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Nach Todesurteil in BelarusDeutscher Rico K. begnadigt

Der in Belarus unter nebulösen Umständen zum Tode verurteilte deutsche Staatsbürger Rico K. wurde begnadigt. Anwalt und Auswärtiges Amt erleichtert.

Alexander Lukaschenko und weitere Beteiligte bei Verhandlungen zum Fall Rico K. in Minsk (30. Juli 2024) Foto: Pressedienst des belarussischen Präsidenten/reuters

Moskau rtr/afp | Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat den zum Tode verurteilten Deutschen Rico K. begnadigt. Das berichtete die belarussische Nachrichtenagentur Belta am Dienstag unter Berufung auf Lukaschenkos Büro.

Belarussischen Medienberichten zufolge hatte K. zugegeben, im Auftrag des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU militärische Anlagen fotografiert zu haben. Außerdem habe er einen Rucksack erhalten, den er an einem Bahnhof südöstlich von Minsk auf den Gleisen abgestellt habe. Der Rucksack explodierte noch vor Ankunft eines Zuges, niemand wurde verletzt. Rico K. drohte in Belarus eine Hinrichtung durch Erschießen.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin erklärte, man könne die Begnadigung bestätigen. „Das ist eine erleichternde Nachricht.“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor gesagt, dass die Bundesregierung alles tun werde, um den deutschen Staatsangehörigen bestmöglich zu unterstützen.

Früheren belarussischen Medienberichten zufolge liefen im Hintergrund Verhandlungen über das Schicksal von Rico K. Denkbar wäre ein Austausch, da auch Belarus' enger Verbündeter Russland mit dem Westen über solche Maßnahmen verhandelt. So soll der in Russland wegen Spionage inhaftierte US-Journalist Evan Gershkovich gegen den in Deutschland einsitzenden „Tiergartenmörder“ Wadim Krasikow ausgetauscht werden.

Der belarussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna zufolge ist Rico K. seit November 2023 in Haft und wurde am 24. Juni verurteilt. Er war vor kurzem in einem Video im belarussischen Staatsfernsehen vorgeführt worden, in dem er sich schuldig bekannte und um Gnade bat. Belarus ist einer der engsten Verbündeten Russlands. Das Land erlaubte Russland, sein Territorium seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 zu nutzen.

Erleichterung auch bei belarussischer Opposition

Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja erklärte im Onlinedienst X, sie sei „erleichtert“ über die Begnadigung des Deutschen. „Jedes Leben ist von unschätzbarem Wert und wir müssen mit allen Mitteln dafür kämpfen. Aber wir müssen auch für jede Geisel des Regimes kämpfen.“ Tichanowskajas Angaben zufolge werden mehr als 1300 politische Gefangene in Belarus festgehalten.

Belarus wird seit 1994 von Machthaber Lukaschenko regiert, der ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. Belarus ist das einzige europäische Land, in dem die Todesstrafe noch verhängt und vollstreckt wird. Laut Amnesty International wurden seit Anfang der 1990er Jahre bis zu 400 Menschen hingerichtet – allerdings nur selten ausländische Staatsbürger.

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3 Kommentare

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  • Bei der "Begnadigung" handelt es sich wohl kaum um eine großherzige Geste des "Menschenfreundes" Lukaschenko, sondern eher um eine Vorleistung, auf die er nun eine entsprechende Gegenleistung erwartet!

  • Lukashenko ist nicht dumm und ich halte es durchaus für möglich dass er mit seinem Weg plant der nächste Präsident Russlands zu werden.

    • @Thomas Koll:

      Haben Sie mal eine Rede von ihm gehört bzw. mal angeschaut was er so von sich gibt?

      Er ist nun wirklich keine Intelligenzbestie.