Linke-Forderungen an die Bundesregierung: Rassismus wirkungsvoller bekämpfen
Die Linkspartei legt einen 6-Punkte-Plan „für Teilhabe und Diskriminierungsschutz“ vor. Menschen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.
![Polizisten vor einer Papptafel mit der Aufschrift "Kein Raum für Hass und Hetze – Demokratie verteidigen" Polizisten vor einer Papptafel mit der Aufschrift "Kein Raum für Hass und Hetze – Demokratie verteidigen"](/picture/7092542/624/35696112-1.jpeg)
Demonstration gegen den AfD-Parteitag in Essen: Protest ist gut, reicht aber alleine nicht, meint die Linkspartei Foto:
AdoraPress/M. Golejewski
BERLIN taz | Als eine Antwort auf die Zunahme rassistischer Übergriffe hat die Linke am Montag einen Maßnahmenplan mit Forderungen an die Bundesregierung vorgelegt. Die Partei fordert unter anderem, den Diskriminierungsschutz durch eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu stärken, ein Bundespartizipationsgesetz und ein effektives Demokratiefördergesetz.
Die Linkspartei weist darauf hin, dass der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt allein für den Bereich rassistisch motivierter Gewalt knapp 1.500 Fälle im Jahr 2023 gezählt hat. Die Übergriffe seien damit gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel gestiegen. Die Straftaten gegen Asylsuchende seien laut Bundeskriminalamt um 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 2.488 Taten angestiegen. Aber statt dagegen effektiv vorzugehen, bestimmten rassistische Migrationsdebatten den öffentlichen Diskurs, kritisiert die Partei. Dem setzt sie jetzt „6 Punkte für Teilhabe und Diskriminierungsschutz“ entgegen.
„Obwohl rassistische Übergriffe, gerade auf Geflüchtete, aktuell auf dem Höchststand sind, hat die Bundesregierung keinen Plan, was sie dem zunehmenden Rassismus entgegensetzen kann“, sagte die Berliner Landtagsabgeordnete Elif Eralp der taz. Weil die Ampelkoalition im Kampf gegen Rassismus versage, mache ihre Partei „nun einen Vorschlag für mehr Teilhabe von Geflüchteten und Menschen mit Migrationsgeschichte sowie für den Kampf gegen Rassismus auf allen Ebenen“, so Eralp, die im Berliner Abgeordnetenhaus Sprecherin für Migration und Partizipation sowie Antidiskriminierung der Linksfraktion ist.
Wie von der Ampelkoalition versprochen, müsse endlich das AGG reformiert werden, fordert die Linkspartei. „Das AGG weist etliche Lücken im Diskriminierungsschutz auf, da Klagefristen zu kurz sind, es kein Verbandsklagerecht enthält, Diskriminierungsdimensionen fehlen, zu viele Ausnahmen eine Entschädigungspflicht ausschließen und vor allem öffentliches Handeln nicht umfasst ist“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt.
Gegen „Racial profiling“
Als „wesentliche Form von strukturellem Rassismus“ bezeichnet die Linke anlasslose Polizeikontrollen, die vor allem migrantische und rassistisch markierte Menschen treffen würden. Daher müssten die Befugnisse zu anlasslosen Polizeikontrollen aus dem Bundespolizeigesetz und allen Landespolizeigesetzen gestrichen werden. Auch müssten Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zu Antidiskriminierungsschulungen verpflichtet werden, vor allem auf der Führungsebene, wie es das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz beispielsweise schon vorsähe.
Als weiteren Punkt fordert die Linke ein Bundespartizipationsgesetz. „Damit sollen Fördermaßnahmen geregelt werden, die sicherstellen, dass auf allen Verwaltungsebenen Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismuserfahrung entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung vertreten sind“, heißt es zur Begründung.
Außerdem solle die Arbeit von Beratungseinrichtungen, Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, Antidiskriminierungsverbänden und Migrant:innenselbstorganisationen durch ein effektives Demokratiefördergesetz besser abgesichert werden. Denn bislang müssten sie oft unter prekären Bedingungen arbeiten und um ihre Finanzierung bangen, da eine Strukturförderung nicht gewährleistet sei.
Darüber hinaus tritt die Linkspartei für die Möglichkeit von Einbürgerungen „unabhängig vom Einkommen, ohne Sprachtests und zu Recht als Schikane empfundene Einbürgerungstests“ ein. Auch plädiert sie für „ein Wahlrecht auf allen Ebenen für alle Menschen, die langfristig in Deutschland leben, unabhängig vom deutschen Pass“.
Menschen nicht gegeneinander ausspielen
Zudem sollten alle Arbeitsverbote für Geflüchtete abgeschafft werden, um prekäre und illegalisierte Beschäftigung zurückzudrängen. Die Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen müsse erleichtert werden. Für einen besseren Zugang im Gesundheitssektor müsse der Krankenversicherungsschutz allen Geflüchteten ab dem ersten Tag gewährt werden.
