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Strafzölle auf chinesische E-AutosGefahr für Antriebswende befürchtet

Die EU will Strafzölle für E-Autos aus China. Endlich, sagen die einen. Andere fürchten schwere Folgen. Wie die Pläne in Deutschland ankommen.

Die Autofrachter „BYD Explorer No.1“ ist vom chinesischen Shenzen nach Europa gekommen Foto: Lars Penning/dpa

Berlin taz/rtr Die Europäische Kommission führt höhere Importzölle auf Elektrofahrzeuge ein, die in China produziert wurden – und löst damit in Deutschland gemischte Reaktionen aus. Ver­tre­te­r:in­nen von Automobilindustrie, Forschung und Umweltverbänden sehen eine Gefahr darin, dass ein größerer Handelskonflikt zwischen der EU und China entbrennt.

Außerdem fürchten Expert:innen, dass die Zölle die E-Auto-Preise auf dem europäischen Markt hoch halten – und so Kun­d:in­nen vom Kauf eines klimafreundlicheren Pkw abhalten. Be­für­wor­te­r:in­nen hingegen halten die Einfuhrgebühren für nötig, um die europäische Industrie zu schützen.

„Die EU sollte auf Strafzölle verzichten“, sagte Clemens ­Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. China sei ein wichtiger Absatzmarkt für europäische Autos: Im Jahr 2023 setzten etwa die deutschen Hersteller laut Statista rund 34,3 Prozent ihrer Neuwagen auf dem chinesischen Automarkt ab. Bei VW lag der Anteil mit 36 Prozent am höchsten. Zudem fertigen mehrere deutsche Konzerne einige ihrer Modelle in chinesischen Werken.

Strafzölle der EU würden Gegen­maßnahmen seitens des chinesischen Staates auslösen, meint Fuest. Und auch Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, fürchtet: „China könnte Importzölle auf hochmotorisierte Fahrzeuge aus Deutschland verhängen.“ Zwar seien einige Werke der hiesigen Autobauer in China nicht von diesen Zöllen betroffen – wohl aber die „Hunderttausende Autos“, die jährlich aus Deutschland nach China exportiert werden.

Dass sich zum Beispiel in Frankreich Politik und Branche deutlich positiver zu den neuen Einfuhrgebühren äußerten, liege daran, dass die französische Automobilindustrie nicht so stark auf den chinesischen Markt fokussiert ist, erklärte Wisbert.

Elektroautos aus China sind bisher meist günstiger

Laut Ifo-Präsident Fuest erleichtern günstige Elektroautos aus China die Elektrifizierung des Autoverkehrs. Wenn die euro­päischen Klimaziele eingehalten werden sollen, müssen die CO2-Emissionen im deutschen Straßenverkehr deutlich sinken.

„Mit Strafzöllen bekämpft die EU-Kommission ein Problem, das keines ist“, sagte Benjamin Stephan, Verkehrsexperte bei Greenpeace. Der Absatz der E-Autos in Europa steige zu langsam. Daran sei jedoch nicht die Konkurrenz aus China schuld, sondern die „fehlenden günstigen Einstiegsmodelle der deutschen und europäischen Hersteller“, betonte Stephan.

Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hält die EU-Maßnahmen dagegen für notwendig. „Deutschland und Europa sollten nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, wie beispielsweise bei der Solarbranche, und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit gegen kurzfristige Erträge opfern“, sagte Fratzscher. „Es ist unbestreitbar, dass chinesische Hersteller durch massive staatliche Subventionen unfaire Wettbewerbsvorteile genießen.“

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23 Kommentare

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  • Es wird sich darüber beschwert, dass China seit 2008 mit 100 Mrd. durch Kaufprämien und steuerfreie Entwicklung subventioniert hat.



    Allein das Dienstwagenprivileg kostet 5,5 Milliarden pro Jahr.



    Absolut dreist, wie die Chinesen subventionieren.

  • Hat irgendwer eine Ahnung um welche "günstigen" E-Autos es da geht?



    Wenn ich auf Autoscout24 nach E-Autos für

    • @lundril:

      Google zB mal ora, 12k Kaufprämie.

  • Je schneller die Europäer ihre eigene Autoindustrie vernichten, desto besser. Nach deren Ende kann man sich vielleicht einer tatsächlichen Verkehrswende widmen.

    Zur Zeit geht das gut voran. Während die Konservativen mit ihrer planetenzerstörenden Verbrennerromantik Investitionen in Milliardenhöhe in den Orkus spülen, zerstört die EU mit einem Wirtschaftskrieg gegen China dann den größten Absatzmark für die obsoleten Dickschiffe der vornehmlich deutschen Hersteller.

  • Es wäre doch eher gut, wenn, wie von Frau Wisbert befürchtet, Strafzölle auf hochmotorisierte Fahrzeuge aus D in China erhoben werden würden. Es würde weniger von dem Zeug rumfahren und es wären Kapazitäten für niedermotorisierte Fahrzeuge frei.

    • @0 Substanz:

      Die Welt ist ne Kugel, der Umwelt ist egal ob sie in China oder hier fahren.

      • @Littleneo:

        Danke für die Info, auf der Scheibe wäre es der Umwelt natürlich nicht egal.

        • @0 Substanz:

          Nope, da Strömungen auf einer Scheibe entweder nur Richtung Mitte oder außen verlaufen nicht.



          Bei einer Kugel geht es immer die Runde.

