wagenknecht ließ sich kurzfristig wegen Krankheit entschuldigen. Für sie sprang Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ein. Beide blieben aber nur kurz, um dann in den Potsdamer Landtag zu gehen, wo sich bereits die Medien versammelt hatten.

Die BSW-Wahlparty findet im „Bürgerhaus Sternzeichen“ statt, einem Potsdamer Freizeittreff in einem funktionalen Flachbau, irgendwo zwischen AWO-Familientreffpunkt und Vereinshaus einer Kleingartenkolonie. Der Wahlkampf habe „Spaß gemacht“, vor allem wegen des „Kontakts mit den Menschen vor Ort“, sagt Crumbach. Erst im Mai hat sich der brandenburgische Landesverband gegründet, in der Stadt Schwedt, mit seiner Raffinerie einer der wichtigsten Industriestandorte im Land und stark vom Embargo gegen russisches Öl betroffen.

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Nach dem Parteitag im Juni musste das BSW noch rasch 2.000 Stimmen sammeln, damit es zur Landtagswahl antreten durfte. Doch das sei „nicht wirklich“ schwierig gewesen: In drei Wochen habe man 4.000 Unterschriften gesammelt, sagt Crumbach, und verweist auf rund 1.800 Unterstützerinnen und Unterstützer, die im Wahlkampf Plakate geklebt und Infostände organisiert hätten. Das BSW hat in Brandenburg nur rund 40 Mitglieder, fast ebenso viele traten für das Bündnis auf dessen Landesliste an.

Doch „die „öffentlichkeitswirksamen Termine“ bestritt Crumbach als Spitzenkandidat weitgehend alleine – bei den Wahlkampfveranstaltungen stand er an der Seite von Wagenknecht, in den Medien war für das BSW kein anderes Gesicht zu sehen. Darum halten manche das BSW Brandenburg für eine „Blackbox“.

Die Hauptthemen im Wahlkampf seien „Frieden, Bildung, Krankenhäuser“ gewesen, sagt Crumbach. Dass das BSW nach der Wahl an einer Regierung beteiligt werden könnte, hielt er schon vorab für „relativ unwahrscheinlich“. Die SPD dürfte in Potsdam ihre Koalition mit der CDU fortführen. Ob auch mit den Grünen, war bei Redaktionsschluss noch unklar. Sollte es anders kommen, sei „ein klares Signal gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen“ eine Bedingung, um einer Regierung beizutreten, so Crumbach.

Auch die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach müsse „unbedingt verhindert“ werden – notfalls durch eine Verfassungsklage. Und: die Bildungspolitik müsse sich „grundlegend ändern“. Es dürfe nicht sein, dass Brandenburgs Schülerinnen und Schüler bei Bildungsstudien wie zuletzt auf den hinteren Plätzen landeten.

Um die Politik zu verändern, müsse man aber nicht unbedingt an die Regierung kommen, meint Crumbach. Das könne man auch in der Opposition. „Wenn man sich ansieht, was wir jetzt schon an Positionsveränderungen der Landesregierungen in Sachsen und Brandenburg erreicht haben, dann bin ich zuversichtlich, dass uns das auch weiter gelingt“, sagt er selbstbewusst. Mit Blick auf die Ukraine und Russland hatten sich zuletzt Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer und der Sozialdemokrat Dietmar Woidke schon für Verhandlungen und mehr Diplomatie ausgesprochen. Das Thema ist im Osten mehrheitsfähig, und in Sachsen und Thüringen verhandelt die CDU jetzt mit dem BSW über eine mögliche Koalition.

Die Grünen dagegen hatten vor der Wahl ihre Lautstärke gegenüber dem BSW aufgedreht: Ricarda Lang bezeichnete Wagenknecht als „Putins Pressesprecherin“ und Robert Habeck behauptete, sie sei vom Kreml bezahlt. Die Partei wehrt sich und hat beim Amtsgericht Dresden Klage eingereicht, um Habeck solche Äußerungen zu verbieten. Selbst „pure Existenzangst“ dürfe nicht zu solchen Diffamierungen verleiten, sagt Crumbach mit Blick auf die Lage der Grünen in Brandenburg. An Infoständen des BSW sei dieser Vorwurf jedenfalls kein Thema gewesen.

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21 Kommentare

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  • Stark dank Sahras Strahlkraft?



    Nein, es lag daran das das BSW einen populistischen einseitigen Wahlkampf geführt hat.



