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Görlitzer Park in Berlin-KreuzbergTrainieren für Tag Z

Kri­ti­ke­r:in­nen des Zauns um den Görlitzer Park bereiten sich mit einem Aktionstag vor für den Zeitpunkt, wenn der Senat mit dem Bau beginnt.

Neuer Kreuzberger Trendsport: Mauern überklettern Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin taz | Der Görlitzer Park ist versperrt. Zwei Polizist:innen, ausgerüstet mit Pappmaschee-Helmen, Eierpappen-Protektoren und Schwimmnudel, bauen sich am Sonntagnachmittag bedrohlich vor dem Zugang der Görlitzer Brücke über den Landwehrkanal auf. „Ihr müsst die Polizeikette durchfließen“, sagt eine verkleidete Aktivistin zu den Teil­neh­me­r:in­nen.

Drei Jugendliche zögern ein wenig, treten dann aber die Flucht nach vorn an. Sie kassieren ein paar Schwimmnudel-Schläge, aber die Polizeikette ist durchbrochen. Die falschen Po­li­zis­t:in­nen sind nur eine Station des sonntäglichen Aktionstags des Bündnisses Görli 24/7 gegen den vom schwarz-roten Senat geplanten Zaun um den Görlitzer Park samt nächtlicher Schließung.

Auf dem Programm von Görli 24/7 stehen zudem: Farbbeutel werfen, Mauern überklettern, Gefangene befreien und Zaun zerschneiden. „Wir üben, wie kreativ Widerstand geleistet werden kann“, sagt Flo Grünbaum, Spre­che­r:in des Bündnisses.

Wie die Polizeikette sind auch die anderen Stationen nicht ganz ernst gemeint. Doch die Botschaft ist klar: Sollte der Zaun gebaut werden, wird sich der Senat auf die eine oder andere Sabotageaktion einstellen müssen. „Zum Widerstand gehören Klagen, aber auch ziviler Ungehorsam“, sagt Grünbaum zur taz. Die Initiative hofft jedenfalls, die geplante Umzäunung noch verhindern zu können.

Positives Fazit

Die Aktionen bildeten den Abschluss einer ganzen Aktionswoche gegen den Zaunbau. Am Freitag machte die Initiative mit einem Parkspaziergang auf den geplanten Kahlschlag im Görli aufmerksam. Um den Park besser kontrollieren und ausleuchten zu können, plant der Senat, zahlreiche Bäume zu fällen und Büsche auszulichten. Erst Ende August warnte der Umweltverband BUND vor den katastrophalen Folgen für die Stadtnatur durch die das Zaunprojekt flankierenden Maßnahmen. Eine klassische Demonstration folgte am Samstag: Rund 200 Menschen zogen durch Kreuzberg.

Die Initiative zog ein positives Fazit. „Es gab sehr viele unterschiedliche Gruppen, die zusammengekommen sind“, sagt Grünbaum. Nicht nur An­woh­ne­r:in­nen und linke Ak­ti­vis­t:in­nen mobilisieren gegen den Zaunbau, auch Mo­bi­li­täts­ak­ti­vis­t:in­nen des ADFC und Fuss e.V. lehnen das Projekt ab. Mit der nächtlichen Sperrung würde die wichtige Verkehrsroute gekappt. „Besonders für Leute, die im Rollstuhl sitzen, ist das ein erheblicher Eingriff in die Bewegungsfreiheit“, sagt Grünbaum.

Eigentlich sollte der Bau schon im Juli starten, er verzögert sich aber, da der Senat noch eine Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts abwartet. Im Juli hatte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg versucht, juristisch die Umzäunung zu verhindern. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Bezirk dürfe nicht gegen den Senat klagen, weil sonst das Land gegen sich selbst juristisch vorgehen würde.

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13 Kommentare

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  • Während eine rechtsextremistische Partei 30 Prozent bekommt, werden in Berlin Zeit und Energie für so einen Quatsch verschwendet.

    Ob Parks in der Nacht geöffnet sind oder nicht, hat mit Linkssein oder gar Antifaschismus nicht das geringste zu tun.

  • Hätte man die Energie für diese Aktionen in einen besseren Park für alle gesteckt, bräuchte es den Zaun nicht.

  • @HEIKE 1975

    ?

  • Überspitzt formuliert: Der Aktionstag war eine Art Büllerbü-Tomorrowland des Wohlstands-Bildungsbürgertums, das eh nach Einbruch der Dunkelheit solche Orte meidet, im Zweifel das Taxi nimmt und nach Geburt des ersten Kindes zügig umzieht.

    • @Heike 1975:

      Wow, so viele Klischees und Spekulationen in einem Satz, dass einem schlecht wird.

      • @PartyChampignons:

        Klischees kommen nicht von ungefähr.

        Hier noch eines: Bildungspolitiker, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken. Gibt es wirklich viele!

        • @Winnetaz:

          Dass es aber wirklich gute Argumente GEGEN diesen Zaun gibt, die auch eine solche Aktion rechtfertigen habt ihr aber schon mitbekommen oder?

          • @PartyChampignons:

            Mir fällt wirklich kein gutes Argument gegen eine weltweit an tausenden Orten geübte Praxis, nämlich die nächtliche Schließung von Parks, ein.

            Friedhöfe sind nachts auch zu, aber am Tag für viele Menschen Erholungsräume (was der Görli wiederum garantiert NICHT ist...). Und? Protestierst du auch dagegen? Sollten nicht wenigstens Gemeindemitglieder auch nachts auf den Friedhof dürfen? Wegen Freiraum und so? Wo bleibt der Widerstand?!?

            • @Suryo:

              Friedhöfe werden nachts geschlossen aber nicht ABgeschlossen und auch nicht ausgeleuchtet und kontrolliert, zudem ist ein Friedhof nunmal kein Park und hat einen ganz anderen Nutzen für die Menschen der Vergleich hinkt und stinkt

              • @PartyChampignons:

                Dieser spezielle Park wird nachts in erster Linie von Dealern und ihren Kunden genutzt. Das ist schlicht und einfach nicht der Zweck eines Parks.

                • @Suryo:

                  Und dann baut man einen schönen tollen Zaun, fällt ein paar Bäume, beauftragt Personal um diesen zu bewachen......und die Dealer und ihre Kunden gehen einfach woanders hin, das löst doch kein Problem! Kostet aber unnötig Geld und Personal! Was soll das bringen? Es ist mal wieder nur eine rein populistische Maßnahme, die an der eigentlichen Problematik NICHTS ändern wird

                  • @PartyChampignons:

                    Doch, das löst das Problem, dass der Park missbraucht und zerstört wird.

                    Man muss nicht erst das Problem der Drogensucht an sich lösen, bevor man den Park schützt.

          • @PartyChampignons:

            Möglich, aber daß Rollstuhlfahrer nachts den Park benutzen gehört bestimmt nicht dazu.