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Landtagswahlen im OstenWer wie was? Wieso weshalb warum?

Sachsen und Thüringen wählen am 1. September neue Parlamente. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

In Thüringen ist die Lage kompliziert: Höckes AfD führt in den Umfragen, Voigts CDU möchte regieren Foto: Martin Lengemann/Welt/dts Nachrichtenagentur/imago

Werden Thüringen und Sachsen nach den Wahlen unregierbar?

Thüringen: Die Lage ist hier besonders kompliziert. Die AfD wird hier vermutlich stärkste Kraft werden, in den Umfragen liegt derzeit die CDU mit 23 Prozent auf Platz 2, dicht gefolgt vom BSW, dem Bündnis Sahra Wagenknecht. Viel spricht dafür, dass CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt versuchen wird, mit dem BSW und der SPD eine Koalition zu schmieden. Dabei aber gibt es verschiedene Unwägbarkeiten: Was passiert, wenn sich das BSW doch noch vor die CDU schiebt? Oder die SPD, die in den Umfragen bei 6 Prozent liegt, den Wiedereinzug in den Landtag verpasst? Eins zumindest ist klar: Solange der Landtag keinen neuen Ministerpräsidenten wählt, bleibt Bodo Ramelow von der Linken geschäftsführend im Amt. So steht es in der Landesverfassung.

Sachsen: Hier ist fast alles möglich, ein Landtag mit drei, vier, fünf oder sechs Parteien. CDU, BSW und AfD werden drin sein, SPD, Grüne und Linkspartei liegen in Umfragen knapp über und unter 5 Prozent. Das verändert die Lage für taktische WählerInnen. 2019 machten auch AnhängerInnen von Linken, Grünen und SPD ihr Kreuz bei der CDU – um zu verhindern, dass Sachsen das erste Bundesland mit der AfD als stärkster Partei geworden wäre. Ungefähr 7 Prozent eher linker WählerInnen entschlossen sich 2019 dazu, CDU zu wählen. Diesmal ist es anders: Wer eine Mitte-Regierung unter CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer will, könnte auch SPD oder Grüne wählen, damit diese als mögliche Koalitionspartner wieder in den Landtag kommen.

Die CDU und das Wagenknecht-Bündnis, wie soll das denn funktionieren?

Ostwahlen 2024

Dieser Text ist Teil unserer Berichterstattung zu den Wahlen 2024 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Die taz zeigt, was hier in diesem Jahr auf dem Spiel steht.

Thüringen: Einfach wird das nicht, aber die CDU wird vieles tun, um eine Zusammenarbeit möglich zu machen. Weil sie laut Bundesparteitagsbeschluss weder mit der AfD noch mit der Linken koalieren darf, ist das BSW ihr einziger Weg an die Macht. Und an die Macht will CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt unbedingt. Inhaltliche Überschneidungen gibt es bei Themen wie Migration und innere Sicherheit, die größte Differenz bei Fragen von Krieg und Frieden. Die werden zwar nicht im Landtag beschlossen, aber Wagenknecht nutzt sie bereits, um die CDU vor sich herzutreiben. Möglicherweise sieht das die Thüringer Spitzenfrau Katja Wolf aber pragmatischer. Für die CDU birgt ein Bündnis mit „den Erzkommunisten“ parteiintern allerdings einige Sprengkraft.

Sachsen: Es kann sein, dass CDU-Ministerpräsident Kretschmer das BSW für eine Mehrheit braucht, um eine Minderheitsregierung zu verhindern. Landespolitisch gibt es keine hohen Hürden. Bei Migration sind beide für einen härteren Kurs. Bei der Schulpolitik ist die CDU oldschool für das dreigliedrige Schulsystem, das BSW für mehr gemeinsames Lernen und – ganz wichtig – ein Handyverbot in Grundschulen. Das BSW will einen höheren Mindestlohn, die CDU hat gerade ein Gesetz versenkt, dass öffentliche Vergaben an Mindestlöhne bindet. Aber das BSW macht nicht den Eindruck, für das Thema sterben zu wollen. Dafür will es die Coronazeit aufarbeiten, auch das ist machbar. Die Frage lautet: Will Sahra Wagenknecht regieren oder wie immer nur recht haben?

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Ist auch ein Trump-Moment möglich? Droht ein AfD-Ministerpräsident?

