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Verpackungen in SupermärktenExtra Plastik im Obstregal

Lebensmittel einkaufen – das geht oft nicht ohne Verpackungen. Doch eine Untersuchung zeigt: Die Händler setzen zu viele unnötige Verpackungen ein.

Praktisch dieses vorgeschnittene Obst – aber leider ziemlich viel Plastik drumrum Foto: Robert Poorten/imago

Berlin taz | Supermärkte und Discounter in Deutschland verwenden immer noch in großem Maße überflüssige Verpackungen und haben nur wenig Ware in Mehrwegverpackungen im Sortiment. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Die Mengen von Einwegverpackungen steigen nach wie vor an, und Deutschland ist da Spitzenreiter“, sagte die DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz bei der Vorstellung der Ergebnisse am Mittwoch.

Aktuell verursacht laut DUH jede Person in Deutschland jährlich im Schnitt 237 Kilo Verpackungsmüll – damit seien die Deutschen die größten Müll­ver­ur­sa­che­r:in­nen in Europa. EU-Angaben zufolge liegt der Durchschnittswert für die Europäische Union bei rund 190 Kilo Verpackungsmüll pro Kopf und Jahr. Seit dem Jahr 2005 ist die Pro-Kopf-Menge in Deutschland laut DUH um 26 Prozent gestiegen – und fast zwei Drittel des Müllbergs machten die Verpackungen von Getränken und Lebensmitteln aus. Alleine über 16 Milliarden Einwegflaschen würden hierzulande jährlich verkauft.

Für die aktuelle Untersuchung wollte die DUH wissen, wie die einzelnen Supermärkte, Discounter und Biomärkte abschneiden. Die Organisation hat dafür stichprobenartig 48 Filialen von 12 Lebensmittelketten unter die Lupe genommen. „Zu viele Verpackungen, zu viel Einweg und zu wenig Mehrweg“, fasste Metz die Ergebnisse zusammen.

Grundsätzlich waren es vor allem Biomärkte, die mit einem vergleichsweise niedrigen Anteil verpackter Ware auffielen, während Discounter und herkömmliche Supermärkte auf mehr Verpackungen und mehr Einweg setzten. Getränke in Mehrwegflaschen etwa seien gerade bei Discountern teilweise überhaupt nicht im Sortiment, und auch in einem verhältnismäßig neuen Segment entstehe viel Müll: „Es gibt eine Zunahme von vorportionierten Lebensmitteln“, sagte Metz. Und diese würden in der Regel in Einwegverpackungen angeboten.

Obst und Gemüse mit extra Hülle

Besonders deutlich sind die Ergebnisse bei frischem unverarbeitetem Obst und Gemüse: Am schlechtesten schnitt in der Untersuchung der Discounter Aldi Nord ab. Hier lag demnach der Anteil von verpackt im Regal liegendem Obst und Gemüse bei 78 Prozent. Aldi Nord selbst gibt auf Anfrage an, im Obst- und Gemüsebereich ein Drittel seiner Waren unverpackt anzubieten. „Wo immer es unter Berücksichtigung der Produktqualität, Sicherheit und Lebensmittelverluste möglich ist, verzichtet Aldi auf Verpackungsmaterial“, so ein Unternehmenssprecher zur taz.

Deutlich besser schnitten im Test die Biomärkte ab: Bei Bio Company, Denns und Alnatura lagen zwischen 82 und 92 Prozent der Obst- und Gemüse­bestände ohne Verpackung im Regal. Aber auch im Biobereich mahnt die DUH an, dass bei Frischmilch und Joghurt in Sachen Mehrweg noch viel Luft nach oben sei.

„Die Discounter und die klassischen Supermärkte tun nichts gegen überflüssigen Verpackungsmüll“, bilanzierte Metz. Weil sich die Unternehmen aus eigenen Stücken nicht in Richtung Verpackungswende bewegen würden, brauche es politische Vorgaben. Das Bundesumweltministerium hatte im vergangenen Jahr ein Eckpunktepapier für ein Gesetz zur Reduktion von Verpackungsmüll vorgelegt. Ein Gesetzentwurf ist daraus aber bislang nicht geworden – mangels Einigung mit den anderen Ministerien, wie ein Sprecher des Ressorts bestätigt.

