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Wahlkampf in den USAIst weniger Klima manchmal mehr?

Kamala Harris und Donald Trump sprechen kaum über das Klima. Unsere Kolumnistin fragt Ak­ti­vis­t:in­nen in den USA, ob das auch eine Chance sein kann.

Illustration: Eléonore Roedel

B ill McKibben erzählt mir in einer klimatisierten Konferenzhalle, dass man dem Klima gerade einen großen Gefallen tue, indem man nicht darüber rede. Bill ist ein großer Mann mit großer Brille und Augenringen. Vor 15 Jahren startete er die globale Fossil-Free-Divestment-Bewegung, heute organisiert er Klimakampagnen mit Menschen über 60. In der Nähe von Boston sprechen wir beide auf einer Klimakonferenz, wo Strategien für die Klimabewegung gefunden werden sollen.

Zwei Monate werde ich an der US-Ostküste verbringen, auf der Suche nach Visionen für die Klimabewegung von morgen. Und um besser zu verstehen, wie Demokratien in rechtspopulistischen Wahlkämpfen bestehen können. Mein erster Stopp ist Massachusetts, eine klare Mehrheit wird hier Kamala Harris wählen. Bill und ich sprechen in der Nähe von dem Ort, den man hier „Geburtsort der Umweltbewegung“ nennt. Am Ufer des Walden Pond saß Henry David Thoreau im Jahr 1845 in einer Hütte und schrieb „Walden“, einen Klassiker der US-amerikanischen Umweltliteratur. Später veröffentlichte Thoreau „On Civil Disobedience“, ein Standardwerk zur Frage des zivilen Ungehorsams, bis heute von Bedeutung für Klima­bewegungen weltweit. Acht Dollar kostet das Parken hier, ohne Auto kommt man nicht her, einen Fahrradweg gibt es nicht, einen Bus schon gar nicht.

In der TV-Debatte zur Wahl ging es zwei Minuten ums Klima, Trump schimpfte auf die deutsche Energiewende, Harris betonte, dass sie Fracking nicht verbieten wolle. Bei der wohl wichtigsten Wahl dieses Jahres findet die größte Krise der Menschheit de facto nicht statt. Bill gähnt. Die Nacht über hatten er und seine Kollegen an Plänen zum Schutz der lokalen Bevölkerung in Springfield, Ohio, gearbeitet, wo Haustiermythen von Donald Trump Gewalt auslösten. Auch das ist eine Perversion dieses Wahlkampfes: Es werden so viele Feuer entfacht, bis die Rekordbrände in Kalifornien kaum mehr auffallen.

Bill spricht energisch, aber leise. Mit Klimathemen erreiche man nur wenige der wichtigen unentschiedenen Wähler:innen. Sollte Harris gewinnen, könne man nach der Wahl wieder mehr über Klimafragen sprechen. Eine Klimapräsidentin erwartet er trotzdem nicht. Jüngere Ak­ti­vis­t:in­nen widersprechen: Harris wird unter enormem Druck stehen, die vielen Wahlkampfversprechen einzulösen. Je weniger vor der Wahl über Klimafragen gesprochen wird, desto schwerer wird es sein, das später zu ändern.

wochentaz

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Normalerweise wird die Themensetzung der Wahlkämpfe bei den parteiinternen Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur verhandelt. Durch den kurzfristigen Kandidatenwechsel der Demokraten fand das nicht statt, jetzt will Harris vor allem Trump verhindern. Bill glaubt auch, dass die Harris-Kampagne zu wenig auf Erneuerbare setzt. Studien zeigten nämlich, dass sich demokratische und republikanische Wäh­le­r:in­nen ausgerechnet bei der Frage der Solarenergie überraschend einig seien.

Sollte Trump gewinnen, werden Klimabewegungen wenig Zeit haben, sich um die Klimakrise zu kümmern. Sie wären dann gefragt, die mögliche Deportation von Millionen Menschen zu verhindern. Also doch kalkuliert um jede Stimme kämpfen, im Zweifel auf Kosten des Klimas. Damit es die nächsten vier Jahre an der Klimafront vorangehen kann, muss es dort also paradoxerweise stiller werden.

Am Walden Pond ist es mit der Stille um 18.30 Uhr vorbei. Per Lautsprecher werden die Be­su­che­r:in­nen aufgefordert, aufzubrechen – der Parkplatz schließt.