Thüringen: Das ist extrem unwahrscheinlich, eine absolute Mehrheit wird die Thüringer AfD mit Björn Höcke an der Spitze nicht erzielen. Alle anderen Parteien haben die Bildung einer Koalition mit der AfD ausgeschlossen – und sie dürften auch aus dem Debakel rund um die Wahl des Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP im Februar 2020 gelernt haben. Viel größer ist die Gefahr, dass die AfD, deren Landesverband der Verfassungsschutz bereits vor drei Jahren als rechtsextrem eingestuft hat, ein Drittel der Landtagsmandate erzielt. Damit könnte sie wichtige Entscheidungen blockieren, für die eine Zweidrittelmehrheit im Landesparlament nötig ist, wie etwa die Berufung von Rich­te­rIn­nen an das Landesverfassungsgericht.

„Der Osten braucht keine Nazis“, Anti-Nazi Beklebung auf einem AfD-Plakat in Jena Foto: KH/imago

Sachsen: Nein. Michael Kretschmer würde eher auf dem CSD in Bautzen mittanzen, als mit der AfD zu regieren. Na ja, tanzen wäre vielleicht zu viel verlangt. Aber eine Zusammenarbeit mit der AfD trotz aller gegenteiligen Schwüre wäre politischer Selbstmord.

Die SPD liegt in Sachsen und Thüringen aktuell bei 5 bis 7 Prozent, sie könnte den Einzug ins Parlament verpassen. Wie konnte das denn passieren?

Thüringen: Das größte Problem für die SPD in Thüringen ist, dass der bekannteste Sozialdemokrat keiner ist. Gemeint ist Ministerpräsident Bodo Ramelow, der zwar Linke-Mitglied ist, aber sozialdemokratische Politik macht. Als kleinerer Koalitionspartner ist es für die SPD da schwer, Profil zu gewinnen. Hinzu kommt die Performance der Ampel im Bund.

Sachsen: Die SPD fristete nach 1990 ein Dasein im Schatten von CDU-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, der vielen Sachsen wie ein Königsersatz erschien. Auch dass die SPD anfangs keine Ex-SEDler aufnahm, machte sie nicht populärer. So liegt die Partei seit 25 Jahren bei Ergebnissen um die 10 Prozent. Dass es jetzt ganz eng werden kann, hat allerdings Gründe jenseits von Dresden. Ampelstreit und die US-Raketen-Stationierung kommen zwischen Pirna und Leipzig nicht gut an. Noch nie ist eine Kanzlerpartei bei einer Landtagswahl an der Fünfprozenthürde gescheitert. Das wäre dann auch ein Problem für Olaf Scholz.

Und was ist mit der Linkspartei?

Thüringen: Eigentlich hatte sich die Linke das so vorgestellt: Die Landtagswahl wird zum Duell zwischen AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke und dem Linken Bodo Ramelow, der Ministerpräsidentenbonus zieht und – wumms – sitzt Ramelow für weitere fünf Jahre in der Erfurter Staatskanzlei. Doch dafür stehen die Chancen schlecht, trotz hoher Beliebtheitswerte für den Amtsinhaber. Die Linke liegt in Umfragen zwischen 13 und 15 Prozent und damit auf Platz 4 – und CDU-Mann Mario Voigt hat es recht erfolgreich geschafft, sich zum Gegenspieler Höckes aufzubauen. Wichtigste Ursache für das Tief der Linken ist die Gründung des BSW, hinzu kommt der schlechte Zustand der Linkspartei insgesamt. Außerdem sind viele die rot-rot-grüne Minderheitsregierung leid.

Sachsen: Die Linkspartei in Sachsen war mal ein stolzes Flaggschiff, ein mitgliederstarker Verband mit starker Fraktion im Landtag. Der Weg nach unten hat neben der Überalterung von Partei und Klientel zwei Gründe: erst AfD, dann BSW. Warum die Opposi­tions­partei Linke wählen, wenn die CDU mit der AfD um den ersten Platz ringt? Im Rennen der Großen als unwichtig zu gelten, ist oft das Schicksal kleinerer Parteien. Und dann kam das BSW. Vor ein paar Monaten lag die Linkspartei noch bei knapp 10 Prozent, jetzt bei 4. Die letzte Hoffnung ist, in Leipzig zwei Direktmandate zu holen und es so irgendwie in den Landtag zu schaffen.

Was heißt das alles für die Ampelregierung in Berlin?