    Ohne den Überfall Russland auf die Ukraine, wäre das BSW bedeutungslos.



    Also drücke ich der Ukraine alle Daumen, dass sie den Aggressor vertreibt.



    Dann ist das BSW wohl, hoffentlich auch Geschichte.

    • @Whatever1984:

      Ihr Endsiegwunsch wird so wohl nicht Realität werden. Aber die Frage ist natürlich berechtigt, ob das BSW noch solch eine Bindungskraft hätte, wenn der Ukraine-Krieg durch einen beginnenden Friedensprozess stillgelegt und in der Perspektive beendet würde.

      Ich vermute, das BSW könnte sich dennoch halten, wenn es sich weiterhin konsequent gegen Hochrüstung, gegen "Zeitenwende", gegen 2%-Ziel und Raketenstationierung positioniert.

      Da hätte es unabhängig vom Geschehen in der Ukraine ein Alleinstellungsmerkmal, übrigens auch gegenüber der AfD.

      • @Kohlrabi:

        Ja, nein. Ich schätze ohne Ukrainekrieg hätte Frau Wagenknecht schon längst eine Spitzenposition im Kremel eingenommen so sehr wie sie am faktenverdrehen/lügen ist.

        www.tagesschau.de/...-russland-100.html

        Entweder ist sie ungeeignet weil sie korrupt ist, oder weil sie ahnungslos ist. Beides gehört nicht in die Politik

        • @Pawelko:

          Ahnungslosigkeit kann man mit Sicherheit ausschließen. Ihre politischen Einlassungen sind nichts anderes als ein großer Cliffhanger.

    • @Whatever1984:

      👍

  • Dass die Grünen verärgert sind, kann man verstehen, dass sie das BSW angiften und wild um sich schlagen dagegen nicht. Klar kann eine Landesregierung sich dagegen aussprechen Raketen zu stationierten. Und wer Letzter ist in Sachen Bildung, sollte was dagegen tun, besser zu werden. Insofern wirkt das BSW schon jetzt. Was ja selbst Woidke schon umsetzt und sich auch Verhandlungen der Ukraine wünscht.

    • @Mouse:

      Woidke macht das gleiche wie Merz bei der AFD. Populisten nach dem Mund reden.

      Wenn jemand so wenig Ahnung hat wie Sarah Wagenknecht sollte sie sich am besten gar nicht mehr zur Außenpolitik äußern

      www.tagesschau.de/...-russland-100.html

      Oder macht sie bewusst Falschaussagen für den Kreml? Nein, nein, bestimmt nur Unwissenheit

      • @Pawelko:

        Wenn Sie sorgfältig lesen, fällt Ihnen auf, dass in dem von Ihnen verlinkten Artikel selbst unpräzise argumentiert wird: da wird z.B. ignoriert, wann SW sich zu besagtem Raketenangriff geäußert hat (zu dem Zeitpunkt der Talkshow gab es noch keine genaueren Informationen) oder gegen ihre Kritik am hohen Rüstungshaushalt ein Argument angeführt wird, dass dieser gar nicht widerspricht (dass der Rüstungsetat ausschließlich und vollständig für Waffen ausgegeben wird, hat SW schließlich gar nicht gesagt).



        Nun kann man solche Rabulistik als Teil der normalen politischen Schlagaustauschs verstehen - nur wenn man dann als "Faktenfinder" auftritt, reklamiert man eine Autorität für sich, die sich einer normalen Diskussion entzieht. Und wenn man das ganz dann auch noch mit den ständigen Russland-Propaganda-Vorwürfen überzieht, rutscht man entgültig ins MacCathyistische ab. Zu einem demokratischen Diskurs gehört es eigentlich, Andersdenkende nicht zum inneren Feind zu erklären. Das nur als abendlicher Denkanstoß.

  • Das BSW hat ein aversives Verhältnis zur Übernahme von Regierungsverantwortung. SW würde niemals ihr mühsam aufgebautes Image durch eine vulgäre Regierungsbeteiligung beschädigen wollen. Dafür müsste die BRD erstmal aus der Nato austreten, die Bundeswehr einmotten und ein exklusives Freihandelsabkommen unter RUS-Führung abschließen.

    • @Ward Ed:

      Ihnen ist bewusst, dass das BSW gerade in drei Bundesländern die Bereitschaft zu Regierungsverhandlungen bekundet hat und vermutlich in allen auch in irgendeiner Form einbunden wird (schon allein aus Mangel an Alternativen...)? Positionen zu erfinden, die das BSW gar nicht vertritt, ist übrigens kein guter Stil.