„Wir wollen Teilhabe, Schutz vor Diskriminierung und gute Lebensbedingungen für alle Menschen“, sagte die Linken-Parteivorsitzende Janine Wissler der taz. Wer Menschen gegeneinander ausspiele, um von politisch verursachten Missständen abzulenken, der bereite den Nährboden für das Erstarken rechter Kräfte. Es mache sie daher „sprachlos, dass die Reaktion von Union und Ampel auf den Rechtsruck bei der Europawahl weitere verbale und reale Zugeständnisse nach rechts sind“, so Wissler.
Proteste, wie am Wochenende gegen den AfD-Parteitag, an denen sie auch selbst teilgenommen hatte, seien zwar wichtig, um ein Zeichen gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu setzen. „Aber Protest reicht nicht, alltäglicher und struktureller Rassismus müssen Tag für Tag und systematisch bekämpft werden“, sagte Wissler.
Leser*innenkommentare
Hans Hermann Kindervater
Programm zur Festigung der Bedeutungslosigkeit
Farang
"Als „wesentliche Form von strukturellem Rassismus“ bezeichnet die Linke anlasslose Polizeikontrollen, die vor allem migrantische und rassistisch markierte Menschen treffen würden."
Das ist falsch.
Polizisten kontrollieren anhand ihrer kriminalistischen Erfahrungen Personen, deren Beteiligung an einer verfolgbaren Straftat ihnen als möglich erscheint.
Rassistisch ist es zu denken oder davon auszugehen, dass Schwarze kriminell sind nur weil sie schwarz sind.
Das tatsächliche Problem ist, dass vielen gar keine andere Möglichkeit bleibt, da sie 'Dank' Duldung oder Schengenvisum keiner legalen Arbeit nachgehen können - da bleibt quasi nur Schwarzarbeit oder Kriminalität übrig.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie überproportional häufig als Straftäter in Erscheinung treten.
Das Problem ist also nicht die Polizei, sondern die staatlichen Vorgaben, die Zuwanderern nur den Weg in die Illegalität lässt.
Ulrich Haussmann
Das BSW setzt zumindest exakt das Gegenteil um. Geboren aus der Linken.
Klaus Gissing
Einbürgerung ohne Sprachtest? Den Punkt raffe ich überhaupt nicht. Ok es gibt Menschen denen es sehr schwer fällt eine neue Sprache zu lernen (geht mir auch so) aber trotzdem ist Sprache wohl einer der wichtigsten Integrationsbestandteile. Deutschland bietet und gibt den Menschen so viel und darf dann im Gegenzug nicht einmal einen kleinen Beitrag zur Integration des Einbürgerungswilligen einfordern?
Donald Duck
Es ist im Interesse der Wähler, daß Parteien vor den Wahlen unterscheidbare Positionen beziehen.
Hier veröffentlicht die Linke sehr konkrete Forderungen, die die Partei von dem BSW und deutlich von der AfD abgrenzen.
Rechtzeitig vor den Landtagswahlen dieses Jahres sowie der Bundestagswahl im nächsten Jahr, kann die Linke nun Wähler mit gleichen Präferenzen an sich binden.
Jalella
Inzwischen ist man schon links wenn man das Grundgesetz nicht den Bach runter gehen lassen will.
Wenn die Linke mal nicht mehr im Parlament ist, ist es damitganzvorbei.
Patricia Winter
Die nächste Person, die behauptet, BSW sei links, sollte sich dies hier durchlesen. Das ist links, und die beste Antwort auf das Erstarken der Rechten.
GregTheCrack
Gut, das war jetzt die komplette Pressemitteilung der Partei Die Linke. Ist das die Partei, die nichts aber auch garnichts umsetzen kann?
Pittmitd
@GregTheCrack Ja, die Partei die schon eine so starke ideologische Brille aufhat, dass ein abwägender Diskurs in sozialpolitischen Themen über das "Für und Wider" keine Chance hat. Gruselig sowas.
M. S.
@GregTheCrack Ja, das sind die, mit der sehr kleinen Prozentzahl bei der Wahl.
Don Geraldo
@GregTheCrack Ist schon erstaunlich, wo eine Partei, der der Untergang droht, ihre Prioritäten setzt.
Dank Sarah wird die Linke bald Geschichte sein.
rero
@GregTheCrack Wie Herr Reincke mal in einem Artikel der taz sinngemäß schrieb:
Verspricht die SPD einen Mindestlohn von 12 Euro und die Linke einen von 15 Euro, wähle ich die SPD, weil ich weiß, da kommt vielleicht was bei raus.
Man kann sich in Thüringen ja ansehen, wie gut die Linke es selbst umsetzt und wieweit dort Rassismus abgeschafft ist.
Kevin Merkel
@GregTheCrack Richtig, das ist diese Partei, die bei der nächsten Wahl unter "Sonstige" läuft.
Jalella
@GregTheCrack Richtig, die können im Bundestag nichts durchsetzen weil sie dort milde ausgedrückt keine Mehrheit haben.
Dass aber die Parteien mit Mehrheit nichts umsetzen, scheint Sie nicht so zu stören.
Offenbar ist es inzwischen nicht mehr normal, dass man sich gegen Rassismus einsetzt, oder gegen Mietwucher etc.
Andreas J
@GregTheCrack Mach das ihr Anliegen bedeutungslos?