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Kampagne von Land­wir­t*in­nenBäuerin Hintze bekämpft Vorurteile

Die Bäuerin Monika Hintze engagiert sich in der Kampagne „Vorurteile ausmisten“. Sie will damit die Distanz vieler Leute zur Landwirtschaft mindern.

Als Abwechslung zur Hofarbeit: Monika Hintze will ein positives Bild der Landwirtschaft vermitteln Foto: Bauernverband Nordostniedersachsen

Hamburg taz | Respektvollen Austausch über Landwirtschaft, das wünscht sich Monika Hintze. Sie ist eines der Gesichter der Kampagne „Vorurteile ausmisten“ des Bauernverbandes Nordostniedersachsen. Die Website thematisiert im ruhigen Dunkelgrün pauschale Vorurteile gegen Land­wir­t*in­nen. Zu den Themen gehören Biolandwirtschaft, Pestizide, Tierwohl, Grundwasser, Naturschutz und Politik.

Die Milchbäuerin und Rinderzüchterin in Trebel im Wendland hatte schon immer Spaß am Umgang mit Tieren – darum wurde sie Tierärztin. Vor 25 Jahren haben sich ihre Pläne schlagartig verändert: Nach einem Hofbrand schaffte es ihr Mann nicht allein, den Hof wieder aufzubauen. „Also bin ich quereingestiegen“, sagt sie. Seitdem hat sie um 10 Uhr morgens schon 5.000 Schritte getan, arbeitet also ständig auf dem Hof, in der Kälberbetreuung, im Büro oder in der Küche.

Auch Monika Hintze hat sich mit Anschuldigungen schon konfrontiert gesehen: „Ich habe mich lange Zeit online eingemischt“, sagt sie. „Aber das hat mich demoralisiert. Ich verstehe die Aggressionen der Leute nicht.“ Diese motivierten die Kampagne.

„Einige Online-Kommentare haben uns mit ihrer Absurdität selbst überrascht“, sagt Johannes Heuer, Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordostniedersachsen. „Früher kannten alle in ihrem Umfeld einen Landwirt“, sagt er. Die Kampagne wolle diese Distanz abbauen und den Dialog öffnen. Mit der Website, Plakaten und Kinospots.

Hintze vergleicht die Haltung von Rindern mit Hunden in einer Wohnung

So pauschal wie die Vorurteile gegen „die“ Landwirtschaft sind die Antworten darauf: Einzelne Bäue­r*in­nen zeigen Gesicht, um Vorurteile zu entkräften. Beispielsweise rechtfertigt Monika Hintze in ihrem Video die Haltung von Rindern durch den Vergleich mit Hunden in einer Wohnung, die nicht „tiergerecht“ sei.

Ein anderes Video zeigt einen Landwirt, der Blühstreifen anlegt, mit denen sich Viel­flie­ge­r*in­nen das Gewissen erleichtern. Johannes Heuer sagt dazu, dass die Antworten und der Umweltschutz stellvertretend für die Branche stünden.

Die Kampagne zeigte schon Wirkung: Monika Hintze erhielt einen Brief, der sachlich geschrieben gewesen sei, um ihre Art der Rinderhaltung zu diskutieren. Jedoch seien die zitierten Studien so nicht anwendbar. „Ich habe sieben Seiten zurückgeschrieben“, sagt sie. „Ich beschäftige mich damit wirklich und fand die Auseinandersetzung gut.“ Dass es ihren Tieren gut gehen muss, damit der Hof überhaupt wirtschaften kann, sei für sie selbstverständlich.

Eines der Kampagnenvideos geht darauf ein, dass auch in der Landwirtschaft alle politischen Strömungen vertreten sind. Zum Teil liege es auch an den Land­wir­t*in­nen, dass es keine sachliche Debatte gebe, räumt Hintze ein. „Da denke ich manchmal, Klappe halten wäre auch mal gut …“ Sie findet es schade, dass vor allem junge Land­wir­t*in­nen falsch eingeschätzt werden. „Die sind viel innovativer, zukunftsorientierter und haben Bock“, sagt sie.

Trotz der Debatten um mehr pflanzliche Ernährung und der verschwindenden Milchviehbetriebe will sie bei ihrem Geschäft bleiben: Rinderzucht und Milchverkauf. Als Futter kommen regionale Kartoffelreste in den Trog, zusammen mit Sojaschrot. Überall muss sie auf den Preis achten. Bald aber rechnet sie mit einem Anstieg des Milchpreises – der Urlaub sei schon gebucht.

