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Subventionen für Öko-LandwirtschaftEU muss Bio effizienter fördern

Die Kontrollbehörde rät, sich nicht nur auf die Ausweitung der Flächen zu konzentrie­ren. Fortschritte müssten auch gemessen werden.

Es gibt mehr Biogemüse wie Blumenkohl als vor ein paar Jahren – aber Öko ist immer noch eine Nische Foto: Mathias Schumacher/imago

Berlin taz | Der Europäische Rechnungshof sieht erhebliche Mängel bei den EU-Subventionen für die Bio-Landwirtschaft. „Die EU-Mittel für den ökologischen/biologischen Landbau – rund 12 Milliarden Euro im Zeitraum 2014–2022 – trugen zur Vergrößerung der ökologisch/biologisch bewirtschafteten Fläche bei, doch wurden die Umwelt- und Marktziele nicht hinreichend berücksichtigt“, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht der Behörde. Zudem sei Bio immer noch eine Nische. In der Strategie der EU für die Branche fehlten „wichtige Elemente wie quantifizierbare Ziele und ein Ansatz für die Messung von Fortschritten“.

Dabei sieht die EU-Kommission den Ökolandbau als wichtiges Instrument an, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Schließlich müssen Biobauern zugunsten der Artenvielfalt auf synthetische Pestizide und Dünger verzichten sowie ihren Tieren zum Beispiel mehr Platz geben. Brüssel will deshalb, dass der Bioanteil an der Agrarfläche von 10,5 Prozent im Jahr 2022 auf mindestens 25 Prozent 2030 steigt. Um das zu erreichen, zahlt die EU spezielle Subventionen an Bauern, die auf Bio umstellen oder umgestellt haben.

Der Rechnungshof sieht aber ein Risiko, dass die EU die 25 Prozent verfehlt: „Um dieses Ziel zu erreichen, müsste sich das derzeitige jährliche Wachstum des ökologischen/biologischen Landbaus verdoppeln.“

Es fehlen die Hülsenfrüchte

Die EU läuft Gefahr, ein System mit Schlagseite zu schaffen

Keit Pentus-Rosimannus

Zudem seien die versprochenen Vorteile für Umwelt- und Tierschutz „nicht immer garantiert“. So schreibe die EU-Ökoverordnung zwar vor, jedes Jahr auf jedem Feld die Pflanzenart zu wechseln und auch Hülsenfrüchte (Leguminosen) anzubauen, die den Boden auf natürliche Art düngen. Doch die Prüfer stellten fest: „Von den 26 Landwirten, die der Hof in den vier geprüften Mitgliedstaaten besuchte, hatten 9 Landwirte über mehrere Jahre hinweg auf derselben Parzelle dieselbe Kulturpflanze angebaut oder keine Leguminosen oder andere Gründüngungspflanzen genutzt.“

Deshalb hätten einige dieser Bauern „verstärkt externe Produktionsmittel wie im Handel bezogene organische Dünger und Pestizide eingesetzt“, was den Grundsätzen des Ökolandbaus widerspreche. Mehrere Staaten hätten Biolandwirten jahrelang auch pauschal gestattet, Rinder ständig im Stall anzubinden, Schweinen die Ringelschwänze abzuschneiden oder Zähne zu entfernen. Der Rechnungshof überprüfte Betriebe in Rumänien, Polen, Österreich und Italien – Staaten, aus denen auch Deutschland Bioprodukte importiert.

Keit Pentus-Rosimannus, das für den Bericht zuständige Mitglied des Rechnungshofs, ergänzte, es reiche nicht, die Ökofläche auszuweiten. Denn die Bio-Subventionen erhalten Bauern auch, wenn sie keine Ökoprodukte erzeugen: „In Rumänien stellte der Hof fest, dass sich die als Grünland und für Futterpflanzen genutzte ökologische/biologische Anbaufläche im Zeitraum 2014–2021 mehr als verdoppelte, während die Zahl der ökologisch/biologisch gehaltenen Weidetiere um 75 Prozent zurückging“, berichtete die Behörde.

So laufe die EU Gefahr, „ein System mit Schlagseite zu schaffen, das vollständig von EU-Mitteln abhängig ist, anstelle einer florierenden Branche, die von gut informierten Verbrauchern getragen wird“. Bisher habe Bio nur einen Anteil von 4 Prozent des Lebensmittelmarktes der EU. Deswegen sollten die EU-Länder ähnlich wie Polen zur Bedingung für die Subventionen machen, dass auch Bioware produziert wird.