Wenn es gut läuft, werden SPD, Grüne und FDP in Sachsen und Thüringen jeweils 15 Prozent der Stimmen bekommen – zusammengenommen. So ein Ergebnis hat es bei Landtagswahlen für die Parteien einer Bundesregierung noch nie gegeben.

Diese Niederlagen werden auch in Berlin Wellen schlagen. Dabei wirkt die Ampel sowieso gereizt und müde. Sogar die bislang äußerst disziplinierten Grünen lassen inzwischen ihrem Frust freien Lauf und haben die Ampel ein Jahr vor der Wahl zu einer „Übergangsregierung“ erklärt. 2025 tritt also eine Regierung an, die nicht wiedergewählt werden will. Dass die Protestwahl im Osten die Ampel vorfristig ausknipst, ist trotzdem unwahrscheinlich. Denn schuld an Neuwahlen zu sein rechnet sich für keine der drei Parteien.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Wo bleibt das Positive? Viele halten die Fünfprozenthürde für nicht mehr angebracht, wenn damit bei Wahlen im Bund relevante, aber kleine Parteien wie die Freien Wähler, die FDP oder die Linkspartei draußenbleiben müssen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Fünfprozentklausel kürzlich für problematisch erklärt. Vielleicht gewinnt die Debatte bei SozialdemokratInnen, Grünen und Freien DemokratInnen nach dem 1. September aus wohlverstandenem Eigeninteresse an Schwung.

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46 Kommentare

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  • Die deutliche Alternative zu Rechtsrabiat ist gar nicht Rechtsstammtisch, vulgo: CDU, sondern sind auch im Osten SPD, Grüne, Linke.

    • @Janix:

      Guter Witz.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Und jetzt noch mal im Modus Nachdenken beantwortet?



        Bzw. mit Argumenten?



        Sie schaffen es, sobald das Zwerchfell wieder entspannt ist :)



        Inhaltlich stehen besagte drei Parteien in den Landtagen am klarsten gegen die Vereinfachungsversuche der Rechtsrabiaten.

  • Ich bin ganz klar für ein zwei-Parteien-Parlament in einem der Bundesländer (mir egal in welchem, ich wohne in keinem von beiden), bestehend aus AFD und irgendeiner beliebigen Oppositionspartei. Dann geht das Land zwar für fünf Jahre den Bach runter, aber dafür gibts ja den Länderfinanzausgleich und im Gegenzug kriegt die Republik mal die geballte Unzulänglichkeit der agierenden AFD-Politiker vorgeführt. Vielleicht würde DAS mal langfristig helfen…

    • @Gregor von Niebelschütz:

      "...mir egal in welchem, ich wohne in keinem von beiden..."

      Heiliger St. Folrian...

  • Bitte keine falschen Fehler -



    =



    Das Erste in Thüringen nach den Wahlen ist die Wahl des Landtagspräsidenten/in

    Präsident/in sorgt für einen ordentlichen Ablauf im Landtag nach der Geschäftsordnung - auch für den polizeilichen Schutz.

    Die Wahl des Präsidenten - momentan eine Präsidentin der Linken/Birgit Pommer - ist eine Bedingung für den demokratischen Ablauf nach Geschäftsordnung.

    Die stärkste Partei hat Vorschlagsrecht - also ist es die erste Aufgabe eines Landtages gegenüber einer erwarteten Mehrheit einer Partei, die durch einen Faschisten geführt wird, einen faschistischen Landtagspräsidenten zu verhindern.

    Sowohl CDU - als auch BSW werden ziemlich sicher zusammen mit der afd eine Mehrheit der Stimmen im Landtag Thüringen bilden können - wenn sie es denn wollen.

    Da die CDU Thüringen als bunter Haufen bekannt ist und das BSW unter derFührung von SW zumindest als Brandmauer-unsicher zu bewerten ist - und weil SW trotz Katja Wolf sich direkt in die Thüringer Abläufe einmischen wird - wird erst die Wahl des Thüringer Landtagspräsidenten einen Ausblick auf den künftigen möglichen Ministerpräsidenten ermöglichen.

    Gesellschaftswissenschaftlerin

    • @zartbitter:

      Sie liegen falsch. "Laut Landtagsverwaltung ist die Geschäftsordnung [...] so zu verstehen, dass das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten automatisch auf die anderen Fraktionen übergeht, falls zuvor der Kandidat einer bestimmten Fraktion keine Mehrheit gefunden hat." www.mdr.de/nachric...aenderung-100.html

      Maurer 🤓

  • Die Menschen im Osten Deutschlands wollen von der Politik von heute das, was die DDR geliefert hat.