Die DUH hofft ohnehin auf die neue EU-Verpackungsverordnung, die voraussichtlich im Herbst final verabschiedet werden soll. Sie sieht unter anderem konkrete Ziele für die Reduktion von Verpackungsmüll vor und ein Verbot von Verpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse – allerdings erst ab dem Jahr 2030.

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11 Kommentare

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  • Und die Konsumenten kaufen zu viel in unnötiger Verpackung.



    Aber selbst denken vs. blind zugreifen - keine Chance, dass der Verstand gewinnt. Menschen, die vernünftig handeln, werden diffamiert, beschimpft und beleidigt. Also weiter so, man will ja "dazugehören".

  • es gibt verpackungen die absolut unnötig sind, es gibt aber auch verpackungen die sinn ergeben, auch wenn es erst auf den zweiten blick und etwas mehr information klar wird. davon lese ich nichts in der untersuchung der DHU und auch nicht in diesem artikel. eine kurze info von mir und einen link dazu wartet seit gestern morgen auf veröffentlichung. vielleicht will es auch niemand hören, auch das sehr wohl discounter und klassische supermärkte in der hinsicht aktiv sind, stichwort: coating bei obst und gemüse.

    • @alterverwalter:

      Dazu muss man wissen, dass das Material, aus dem der "Coat" für Obst und Gemüse hergestellt wird, aus verschiedenen pflanzlichen Ausgangsstoffen gewonnen wird. Zb aus Mais. Die Ausgangsstoffe werden nicht deklariert.

      Ich selbst bin hochgradig allergisch gegen Mais und alle Getreide und Kartoffeln und reagiere heftig auf Früchte mit Coating. Die Hülle ist nicht hinreichend abwaschbar. Ich bin sicher nicht der einzige derartige Allergiker.

      Nicht jeder Fortschritt ist für alle Beteiligten wunderbar.

  • Bei meinem Besuch in Thailand bin ich vom Glauben abgefallen: eine einzelne Orange auf Styroporboden mit Plastikdeckel. Das ist Müllerzeugung in Perfektion. Soll jetzt nicht heißen, daß wir in Deutschland gut sind, aber in vielen Ländern läuft wohl noch weitaus schlechter.

  • @WEE

    Und dafür nehmen Sie die Verwüstungen in Kauf, die wir jetzt allenthalben sehen?

    Danke aber auch.

    P.S: die Kund*innen meines Lieblingsladens sind zivilisiert. Da gibt es viel unverpackt. Haferflocken, Nüsse, Kaffee, Rosinen, Obst und Gemüse sowieso.

    • @tomás zerolo:

      500g Haferflocken unverpackt nach Hause zu transportieren stelle ich mir herausfordernd vor.

  • vor urzeiten gabss bei uns in der siedlung der gemeinnützigen einen milchladen. man brachte seine milchkanne mit (sowas gibts heute im museum), den yoghurt gabs in 1/4 l flaschen, die man gewaschen wieder zurückbrachte. den quark in starkem papier.



    in der pause gabs in der schule milch + kakao in kleinen flaschen. und brezeln sowie kaffeestückchen, ebenfalls unverpackt.



    das brot beim bäcker bekam höchstens eine papiertüte, wie hatten zum einkaufen netze.



    brombeeren, heidelbeeren + himbeeren sammelte man selbst, oder sie wurden in großen körben von sinti-frauen an der haustür abgekauft.



    auch fleisch- + wurst gabs in papier. käse dito. obst in verpackung: undenkbar.



    alles mögliche wurde abgewogen: linsen, erbsen, bohnen.



    in food coops in den usa hat man all dies zum größten teil wieder eingeführt. dort gabs auch nicht diese unmengen verpackten futter wie in den biomärkten. auch nicht diese unsäglichen, angeblich gesunden bio-snacks + kekse in plastikverpackung.

  • "allerdings erst ab dem Jahr 2030." Puh, ist das nicht ein bisschen überstürzt?

    Immer wieder schön zu sehen, wie der größte Schwachsinn innerhalb von Tagen beschlossen wird, aber nötige Veränderungen zuverlässig auf den St. Nimmerleinstag terminiert werden.

    Bin gespannt, wann sich die ersten Aktivisten beim Aldi an die Kassen kleben ;-)

  • Wieviel Kunden haben denn das unverpackte Obst schon gedrückt um festzustellen ob es reif ist? Und dann wieder zurückgelegt.

    • @Wee:

      Vor dem Verzehr sollte man eh alles waschen, auch verpacktes.