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8 Kommentare

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  • Es gibt zwar keinen Radweg bis an den Strand von Walden Pond, aber der Minuteman Bikeway (mit Verlängerung durch den Reformatory Branch Trail) bietet eine ganz wunderbare Verbindung von Boston bis nach Concord und von dort sind es noch 3,5km auf der Walden Street.

    Das ändert aber nichts an dem unerträglichen Schweigen zu Klimaschutz in der Politik Seiten auf beiden Seiten des Atlantiks.

  • 13 % - das ist der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch der USA (der bezeichnet alle Energieformen wie Öl, Kohle, Wasser, Wind, Solar).

    Jeder Amerikaner verbraucht jedes Jahr 13 Tonnen CO2, Deutschland liegt bei 8 Tonnen pro Kopf.

    Die erneuerbaren Energien werden zusätzlich zur fossilen Energie verwendet, besonders die KI Entwicklung erhöht den den Strombedarf enorm.

    Eher nimmt die Mehrheit der Menschen die Klimakrise mit ihren Waldbränden, Dürren, Hitzewellen und Hurrikans in Kauf, als Ihr Lebens und Wirtschaftsmodell zu ändern.

    Die 13 % erneuerbarer Anteil machen deutlich, das man den derzeitigen Konsum nicht mit erneuerbaren Energien decken kann. Menschen müßten viel, viel, viel sparsamer und genügsamer leben, das würde jedoch das Ende des Kapitalismus und der relativen gesellschaftlichen Stabilität bedeuten.



    Das wissen die Politiker, das wissen die Bürger und Wähler, bewußt oder unbewußt. Sie haben stillschweigende Abmachung über diese Systemfrage nicht zu sprechen oder das Thema verdrängt.

    Aus dieser Verdrängung entsteht die schlechte Laune und die Wut die wir in vielen Ländern sehen.

    • @Paul Schuh:

      "das würde jedoch das Ende des Kapitalismus und der relativen gesellschaftlichen Stabilität bedeuten."

      Ich finde man sollte sich mitlerweile mal ersnthaft die Frage stellen, ob ein Ende des Kapitalismus wirklich Stabilität zerstören würde, oder ob der Kapitalismus, mit all seinen menschen- und umweltfeindlichen Auswüchsen nicht sogar mitlerweile Schuld ist an der immer größer werdenden Instabilität

  • Manchmal ist die Autokorrektur trotz (oder wegen) KI noch für Lacher gut: "Haustürmythen" statts "Haustiermythen". Jetzt werden in Ohio auch schon die Haustüren verspeist, Trumpisten mit ihren Holzköpfen wäre das zuzutrauen :-)

  • "Klimaaktivisten" sei Dank kann man als ernsthafter Bewerber für ein politisches Amt nicht mehr mit dem Thema Klima punkten.



    Aufgrund der Aktionen der letzten Generation und anderer ähnlicher Gruppierungen ist dieses Thema mittlerweile in nahezu allen Industriestaaten ein rotes Tuch.



    Ich kann Kamala Harris daher sehr gut verstehen. Sie will sich ihre Chancen ja nicht kaputt machen.

    • @Andere Meinung:

      Diese trotzig kindliche Reaktion a la "die blockieren mich auf dem Weg zur Arbeit, also 'glaube' ich nicht mehr an den Klimawandel" möchte ich doch den wenigsten unterstellen. Warum das nun Konsens sein soll, anstatt einem 100kmh-limit auf Autobahnen und der benötigte Schuldige im Klimaktivisten gefunden wurde ist das eigentliche Problem.

    • @Andere Meinung:

      Das waren bestimmt nicht die Aktionen der letzten Generation et al., sondern die Kampagne der konservativen bis rechtsextremen Kräfte. Oder wie ist sonst die unterschiedliche Bewertung der Bauernproteste wegen Dieselsubventionen zu erklären?

      • @Anna Bell:

        Nunja, die letzte Generation hat sich eben vor lauter Geltungsbedürfnis dankbar vor den konservativ-populistischen Karren von Springer et al. spannen lassen.



        Linken Klimagruppen wäre das i.Ü. nicht passiert. Die mussten sich danach leider die ganze Zeit mit diesen Endzeitspinnern in einen Topf werfen lassen. Es hätte schon gereicht, mal kurz Rücksprache mit dem Rest der Klimabewegung zu halten, bevor man sich die ganze Zeit mit diesen bescheuerten Aktionen in die Öffentlichkeit begibt.



        www.youtube.com/watch?v=zVyb3wSQsNE