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17 Kommentare

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  • Die angebliche „Aufklärung“ entspricht im Wesentlichen den sog „Argumentationshilfen“, die der Bauernverband seinen in die Defensive geratenen Mitgliedern anbietet.

    Zum Thema „Dünger“ nur das Altbekannte: Man brauche den Boden, deshalb würde man ihn selbstredend nicht überdüngen. Und dann sind da ja noch „harten“ Vorschriften.

    Solange die Landwirte nicht klipp und klar dazu stehen, das sie alleine für die Überdüngung von Grundwasser, Seen, Flüsse und Ostsee verantwortlich sind, lohnt die Auseinandersetzung mit ihnen einfach nicht.



    Schon garnicht auf einer vom Landesbauernverband organisierten Plattform.

  • Den Milchkühen werden die Kälber weggenommen. Das ist kein Vorurteil sondern eine Tatsache. "Gut" kann es den Tieren somit gar nicht gehen, ein Blühstreifen mit knuffigen Bienen und Hummeln hat hierzu gar keinen Bezug. Die Argumentation der Dame am Kern der Sache vorbei kommt mir ähnlich absurd vor, wie ein Tierwohllabel auf einer Packung Hackfleisch.

  • Ich finde, dass die unsachliche Diskussion nicht nur "zum Teil" auf die Landwirte selbst zurückzuführen ist. Natürlich gibt es auch Klischee - Städter, die keine Ahnung und viel Meinung haben. Bei de Landwirten allerdings gibt es zahlreiche Verbände, die Jahrzehnte damit verbracht haben, sich trotz des von der Landwirtschaft ganz eindeutig und zu einem stattlichen Anteil mitverursachten Artensterbens gegen alle Innovationen zu mehr Umwelt- und Naturschutz zu positionieren. Oft wird von den Landwirten und deren Vertretern nur die eigene Position als sachlich empfunden.

  • Mein Vorschlag: Lasst die Bäuerin als Gastkommentatorin schreiben, statt nur in der bunten Regionalspalte über ihr Anliegen zu berichten. Könnte (ent-) spannend werden.

  • Schade dass sich Landwirte jetzt schon gegen Tofu-Hipster verteidigen müssen, die glauben, Soja wird im Supermarkt produziert.

  • Es hätte gern ein bisschen mehr sein dürfen. Inhaltlich.

    • @Ardaga:

      Stimmt.

      Und einen Link zu der Kampagne, um die es geht, wäre praktisch gewesen.

  • Meine Bewunderung gehört allen Landwirten die sich hier engagieren und diese Sisyphus Arbeit auf sich nehmen. Traurig ist nur das es so was braucht, das viele Organisationen, NGO und Parteien es geschafft haben die Ehrliche Arbeit der Landwirte zu diskreditieren.

    • @Günter Witte:

      Laut einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen haben in Sachsen 49% der Wähler aus der Berufsgruppe der Landwirte AFD gewählt und in Thüringen 40%, damit diskreditiert sich die Berufsgruppe aktuell schon ganz gut selber.

      archive.is/NPm9c/d...4500013568617.webp



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      Sie können aber auch gerne nochmal diese taz Artikel lesen:



      taz.de/Misthaufen-...rasse/!5993538&s=/



      taz.de/Falschbehau...y-Lee/!5986913&s=/



      Die haben hinreichend Substanz, und zeigen auf das ein nicht unbedingt kleiner Teil der Berufsgruppe durchaus ein Problem hat, welches man u.a. mit einer Affinität zum Autoritären bis hin zum Rechtsextremismus beschreiben kann. Das trägt auch nochmal seinen Teil bei.

      Sie können beim nächsten mal gerne auf den Kommentarteil verzichten, welcher quasi auf eine Diffamierung derer hinausläuft, welche die Notwendige Kritik an der Berufsgruppe übernehmen und auf Missstände hinweisen.

      • @serious?:

        WAS hat das Wahlverhalten von Landwirten mit ihrer täglichen Arbeit zu tun ? Ist man jetzt Automatisch ein schlechter Landwirt wenn man nicht Grün Wählt ?