EU-Kommission will Effizienz prüfen

Die EU-Kommission versprach in ihrer Antwort auf den Bericht, zu analysieren, wie die Mitgliedstaaten die Ausnahmegenehmigungen für Ökobauern nutzen. Sie will auch gemeinsam mit den Ländern prüfen, inwieweit die Bio-Subventionen zu den Zielen der EU-Agrarpolitik beitragen und ob für diese Untersuchung mehr Daten erhoben werden müssen.

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9 Kommentare

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  • Mal kurz nachrechnen: der Bioanteil soll von heute 10,5 Einheiten auf 25 Einheiten im Jahr 2030 wachsen, gemäss der Zinseszinsgleichung folgt somit der Ansatz: 25 = 10,5 (1 + x/100)^6, gesucht ist x, was nach Auflösung der Gleichung theoretisch ein konstantes jährliches Wachstum von 15,5 % erfordert. Das ist äusserst ambitioniert, da traue ich eher Klara Geywitz zu, jährlich für 15,5 % mehr Wohnraum zu sorgen.

  • Bio ist das E-Auto der Ernährung. Massiv Staatlich gepampert, Bio Landwirte erhalten im Durschnitt das doppelte an Subventionen, und doch bleibt es ein Nischenprodukt bei der Nachfrage der Verbraucher. Wenn man schon vorschreibt das 30% der Landwirte Bio sein müssen, muss man auch vorschreiben das jeder Bürger 30% Bio kaufen muss, egal was es kostet. Also eine Ökologische Planwirtschaft.

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @Günter Witte:

      Keiner schreibt vor, dass 30 % der Landwirtschaft Bio sind. Das ist nur ein de facto unverbindliches Ziel der Bundesregierung.

      • @Jost Maurin:

        Es verwundert mich das ausgerechnet Sie Herr Maurin, da Sie sonst jeden Euro kritisieren der an Landwirtschaftliche Betriebe geht, immer wieder vehement mehr Geld für Bio-Betriebe fordern.



        Bio stagniert, die Zahl der Bio Betriebe ist rückläufig, der Umsatz hat sich auf niedrigen Stand eingependelt. Warum sollte man den Ausbau fördern wenn es weder der Erzeuger noch der Verbraucher möchte ??

      • @Jost Maurin:

        Das Ziel wird aber nicht nach unten korrigiert, sondern bewusst lässt man den Wert deutlich höher als das 25%-Ziel auf EU-Ebene. Deutschland muss ja immer noch einen draufsetzen.



        Die Politik des BMEL ist und bleibt auf diese 30% ausgerichtet, auch wenn es nicht unbedingt immer in allen Teilen sinnvoll ist.

    • @Günter Witte:

      Ho Ho! der "Planwirtschaft"-Fluch

      Es geht auch schlicht nur mit kapitalistischen Steuerungsmechanismen.



      Sie brauchen ja auch keine Planwirtschaft um Mülltrennung zu betreiben.

      • @Rudolf Fissner:

        Die Nachfrage nach Bio ist aktuell so gering, dass eine Produktionssteigerung nur mit massiven Geldeinsatz umzusetzen ist. Keiner kann es sich leisten auf Bio umzustellen, bei dem hohen Risiko das es später nicht verkauft werden kann. Das ist und bleibt für mich Planwirtschaft wenn man als Ziel festlegt dass 30% (bzw. 25% in der EU) BIO erzeugt werden soll für das aktuell kein Abnehmermarkt vorhanden ist.



        Bei einer Kette muss man am Ende (=Nachfrage) ziehen und kann nicht nur am Anfang (=Produktion) schieben.



        Kapitalistisch können Sie zusätzlich zu den Produktionskosten auch noch den Verkaufspreis massiv finanziell unterstützen, aber für mich stehen da Kosten und Nutzen in keinem gesunden Verhältnis.

        Ihr Beispiel mit der Mülltrennung habe ich in diesem Zusammenhang leider nicht verstanden

        • @Thomas2023:

          "Kapitalistisch können Sie zusätzlich zu den Produktionskosten auch noch den Verkaufspreis massiv finanziell unterstützen, ..."

          Kapitalistisch verbieten Sie z.B. einfach Glyphosphat und belegen alle importierenden Länder in denen das noch verwendet wird mit zusätzlichen Zöllen.

          Bei Planwirtschaften wissen sie nie, ob sie eine schlechte ineffiziente Landwirtschaft erhalten.

        • @Thomas2023:

          DANKE ! besser hätte ich es auch nicht beantworten können.