Kanzler besucht Starkregengebiet: Weitere Unwetter erwartet

Der Deutsche Wetterdienst rechnet mit neuen Gewittern im Süden. Erst am Dienstag soll sich die Lage entspannen. Olaf Scholz zieht die Gummistiefel an.

Bundeswehrsoldaten mit Sandsäcken, dahinter ein Bagger

Im bayrischen Höchstädt füllen Bundeswehr-Soldaten Sandsäcke ab. Der Landkreis Dillingen bat die Bundeswehr zuvor um Hilfe Foto: Stefan Puchner/dpa

OFFENBACH/PFAFFENHOFEN/AUGSBURG/MÜNCHEN/STUTTGART dpa | Bundeskanzler Olaf Scholz will sich am Montag selbst ein Bild von der Lage in den Hochwassergebieten machen. Er plane eine Reise ins Katastrophengebiet, hieß es am Sonntag in Regierungskreisen. Weitere Details waren zunächst nicht bekannt. Ursprünglich hatte Scholz geplant, am Montag in München die Fan-Zone für die Fußball-Europameisterschaft zu besuchen.

Die Hochwasserlage in Teilen Bayerns spitzte sich indes am Sonntag zu, während die ersten Einsatzkräfte in Baden-Württemberg vorsichtig aufatmeten. Am Sonntag brach in Oberbayern nach Angaben der Behörden ein Damm an zwei Stellen. Dieser schütze die Gemeinde Baar-Ebenhausen am Fluss Paar, einem Nebenfluss der Donau, sagte ein Sprecher des Landratsamtes. Am Mittag war das Ausmaß noch unklar. Unterdessen ist auch die Bundeswehr im Hochwassereinsatz. Im Landkreis Dillingen a.d. Donau unterstützten nach Angaben der dortigen Behörden rund 70 Soldaten beim Befüllen von Sandsäcken. Für den Nachmittag wurde mit neuem Regen gerechnet.

Teile Bayerns waren von den Auswirkungen des Dauerregens am Sonntagmittag besonders betroffen. Ein Vertreter der Feuerwehr sagte, im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm herrsche aktuell ein unberechenbares Hochwasser, „das wir so auch noch nie verzeichnen mussten“. Der Markt Reichertshofen werde aktuell überflutet. „Wir können nichts mehr tun, wir müssen quasi jetzt aufgeben. Aber aufgeben heißt nicht, dass wir Leib und Leben dafür riskieren, das haben wir im Griff.“ Die Prämisse laute nun: Schutz von Leib und Leben. Nach den Worten von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) waren landesweit rund 40 000 Einsatzkräfte unterwegs.

Ab Dienstag sei in den von Überflutungen betroffenen Gebieten im Süden und Osten Deutschlands in fast allen Regionen mit einer Entspannung der Wetterlage zu rechnen. Am Montag gebe es zunächst noch vom Bodensee bis nach Niederbayern Schauer, Gewitter und lokal auch Unwetter durch Starkregen, teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach am Sonntag mit. Im Norden und Nordwesten würden Wolken aufziehen, aber es gebe nur eine geringe Niederschlagsneigung. Ansonsten sei es heiter, teils wolkig und trocken bei Temperaturen zwischen 15 und 22 Grad.

Ein Feuerwehrmann im Einsatz gestorben

Für den Sonntag sah der DWD indes in weiten Teilen Bayerns und Baden-Württembergs nach heftigen Niederschlägen mit Überschwemmungen weiter die Gefahr von teils unwetterartigen Gewittern mit Starkregen. Von Mittag an bis in die Nacht zum Montag hinein sei mit weiteren Unwettern zu rechnen. Für mehrere Landkreise gilt immer noch die höchste Unwetterwarnstufe. Örtlich seien Schäden durch Blitzeinschläge möglich. Es könnten abermals Straßen und Keller überflutet werden.

In Teilen Bayerns und Baden-Württembergs sind Feuerwehren und andere Nothelfer im Dauereinsatz. Im oberbayrischen Pfaffenhofen an der Ilm kam ein Feuerwehrmann beim Einsatz ums Leben. Er sei zusammen mit drei Kollegen mit dem Schlauchboot gekentert und am Morgen tot geborgen worden, teilte ein Sprecher des Landratsamts am Sonntagmorgen mit.

Der Dauerregen sorgt in Bayern weiter an mehreren Pegeln für Hochwasser der höchsten Meldestufe 4. Der Schwerpunkt lag in der Nacht zum Sonntag noch bei den südlichen Donauzuflüssen Günz, Mindel, Zusam, Schmutter, Paar, Abens, Ilm und Amper sowie an der oberen Donau, wie der Hochwassernachrichtendienst mitteilte. Dort seien in der Nacht die Scheitel erreicht worden.

Da der Dauerregen in der Intensität etwas nachgelassen habe, gehe die Hochwasserlage zwar im Oberlauf der am schwersten betroffenen Gewässer derzeit zurück. Da aber das Risiko für Stark- und Dauerregenfälle weiter bestehe, seien die Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes zu beachten, um eine kurzfristige Verschärfung der Lage im Blick zu haben.

Unwetter sorgt weiter für Zugausfälle bei der Bahn

Mit der Welle verlagere sich der Schwerpunkt stromabwärts – von Schwaben Richtung Niederbayern und Oberpfalz. Unter anderem in Neuburg, Kelheim, Regensburg, Straubing könnten betroffen sein, die Scheitelwelle wird aber voraussichtlich erst Anfang der Woche durchfließen.

Vor allem flussabwärts bei Mühlried im Landkreis Schrobenhausen und insbesondere Manching sowie Geisenfeld im oberbayrischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm sowie in Abensberg im Landkreis Kelheim wurden am Sonntag steigende Wasserstände erwartet. Auch im Isar-Einzugsgebiet in Oberbayern kletterten teils die Wasserstände.

Das Main-Einzugsgebiet sei ebenfalls vermehrt von Starkniederschlägen getroffen worden, teilte der Hochwassernachrichtendienst weiter mit. Die Zuflüsse zum oberen Main seien zum Teil schnell angestiegen. Jedoch blieb es teils bei Meldestufe 1 geführt, stellenweise wurde Meldestufe 3 erreicht.

An mehreren Messstellen wurde erneut ein Jahrhunderthochwasser gemeldet. Ein hundertjährliches Hochwasser ist eine rechnerische Größe und bezeichnet ein Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren erreicht oder überschritten wird.

Bahnreisende in Süddeutschland müssen auch am Sonntag wegen des Unwetters mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Wie eine Bahnsprecherin am Sonntagmorgen sagte, sind mehrere Strecken betroffen.

Erdrutsch legt Bahn lahm

Nach einer Auflistung auf der Internetseite des Unternehmens kommt es zum Beispiel zu Ausfällen auf der Strecke von München über Nürnberg nach Berlin, von Karlsruhe über Stuttgart nach München, von München nach Zürich sowie von Augsburg nach Oberstdorf.

Am Samstagabend waren zwei Waggons eines ICE mit 185 Passagieren an Bord im baden-württembergischen Schwäbisch Gmünd nach einem Erdrutsch entgleist. Die Passagiere blieben laut einem Bahnsprecher unverletzt und wurden in der Nacht zu Sonntag aus dem Zug evakuiert. Schwäbisch Gmünd liegt etwa 50 Kilometer östlich von Stuttgart. Wann genau der Zug geborgen wird, war laut der Bahnsprecherin am Sonntagmorgen noch unklar.

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