    Also nicht die Mauer, sondern die abmahne von Problemen (kosten), wie Beispielweise bezahlbare Mieten, günstige Lebensmittel, gerechte Löhne.



    Politiker+innen wie Frau Wagenknecht und Höcke sprechen die Probleme offen an.

    Auch die ungeregelte Aufnahme von Flüchtlingen, war und ist ein Fehler, selbst der Herr Reul (Innenminister NRW, CDU) hatte in einem Interview festgestellt, das zu viele Menschen nach Deutschland drängen, gerade auch aus einem völlig andere Kulturkreis.



    Zu wenige Abschiebungen, zu lange verfahren, auch Geld ohne Gegenleistung verstört.

    BSW und AFD Sprechen die Sprache der Wähler in Ostdeutschland, die Westlichen Demokratischen Parteien müssten sich der Probleme und Ängste der Menschen mehr Annehmen, wenn diese eine Chance haben wollen.

    Die Ostdeutschen glauben, das ohne Westliche Waffenlieferungen der Krieg schneller beendet ist, denn dann verliert die Ukraine und Putin kann dann auch gleich noch das Baltikum an sich reißen.

    Das wird den Mensch in Ostdeutschland aber nicht erschrecken, Hauptsache irgendwie Frieden, egal wie.

    • @udo123:

      Sie haben weitgehend recht!

    • @udo123:

      Die DDR hatte niedrige Mieten, aber eine erschreckend schlechte und ungepflegte Wohnsubstanz. Manche Lebensmittel waren häufig gar nicht vorhanden oder nach Stunden Anstehen. Löhne waren wenig relevant, denn die Beziehungen zählten beim Ausgeben des Gelds.



      Ist das jetzt schon so lange her? Von wo schreiben Sie gerade, sollen Sie schreiben, womöglich?

      Im Osten gibt es relativ kaum Fluchties. Umgekehrt: der Osten ist selbst Auswanderungsland fast durchgehend seit 1949. Da weiß man, was Solidarität ist, und lässt sich mehrheitlich nix von Höckes einschwatzen.



      Und auch nicht von Putin.

      • @Janix:

        Für jemanden, der sich mit wenig Geld durchschlagen muss, ist es nicht sehr erheblich, ob er in einem Laden mit wenig Waren steht oder in einem übervollen Laden, dessen Angebot er sich kaum leisten kann. Beim Rausgehen ist der Korb ungefähr gleich voll.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Wie R.F. schon anmerkte, himmelweiter Unterschied. So vergesslich ist niemand. Was an Arbeits- und Lebenszeit fürs Schlangestehen für teils Grundnahrungsmittel draufging!

          Bei einer Steigerung der Sozialsätze auf das sozial Gebotene bin ich ansonsten sofort dabei.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Nur dass der Korb sehr viel vielfältiger voll ist und man dafür nicht Stunden in der Schlange stehen musste.

  • Wenigstens ist diesmal wieder eine Landesregierung möglich, die keine Minderheitsregierung darstellt.

    • @Rudolf Fissner:

      In der Theorie vielleicht - aber auch dann noch -- nur wenn es jemand wagt zu versuchen (Feuer + Wasser) in einen einzigen Agregatzustand zu verwandeln.

      Diejenigen die im Physikunterricht aufgepasst haben sind klar im Vorteil weil sie wissen, das sich dieses Experiment -- früher oder später-- mit Sicherheit in Luft aiflöst.

  • Irgendwie tun einem die Deutschen (Ost, West) schon leid.



    Gefangen im veralteten politischen System, das Schichtung und Spaltung der Gesellschaft fördert – und damit Konflikte, Proteste, Wut und/oder Frust, Ohnmacht, Resignation.



    Längst überfällig wäre, alle Gewählten zu Arbeit für alle Menschen zu verpflichten. Und alle Menschen daran zu beteiligen – direkt, konstruktiv, kompetent, kooperativ.



    Habt ihr keine Lust dazu, liebe Nachbarn nördlich des Rheins?

    • @vjr:

      Nebenpunkt:

      Pardon, der Rhein fließt fast durchgehend Süd-Nord, da gibt es das westliche Linksrheinische (für Hardcore-Kölner) und das östliche Rechtsrheinische.