  • Womit wird die unterschiedliche Strategie bei PKW und Solar erklärt?

    • @Limonadengrundstoff:

      Vielleicht hat die Politik ausnahmsweise gelernt? China hat die deutsche PV-Industrie totsubventioniert. Wenn das mit der Automobilindustrie passiert, sind hier schnell die Lichter aus.

  • Der deutsche Bleifuß sieht wohl eher eine Gefahr IN der Antriebswende als FÜR die Antriebswende.

    • @Erfahrungssammler:

      Nicht nur der Bleifußfahrer vermag in der "Antriebswende" eine ziemliche Verschwendung von Geld und Ressourcen zu sehen. Und auch eine glänzende Zukunft für die Braunkohle...

  • Wieder ein mal wird der Druck von den Autobauern genommen in klimafreundliche Technologien zu investieren. Man hat in der Vergangenheit aber oft genug gesehen, dass ohne Druck bei den Konzernen gar nichts passiert. Verkehrswende adieu! Warum nicht gleich die Klimaziele abschaffen?

  • Nicht nut in diesem Beitrag, sondern in allen Medien wird nur eine Begründung für die niedrigen Preise der Importmodelle aus China genannt: Die massiven staatlichen Subventionen!

    Dabei fällt ein (mindestens) ebenso wichtiges Argument unter den Tisch: Die niedrigen Produktionskosten durch Lohndumping. Warum wird das verschwiegen? Wenn deutsche Firmen kostenintensive Produktionsschritte aus dem gleichen Grund nach Fernost auslagern, wird dies stets kritisiert (u. a. auch von der taz)!

  • Also dann: Schnell auf zum BYD- oder NIO-Händler... bevor die EU zuschlägt.

  • Was jetzt passieren wird?



    Sobald die Zölle kommen wird VW und Co. die Preise für ihre E-Autos erhöhen und E-Autos werden noch unerschwinglicher für das "normale Volk". China wird auch Strafzölle auf europäische Waren erheben, womit es ein Nullsummenspiel wird.



    Nur Lindner kann sich freuen, hat er doch der Zölle wegen neue Einnahmen. Bezahlen werden wir die Zeche.

  • Ich kann Fratzschers Position schon nachvollziehen, aber damit setzt er ja stillschweigend voraus, dass der durch Importzölle entstehende Zeitgewinn auch tatsächlich genutzt wird, um eine konkurrenzfähige Produktion europäischer E-Autos aufzubauen (oder eine richtige Verkehrswende anzutreiben...). Das sehe ich aber aktuell überhaupt nicht. Subventionen werden eher ab- als aufgebaut, das Verbrenner-Aus steht wieder in Frage. Tatsächlich scheinen mir diese Importzölle eher Teil eines Roll-back zu Gunsten der fossilen Technologien zu sein. Was die EU zur Zeit tut, erweckt den Eindruck, sie wollte E-Autos nicht einmal geschenkt.

  • en passant ...



    " ...von klimafreundlicheren Pkw..." Noch sind sie zwar deutlich besser im bordseitigen Wirkungsgrad als Verbrenner, aber wie ist der Wirkungsgrad des Braunkohlestroms, mit dem (ausschlielich !!!) sämtliche (den Gesamtstrombedarf erhöhenden) neu hinzukommenden Stromverbraucher-Sektoren , auf Jahre hinaus noch, betrieben werden werden [*] ? Hört doch bitte auf mit Märchenstunde und solchen locker eingestreuten Halbwahrheiten.



    [+] WIESO ? DESHALB: Braunkohelstrom ist der erste und dringendste Kandidat fürs phasing-out. Durch französisches Atom oder us-amerikanisches Fracking-Gas sollten/wollen/dürfen wir ihn nicht dauerhaft ersetzen, also bleibt er vorerst. Und zwar so lange, wie unser Gesamtstrombedarf weiter steigt, und das soll er ja, allen Plänen gemäß. Viemal so viel Strom werden wir in BRD wie EU etwa brauchen, wenn wir tatsächlich alles Verbrennen durch Wasser, Wind, und Sonne ersetzen wollen. Hieße ACHTMAL soviel Grünstrom, wie heute produziert wird. Und die Flaute-Lücken müssten auch dann noch trotzdem ...

    • @lesnmachtdumm:

      Ihr Gedankengang ist zu kompliziert. Da müsste man ja z.B. zuerst mal den Energieerhaltungssatz verstanden haben...

      • @sollndas:

        Das Verständnis des Energieerhaltungssatzes ist das eine, die Ignoranz gegenüber den Erkenntnissen der Physikalischen Chemie, Strahlungsphysik, Wärme- Stofftransport... in Kombination mit diesem ist der eigentliche Grund, warum alternative Fakten eine solche Sogwirkung entfalten.

        • @0 Substanz:

          Sie haben _fast_ recht. Mangelhafte naturwissenschaftlich-technische (und ökonomische) Kenntnisse sind allerdings nicht der alleinige Grund für die Sogwirkung alternativer Fakten. Es kommt noch einer dazu: Man müsste das eigene Gehirn bemühen...

      • @sollndas:

        Energieerhaltungssatz ?

        Das ist doch der, wegen dem die Ampel noch immer an der Regierung ist, oder ?

        • @Bolzkopf:

          Danke für die Bestätigung meiner Vermutung, dass es mit den MINT-Fächern ziemlich düster aussieht...