piwik no script img

Angespannte bilaterale BeziehungenBibis Werbetour in Washington

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu besucht die USA. Die mutmaßliche Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris lässt sich vorerst entschuldigen.

Vor seinem USA-Besuch besuchte Benjamin Netanjahu überraschend noch seine Soldaten in Rafah Foto: dpa

Berlin taz | Ohne die US-Vizepräsidentin im Kongress-Auditorium wird Israels Regierungschef Benjamin „Bibi“ Netanjahu an diesem Mittwoch dort seine Rede halten. Kamala Harris lässt sich entschuldigen. Sie reist zu einer schon geplanten Veranstaltung nach Indianapolis.

Netanjahu besucht die USA, bemüht um die bilateralen Beziehungen, die seit Monaten angespannt sind. US-Präsident Joe Biden hatte Israel vor der Bodenoffensive in der palästinensischen Grenzstadt Rafah gewarnt, hielt vorübergehende Waffenlieferungen zurück, lieferte schließlich doch.

BeobachterInnen gehen davon aus, dass Harris, sollte sie US-Präsidentin werden, mit Blick auf den Nahen Osten und Israel keine deutlich andere Linie als der derzeitige US-Präsident verfolgen wird.

Im Verlauf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres wiederholte die derzeitige US-Vizepräsidentin die Verpflichtung ihres Landes, Israel in Sicherheitsfragen zur Seite zu stehen, betonte dessen Recht zur Selbstverteidigung und die Forderung, dass die im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln umgehend auf freien Fuß kommen.

Angehörige von Geiseln hoffen auf Ergebnis der Reise

Dass Netanjahus US-Reise die derzeit laufenden Verhandlungen über eine erneute Waffenruhe und die Befreiung von Geiseln zu einem Ergebnis führen werden, hoffen vor allem die mitreisenden Angehörigen von in den Gazastreifen Verschleppten und die unlängst befreite Geisel Noa Argamani.

Ungeachtet der Solidarität mit Israel äußerte Harris aber auch schon scharfe Kritik an der israelischen Kriegsführung und den hohen Opferzahlen im Gazastreifen. Sie forderte Netanjahus Regierung dazu auf, mehr für den Schutz der Zivilisten im Gazastreifen und für ein Ende der humanitären Katastrophe dort zu unternehmen.

Netanjahu will zu separaten Gesprächen mit Biden und Harris wie auch mit Ex-US-Präsident Donald Trump zusammenkommen. Der israelische Regierungschef hat sich in der Vergangenheit sehr deutlich auf die Seite der US-Republikaner geschlagen.

Haaretz: Netanjahu solle „nur keinen Schaden anrichten“

So positionierte er sich schon im US-Wahlkampf 2012 offen für seinen langjährigen engen Freund Mitt Romney, dem damaligen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Das fiel Netanjahu nach dem Sieg Barack Obamas auf die Füße.

In Israel halten sich die Erwartungen an die US-Reise Netanjahus in Grenzen. Er solle „nur keinen Schaden anrichten“, so kommentierte die linke Tageszeitung Haaretz am Mittwoch im Leitartikel. Israel hätte sich keinen größeren Unterstützer als Biden wünschen können.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Es werden Waffen geliefert im Wissen das Kriegsverbrechen begangen werden..."Biden hatte Israel vor der Bodenoffensive in der palästinensischen Grenzstadt Rafah gewarnt, hielt vorübergehende Waffenlieferungen zurück, lieferte schließlich doch." der Krieg gegen die Palästinensische Bevölkerung wird damit weitergehen... ""

    Im Verlauf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres wiederholte die derzeitige US-Vizepräsidentin die Verpflichtung ihres Landes, Israel in Sicherheitsfragen zur Seite zu stehen..." Es wird unter Trump weitergehen und es wird unter Harris weitergehen. Harris fordert ja dann nur mehr Schutz der für Zivilist*innen , das dann im Wissen das es dieser Krieg eben genau gegen die Zivilist*innen geführt wird. Gegen die zivile Infrastruktur. Einige nennen es beim Namen...

  • Einmischung in inneramerikanische Politik im Wahlkampf, das ist in dieser Bedeutung fast ein Alleinstellungsmerkmal für den Gast, wegen der hohen Aufmerksamkeit und der weiteren Vorgeschichte.



    Vielleicht spielt auch eine Rolle, wer noch so diplomatisch Strippen zieht, reist, verhandelt und ständig nach Lösungen sucht:



    www.zeit.de/politi...ollah-deeskalation



    Das "Harris-Team", also die Regierung / Administration wird möglicherweise mehr Bedeutung gewinnen als Einzelpersonen, der (ihr) Führungsstil dürfte sich von autokratischen Avancen und Basta-Bekundungen bei einer Wahl Harris wohl deutlich von Trumps bekannten Chef-Allüren unterscheiden.

  • Dem die Hand schütteln, der die USA vorführt, der ihr wohl mehr gerade schadet als Khamenei? Und der bereits -zigtausende Tote in Gaza produzierte?



    Ich verstehe Harris völlig, das soll jetzt noch Biden machen.



    Zeigen, wer hier den Frieden nicht will, um nicht im Kerker ohne seinen Luxus leben zu müssen.



    Und danach kann Harris immer noch übernehmen.

    • @Janix:

      Daß Harris ihn nicht trifft, bedeutet nicht, daß sie anders handelt bbei der Unterstützung Israels, und damit Netanjahus. Und was Biden in der Israel-Politik falsch macht, fällt Harris im Wahlkampf auf die Füsse. Denn die propalästinensischen Wähler und alle, die dieses Blutbad verurteilen, werden vielleicht zuhause bleiben, weil Trump da keine Alternative ist.