      Die paar Ost-West-Kilometer bei Säckingen & Co. können Sie schon deswegen nicht meinen, weil Sie in der Schweiz dann ~ alles nördlich des Splügenpasses auch einbeziehen müssten.

      Das Schweizer System ist nur in Verbindung mit Null-Regierungswechsel und sehr kleinen Strukturen passabel. Bei allem positiven Schweizbild: Nee!

      • @Janix:

        @JANIX



        Ok (zum Rhein:), doch wie wär's mit: ...alle Gewählten zu Arbeit für alle Menschen zu verpflichten. Und alle Menschen daran zu beteiligen – direkt, konstruktiv, kompetent, kooperativ...

        • @vjr:

          Ja, Grundpflichten gehören m.E. zum politischen Leben wie Grundrechte, unabhängig voneinander.



          Athen ist dafür kein Beispiel, weil da die Sklaven derweil die Arbeit für die wenigen politischen Menschen machten, doch vielleicht sind wir heute weiter.

          Die Schweiz zu kopieren: bei der Bahn sofort und BITTE, beim Poltischen sind unsere Handlungseinheiten viel größer.



          Auch mache ich eine repräsentative Demokratie verantwortungslos, wenn Referenden die Verantwortung abschiebbar machen (siehe auch Brexit).



          Ich verstehe das nur bei statischer Regierung etwas.

    • @vjr:

      Südlich des Rheins ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Aber verglichen mit dem Elend in Deutschland...



      So eine Konkordanzdemokratie hat schon ihre Vorzüge.



      Für mich als Einwanderer ist das interessanteste Merkmal des politischen Systems der Schweiz, dass es konsequent die Konzentration von Macht vermeidet.



      Es gibt hier schlicht und einfach keinen Regierungschef! Sieben gleichberechtigte Bundesräte teilen sich die Macht.



      Das ist in Deutschland völlig unvorstellbar. Leider...

      • @Carsten S.:

        @CARSTEN S.



        Geht auch in D, wenn es die Menschen entdecken und wollen.



        In Bayern fing's ja nach dem Krieg an, als aus dem CH-Exil zurückgekehrte die ersten Schritte wagten.



        Ende der 80er kam die CH-Inspiration über IDEE, bald Mehr Demokratie, in weiteren Ländern an.



        Von südlich des Rheins beobachtet, geht es in D voran, auch wenn etwas harzig, aus welchen Gründen auch immer – sei es schiere Unkenntnis, auch in der Lehre, Einschränkung auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ möglicher Mitwirkung mit alten Strukturen politischer Hierarchien, Beharren auf Altem und/oder auf Machterhaltung darin.

      • @Carsten S.:

        Unter Merkel hatten wir in Deutschland etwas Ähnliches: Groko-Stillstand. Die Bundesräte werden in der Schweiz, seit Jahrzehnten nach einem festen Schlüssel verteilt, man braucht gar nicht mehr zu wählen, es ist wie Libanon ohne Bomben. Es ist mächtig stabil, das ist Stillstand immer, und dass die Frauen das Stimmrecht ein halbes Jahrhundert nach dem übrigen Europa bekommen haben, wen kümmert es.

        • @Kurt Kraus:

          @KURT KRAUS – Unter Merkel etwas Ähnliches? Hattet ihr nicht... ...alle Gewählten zu Arbeit für alle Menschen zu verpflichten. Und alle Menschen daran zu beteiligen – direkt, konstruktiv, kompetent, kooperativ...

    • @vjr:

      Die repräsentativen parteipolitischen Demokratien haben (nebst anderen Konfliktherden, mit zahlreichen Ausschlüssen und Ausgrenzungen) zwei grössere Konfliktlinien – die der Schichtung und Spaltung. So wie sie üblich waren in hierarchischen Gesellschaften und Zeiten, in denen die frühen Demokratien entstanden sind.
Die erste, schichtende, dieser Konfliktlinien steht zwischen den Gewählten und den von Beteiligung, bis auf Wahlen, ausgeschlossen Wählern. Dazu kommt in „Sieger/Verlierer“ Systemen (Koali-/Opposition, Mehrheitssysteme, Winner-take(s)-all) die zweite, spaltende, zwischen den Gewählten an der Macht und den zwar Gewählten aber von der Macht ausgeschlossenen.