  • Die BSW-Leute haben sich ja (zu?) schnell gefunden, vielleicht kann die SPD den einen oder anderen doch noch überzeugen mit einem persönlichen Präsent.

  • Die Frage ist vielleicht, ob es sich letztlich um eine 'AfD light' handelt. Das wäre der worst case. Ansonsten: viel Nostalgie für Zeiten, die so wahrscheinlich nie waren (jaja, der Herr Erhard und das 'Wiwu' (rtschaftsnder)), nicht sonderlich viel Soziales oder Emanzipatorisches. In punkto Einwanderung ist es recht gruselig, was da Ex-Linke wie Frau Tatti oder Frau Dagdelen inzwischen so von sich geben ... da braucht es dann wirklich keinen Rechtsaußen-Verein mehr.

  • "Strahlkraft der 55-jährigen Gründerin und Galionsfigur der nach ihr selbst benannten Partei zu verdanken."

    Ja ja, keine erzählt so strahlend Lügenmärchen wie die Sarah

    www.tagesschau.de/...-russland-100.html

    • @Pawelko:

      Jetzt verunsichern Sie doch bitte Sahras Jünger bitte nicht mit Fakten ! 😱

      • @Gerald Stolten:

        Keine Sorge, Herr Bax ist da stabil...

  • Das BSW hat seit den beiden Wahlen vom 1.9. etwa ein Viertel ihrer bisherigen Sympathisanten verloren, weil Frau Mohammed Ali gleich nach den damaligen Wahlen ihre bundespolitischen Forderungen relativierte, um die Chance zu haben, an die Macht zu kommen.

    • @Michael84:

      Sie verfügen über eine merkwürdige Rechenmethode. Das BSW holt aus dem Stand und bei einer Rekordwahlbeteiligung mehr als 13% der Wählerstimmen. Welche Sympathisanten gingen wo verloren? Laut den Demoskopen kamen die Stimmen besonders von bisherigen Nichtwählern, Linken und Grünen. Den Verlust von Sympathisanten suchen Sie besser bei den letzten beiden Parteien.

      • @Thomas Müller:

        "Sie verfügen über eine merkwürdige Rechenmethode. "

        Ich habe Mathematik studiert und das musste man zu meiner Zeit in der 5. Schulkasse können.

        Das BSW lag in den Umfragen vor dem 1. September in Brandenburg noch bei 17% und stürzte nachher auf 13% ab. Das hatte Gründe. Mit Endergebnis heute Nacht sind das über 20% Verlust.

    • @Michael84:

      Das glaube ich kaum. Der Rückgang beim BSW gegenüber vorherigen Umfragen dürfte - ähnlich wie bei den anderen Parteien - an Woidkes All-Inn-Taktik und der Kopf-an-Kopf-Situation zwischen SPD und AfD gelegen haben.

      • @Kohlrabi:

        Die CDU verlor in Brandenburg seit den beiden anderen Ostwahlen, weil sie nach der Wahl gleich die Bereitschaft zeigt, mit dem BSW zusammen zu arbeiten. Das BSW verlor an Zustimmung, weil man die militärischen Forderungen vor den beiden Wahlen nach den Wahlen erst einmal relativierte.Frau Wagenknecht ist das bewusst.

        • @Michael84:

          Na ich habe nicht nur Mathemathik gelernt, sondern auch "Ockhams Rasiermesser" :-) Von allen möglichen Erklärungen ist im Zweifel die einfachste vorzuziehen.

          Die CDU hat in Brandenburg m.E. verloren, weil sie zwischen SPD und AfD zerrieben wurde. Die Staatstragenden wählten lieber SPD, die entschieden Konservativen lieber AfD. (Dazu noch die Kandidatenentscheidung für Merz als Minuspunkt.)

          Ähnlich hat das BSW m.E. in den letzten Wochen noch in beide Richtungen verloren. Linke und sozialdemokratische BSW-Sympathisanten gingen teils zu Woidke über, einige Fundamentaloppositionelle vielleicht auch zur AfD.

          Dass eine Annäherung zwischen CDU und BSW eine Rolle gespielt hat, glaube ich nicht. War erstens vorher klar und ist zweitens von beiden Seiten sehr distanziert rübergekommen.