        Kritik muss jeder aushalten, aber nur wenn sie berechtigt ist. Und eben diese sachliche Kritik muss man den meisten Organisationen absprechen, weil sie nur kritisieren was nach ihrer Meinung, Ideologie falsch ist, aber halt nicht der Realität entspricht. Immer mehr Menschen bei uns haben keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft und wie diese arbeitet, darum ist die Aufklärung von Frau Hintze so wertvoll, damit auch Fachfremde Personen aus der Wirklichkeit lernen können.

        • @Günter Witte:

          Ich denke nicht, das die Mehrheit der Landwirte in einer Angemessenen Form ihren Anteil u.a. an den Ökologischen Herausforderungen in Sachen Umwelt- und Klimaschutz leistet, und wenn sie dann z.b. aus einer „Kränkung“ heraus mit so wählen, wie sie es getan haben, oder auch nur um so eigentlich notwendige Veränderungen zu Vermeiden, hat das meines Verständnisses nach mit ihrer Arbeit zu tun.

          Wenn Produktionsformen voll oder in Teilen da nicht mehr den Stand der Wissenschaft entsprechen, man aber auf denen starr beharrt, statt diese anzupassen, ist man in meinen Augen auch kein guter Landwirt. Gibt ja auch noch andere Problembereiche z.b. bzgl. Nitrateinträgen und Antibiotikaeinsatz. Aber wenn sie weiter darauf beharren wollen, berechtigte Kritik abzuqualifizieren, nur zu.

          • @serious?:

            Wenn Sie Kritik nur als Einbahnstraße in Richtung der Landwirte verstehen kann man wirklich jede Diskussion bleiben lassen.

            • @Günter Witte:

              Das klingt eher so als würden sie mit ihren Spiegelbild reden. Wer die Argumente der Gegenseite ohne Belege als Ideologie und damit unberechtigt abtut ohne auf diese einzugehen ist nicht in der Position irgendeine Diskussion als unmöglich zu bezeichnen. Tut sie doch selbst genau das, was sie den anderen unterstellt.

              Gegenargumente statt Unterstellungen und Plattitüden wären angebracht gewesen ;)

              • @Rabenbote:

                Mir ist sehr wohl bewusst das ich hier in diesen Forum auffalle weil ich pro (Konservativer) Landwirtschaft bin. Ich bin mir auch bewusst das Argumente gegen die Vorherrschende Meinung nicht ankommen. Nur hab ich diesen Beruf gelernt, habe in den letzten 40 Jahren mitbekommen wie sich die Stimmung GEGEN die Landwirtschaft sukzessive verschlechtert hat und aus welcher Richtung, teilweise berechtigt, teilweise unberechtigt, die Kritik kommt. Darum ist ja die Aufklärung über die Wirkliche Arbeit unserer Landwirte so wichtig, funktioniert aber halt nur wenn auch die Gegenseite offen für Argumente ist.

                • @Günter Witte:

                  Wie gesagt sie liefern nur in dieser Diskussion keine Gegenargumente mit Quellen. Sondern verweisen nur auf die Unmöglichkeit einer Diskussion mit Serious?.

                  Ich hätte mir da mehr Begründungen gewünscht, gerade wenn sie der Ansicht sind dass die Kritik ideologisch motiviert und überzogen ist, müssten sie mit ihrer Erfahrung doch genug Quellen und Argumente liefern können, welche die Argumente der Gegenseite wiederlegen.

                  Dies fehlt mir schlicht in ihren Beitrag. So wirkt es eher als hätten sie keine Argumente und würden nur der Gegenseite diskussionsunwilligkeit unterstellen.

                  Was verstehen sie denn unter konservativer Landwirtschaft?

                  • @Rabenbote:

                    Über welches Thema wollen Sie diskutieren ? Nitrat, Pflanzenschutz, Tierhaltung, Biodiversität, Subventionen, usw. ich bin dabei. Nur entschuldigen Sie das ich nicht, wenn das Wahlverhalten der Landwirte kritisiert wird, einen Fachvortrag über diese Themen schreibe.



                    Konservative Landwirtschaft ist für mich die Form der Landwirtschaft mit Pflanzenschutz und Ertrags angepasster Düngung, Tierhaltung auf dem besten Standard. Eben diese Landwirtschaft die uns in Deutschland aus den Hungerjahren nach dem Krieg zu so einer Versorgungssicherheit gebracht hat das es heute (fast) keiner mehr schätzt.