      – Zitat aus: „Beteiligung/Partizipation entwickeln – als kooperativ, konstruktiv, kompetent und direkt – in der Politik Teil direkter Demokratie“ (zurzeit in Arbeit)

  • "Vielleicht gewinnt die Debatte bei SozialdemokratInnen, Grünen und Freien DemokratInnen nach dem 1. September aus wohlverstandenem Eigeninteresse an Schwung."

    --> Das wäre der Gipfel der Unverfrorenheit. Nachdem exakt diese Parteien diese Parteien ein derart Minderheitenbeschränkendes Wahlrecht beschlossen haben, dass das Verfassungsgericht die schlimmsten Sünden wieder beseitigen musste.

    Wenn jetzt ebenjene Parteien, die 5 % Hürde aufweichen, die sie eben noch aggressiv verschärft haben, dürfte man dies diese 3 Partei und deren Wähler nicht vergessen lassen.

    • @Kriebs:

      Können wir mal wieder die Kirche ins Dorf platzieren?



      Das vorherige Wahlrecht war nicht funktional, die CSU blockte nur noch, dass sogar die CDU sie öffentlich kritisierte (lesen Sie hierzu Schäubles Erinnerungen).



      Jetzt kam ein stärker Verhältniswahlrecht-basiertes Ergebnis, in dem der Vorschlag eines CDU-vorgeschlagenen Experten eingearbeitet war, um die Ablehnung in Karlsruhe zu vermeiden. Ich hätte es auch lieber anders gesehen, und so wie ich es mir wünschte, kam es nun übrigens in etwa.-

      Aber man muss nun echt nicht sich im allerlautesten Tone echauffieren oder gar auf seltsame Weise ins Drohen gehen. Der Ton ist einfach nur unangemessen. Wenn ich Ihnen das so direkt anmerken durfte.

      • @Janix:

        "Wenn ich Ihnen das so direkt anmerken durfte."

        --> Dürfen Sie, ist ja ein freies Land.

        Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Abschaffung der Grundmandatsklausel, was gezielt die CSU und die Linke benachteiligen sollte, erst im letzten legalen Moment in den Gesetzesentwurf aufgenommen und unmittelbar danach von der Ampel durchgewunken wurde.

        Da liegt der Verdacht schon nahe, dass es ein gezielter Anschlag auf die Demokratie war, um sich bei den nächsten Wahlen gezielt einen (wie wir jetzt wissen: verfassungswidrigen) Vorteil zu verschaffen.

        Ich finde angesichts des derartigen Verhaltens, dass man sonst nur aus Polen, Ungarn, Venezuela oder der Türkei kennt, ist ein wenig lautstarke Empörung durchaus angebracht.

        • @Kriebs:

          Die CSU ist nicht attackiert worden, einmal kooperieren mit CDU oder bundesweit nach Stimmen fischen, und das Thema ist durch. Die Linken schon, und mir gefiel das genausowenig wie Karlsruhe.



          Es wurde aber hinreichend dargelegt, warum: damit das Verhältniswahlrecht klar ist.

          Vielleicht gemeinsamer Grund: Änderungen zeitig angehen und erst 5 Jahre später einsetzen lassen.



          Und im Konsens, sonst haben wir USA.



          Setzt aber auch ein wenig voraus, dass es niemand verschleppt wie die CSU. Und dass die Angst vor der Klage nicht blind macht.

  • Nach dieser angenehm sachlichen und detaillierten Projektion der Möglichkeiten bin ich mal gespannt auf das Ergebnis.

  • Schneidet die AfD so ab, wie in den Wahlprognosen vorausgesagt, stellt sie gar einen Ministerpräsidenten, so wird man nicht mehr in der Lage sein, ihr den Zugang zu den sicherheitsrelevanten Bereichen dieses Staates zu verweigern zu können - im Land und auch im Bund. Im Zweifelsfall werden die Rechtsradikalen diesen Zugang einlagen - und dabei Recht bekommen. Zudem wird eine Welle der Selbstgleichschaltung durch die Länder schwappen. Die Opportunisten werden beginnen, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. All das, ein Resultat des Versagens der demokratischen Parteien. In kleingeistigem Streit und von Missgunst getrieben hat man den Elefanten im Raum übersehen – nicht selten ihn intensiv an ihn geschmiegt. Erst jetzt greift in den 'blühenden Landschaften' Panik um sich - aber es ist zu spät. Die Demokratie ist nicht stark, wie es in Sonntagsreden heißt. Sie ist schwach und wehrlos, wenn man ihr nicht hilft!

    • @NormalNull:

      Man darf und muss verschiedener Meinung sein als Parteien. Hat und zeigt die Unterschiede. Macht das, was man im Wahlprogramm versprach.



      Das zeigt die Wirkung von Wahlen auf.

      Unser System hat einen Bundesrat, der als Blockadesystem der Opposition fungieren kann. Und ruhelose Lobbyisten und Opportunisten, die z.B. die FDP zwar mit Klimaschutz werben lassen, sie dann aber zur Blockadepartei aus der Regierung umgestalten, ob sie in den Abgrund geht oder nicht.

      Gemeinsam hat man das Beste für Deutschland und die Welt im Blick, benimmt sich anständig und respektvoll.



      Aber in der Sache streiten: ja, das ist in Ordnung und sogar gefordert.

      Es war Merkels Pseudokonsens-Einschläfern der SPD-Wähler (bei neoliberaler Politik dahinter), was den ADis die soziale sowie die konservative Flanke öffnete. Es gibt immer (echte) Alternativen. Und sie sind nicht so unappetitlich wie die Huppalas.

  • "Wenn es gut läuft, werden SPD, Grüne und FDP in Sachsen und Thüringen jeweils 15 Prozent der Stimmen bekommen – zusammengenommen."



    Nach dem Terroranschlag in Solingen heute Nacht werden es wohl weder in Thüringen noch in Sachsen 15% werden. Die finale Woche vor den Wahlen wird definitiv von diesem Anschlag geprägt werden, der Polizistenmord in Karlsruhe wird so auch nochmal präsent. Das spielt AfD, BSW und CDU in die Hände.

    • @Farang:

      Dass der Anschlag das Thema der letzten Tage wird ist anzunehmen und die absehbare dummpeinliche Messerverbotsdebatte wird alles noch viel schlimmer machen…

      Die Medien werden - wie gehabt - ihren Teil dazu tun alles noch viel schlimmer zu machen. BILD berichtet von nun an ganz unironisch jeden Tag darüber, was Olaf Scholz heute getan hat um das Land sicherer zu machen und die publizistische Gegenseite scheint sich schon auf die Verherrlichung des dümmlichen Messerverbots einzuschiessen.

      Man kann nur hoffen, dass die Rechten hier derart überziehen, dass es ihnen selbst schadet.

    • @Farang:

      > der Polizistenmord in Karlsruhe wird so auch nochmal präsent.

      wohl eher der in Mannheim

  • Warum gibt es in der ehemaligen DDR soviel mehr russische Kollaborateure als in anderen ehemaligen Ostblockstaaten?

    • @Kurt Kraus:

      Genau weil sie mit solchen eindimensionalen Denkmustern konfrontiert werden, stört es scheinbar viele Menschen im Osten nicht, wenn sie als russische Kollaborateure diffamiert werden. Sie (die Meisten) wissen ja, dass sie keine sind.

    • @Kurt Kraus:

      Erstens ist der Ausdruck "Kollaborateure" Unsinn. Es gibt viele Leute, die ein normales, entspanntes Verhältnis zu Russland wollen und die in der heutigen antirussischen Agitation starke Parallelen zur antiwestlichen Agitation in der DDR sehen. Den Vergleich habe ich vielfach gehört. ("Inzwischen ist es wieder wie früher. Damals hieß es: Wer gegen die 'sozialistische Landesverteidigung' ist, der hilft dem Klassenfeind im Westen. Heute heißt es: Wer gegen Kriegsbeteiligung und Aufrüstung ist, der hilft Putin.")

      Zweitens gibt es auch in etlichen osteuropäischen Ländern viele Menschen und auch politische Kräfte, die für ein besseres Verhältnis zu Russland eintreten. Siehe Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Serbien, sogar Tschechien.

      Drittens ist Deutschland in seiner Geschichte nie von Russland angegriffen worden. Wenn es mal Probleme mit Russland hatte, so sind diese immer selbstverschuldet gewesen. Länder wie Polen und Tschechien haben da eine andere Geschichte, siehe Ribbentrop-Molotov-Pakt und Niederschlagung des Prager Frühlings.

      • @Kohlrabi:

        "es gibt viele Leute, die ein normales, entspanntes Verhältnis zu Russland wollen und die in der heutigen antirussischen Agitation starke Parallelen zur antiwestlichen Agitation in der DDR sehen." Wer zu einem Staat der einen anderen Staat überfällt, dessen Existenzrecht leugnet, Kinder entführt um sie zu russifizieren, Massenmord begeht, Massenfolter begeht ein entspanntes Verhältnis haben will für den passt der Begriff Kollaborateur sehr gut. Es ist keine Agitation es sind die Fakten, Russland ist eine imperialistische Diktatur mit faschistischen Tendenzen.

        " Russland eintreten. Siehe Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Serbien" Wenn ihre positiv Beispiele alle korrupte Autokraten sind kämpfen sie für die falsche Sache.

        "Drittens ist Deutschland in seiner Geschichte nie von Russland angegriffen worden." Das hat nichts mit der derzeitigen Situation zu tun, und es gibt immer ein erstes mal.

    • @Kurt Kraus:

      Weil die Ostdeutschen sich mit Westdeutschland vergleichen während die Osteuropäer sich mit dem Zustand vor 1990 vergleichen. Dadurch gewinnt man eine andere Wertschätzung für das ganze. Die Ostdeutschen wollen so wohlhabend sein wie die Westdeutschen und so politisch bedeutsam (was schon schlichtweg beides an der Demographie scheitert) und die restlichen Osteuropäer wollen besser als 1990 sein. Das führt natürlich im ersteren Fall zu Frustration die sich in einer Verehrung von gewaltätigen Diktaturen entlädt zum anderen in einer Nostalgie für die gute alte Zeit, die wenn auch ärmer überschaubarer war. Plus wenn alle arm sind fühlt man sich besser als wenn man nur selbst arm ist.

  • Verstehe ich das richtig:



    Fast 8 Jahrzehnte lang wurde das Wahlvolk von oben herab belehrt, wie ungemein wichtig die 5-Prozent-Hürde zur Verhinderung Weimarer Verhältnisse angeblich wäre (selbst bzgl. der Europawahl ist das ja ein ganz grosses Anliegen der etablierten Parteien), aber sobald man die eigenen Pfründe bedroht sieht, gilt das Argument dann plötzlich nicht mehr?

  • Sollte der Faschist Höcke die Mehrheit bei den Wahlen erhalten, muß Thüringen auf viele Urlauber verzichten.

    • @Tino Winkler:

      Warum sollte ich auf Urlaub im wunderschönen Thüringen verzichten wenn dieAfD die Wahl gewinnt, ganz im Gegenteil.

    • @Tino Winkler:

      Nicht nur Turisten - auch Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft.

  • Als ich in den späten 60er Jahren mein braun versifftes Elternhaus verließ tat ich es in der Hoffnung, nie wieder mit dieser Seuche konfrontiert zu werden.



    Der von den Eltern wenigstens einmal in der Woche abgesonderte Satz: "...bei Adolf hätte es das nicht gegeben", gepaart mit diversen Verharmlosungen der auch von der Wehrmacht begangenen widerlichen Verbrechen ging mir noch Jahre danach nicht aus dem Kopf. Altnazis zuhause und als Lehrer an der Schule sollten auch uns Kindern schon das Denken infizieren.



    Dass ich nun im Alter wieder mit den alten Parolen an jeder Ecke befeuert werde, abgesondert von Leuten die entweder zu jung, oder geistig zu beschränkt sind um die Tragweite dessen zu erfassen, was sie da daherreden, ist unbegreiflich. Zumal befeuert von geschichtsvergessenen "Pseudogeschichtslehrern" denen ihre Macht über unbedarfte Kinderhirne nicht ausreicht.



    Das Volk der "Dichter und Denker" kennt in seiner Entwicklung scheinbar nur noch eine Richtung: Zurück! Hauptsache laut und rücksichtslos. Mir tun die Generationen leid, die den Dreck noch erleben müssen.

    • @gds20.com:

      Und diese typisch (west-)deutsche alt-linke, alt-68er Überheblichkeit wird sicher nicht dazu führen, daß Leute mit Neigung, die AfD zu wählen Ihnen zuhören und sich mit Ihren Argumenten auseinanderzusetzen, so es denn noch mehr gibt, als Klischees und Schlagworte.

      Angesichts der in linken Kreisen der 60er/70er Jahre weit verbreiteten Sympathie für Diktatoren und Massenmörder, wie Mao oder Pol Pot, sollte man sich "im Alter" mit solchen Aussagen vielleicht etwas zurückhalten, selbst wenn Sie damals von DIESER Seuche nicht infiziert gewesen sind.