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Razzia bei AfD-Politiker Petr BystronLKA durchsucht Büro im Bundestag

Die Polizei durchsucht Objekte in Berlin, Bayern und auf Mallorca. Der AfD-Politiker Bystron soll Geld aus Russland angenommen haben.

Petr Bystron im Plenum des Deutschen Bundestages, Oktober 2023 Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz | Erneut eine Razzia bei der AfD: Nachdem vergangene Woche die Büroräume von EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah in Brüssel durchsucht wurden – wegen seines Mitarbeiters, der mutmaßlich für China spioniert haben soll –, fand am Donnerstag selbige in Berlin statt. Nachdem der Bundestag dessen Immunität aufgehoben hatte, sind die Abgeordnetenbüros von Petr Bystron durchsucht worden, wie die AfD bestätigte. Bystron ist außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion und Obmann des Auswärtigen Ausschusses. Er soll Schmiergeld aus Russland angenommen haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft München erklärte am Vormittag, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen ­einen Bundestagsabgeordneten führt, und zwar „wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern und der Geldwäsche“. Das bayerische Landeskriminalamt ermittele und habe am Donnerstag an mehreren Orten in Berlin, Bayern sowie auf Mallorca Beweismittel sichergestellt. Auf der Mittelmeerinsel soll der 51-Jährige einen weiteren Wohnsitz haben, wie aus Parteikreisen zu hören war. Man wolle Unterlagen und Datenträger sicherstellen und diese auswerten. Die Generalstaatsanwaltschaft verwies ausdrücklich auf die „geltende Unschuldsvermutung“.

Bystron ist die Nummer 2 auf der AfD-Europaliste und steht wie Krah im Zentrum eines Korruptionsskandals. Beide haben dem russischen Propagandaportal „Voice of Europe“ Interviews gegeben, hinter dem sich eine russische Einflusskampagne verbergen soll. Bystron wie Krah haben gute Verbindungen zum Oligarchen und Putin-Vertrauten Wiktor Medwedschuk, der hinter dem Portal mit Sitz in Prag stehen soll. Beide stehen im Verdacht, Geld aus Russland erhalten zu haben. Dringend ist dieser Verdacht bei Bystron. Es sollen Audioaufnahmen existieren, auf denen er beim Geldzählen raschelt und sich über die Stückelung beschwert, weil man in Deutschland so schlecht mit 200-Euro-Scheinen bezahlen könne.

„Kompensationen“ eines kremlnahen Politikers

Krah wurde wegen seiner Russlandkontakte am Rande einer USA-Reise vom FBI befragt, wobei sich herausstellte, dass er 8.000 Euro in bar dabeihatte. Plausible Erklärungen konnte er dafür nicht liefern, zumal es einen SMS-Chatverlauf gibt, bei dem ihm der kremlnahe Politiker Oleg Voloshyn „Kompensationen“ angeboten hat. Gegen Krah laufen zwei Vorermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Dresden, auch wegen möglicher Zahlungen aus China. Sowohl Krah als auch Bystron bestreiten, Schmiergelder angenommen zu haben.

Bystron antwortete bislang nicht auf die taz-Anfrage zu den Durchsuchungen. Eigentlich sollte er am Donnerstag um 9 Uhr im Bundestag eine Rede halten. Um 6:07 Uhr am Donnerstagmorgen schickte die AfD dann eine aktualisierte Fassung, bei der sein Name gestrichen war. Ersetzt wurde er bezeichnenderweise durch Stefan Keuter, der seinerseits bekannt ist für seine prorussischen Positionen und sich dem autoritären Putin-Staat als Wahlbeobachter andiente.

Die Bundessprecher der extrem rechten Partei, Alice Weidel und Tino Chrupalla, verschickten, mittlerweile recht routiniert, ein Statement kurz nach Bekanntwerden der Durchsuchungen am Vormittag: „Die Aufhebung der Immunität und die Durchsuchung der Büro- und Privaträume von Petr Bystron sind ein schwerwiegender Vorgang“, heißt es darin.

Wie auch bei der gerichtlich mehrfach bestätigten Einstufung durch den Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall unterstellten sie eine politische Instrumentalisierung der Behörden: Die AfD-Fraktion hoffe „auf einen raschen Abschluss der Ermittlungen, damit nicht der Verdacht entsteht, dass hier versucht wird, durch Behörden und weisungsgebundene Staatsanwaltschaften den Europawahlkampf zu beeinflussen“, hieß es.

Von Krah ist mittlerweile nach nicht abreißenden Skandalen klar, dass er nicht wieder für den Bundesvorstand antreten wird, und auch zu Bystron ging die Parteiführung etwas auf Distanz.

Gleichwohl werden beide, Korruptionsverdacht hin, Spionageskandal her, als Spitzenkandidaten bei der Europawahl sicher in das EU-Parlament einziehen. Von der Liste schmeißen kann die Partei die Kandidaten nicht. Dass sie auf Druck der Parteispitzen von ihren Mandaten zurücktreten, ist in der AfD undenkbar. Auch wenn Chrupalla sagt: „Wer nachweislich käuflich ist, muss gehen.“ Der Parteichef selbst ist im übrigen auch dafür bekannt, notorisch Putin-Propaganda zu verbreiten.

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8 Kommentare

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  • Bin mal gespannt wann die deutschen Wähler diese korrupte Partei versenken.

    • @Tino Winkler:

      Der Faktor Korruption dürfte da nicht ausschlaggebend werden, schätze ich. Wie unten bereits angedeutet, würde ich annehmen, dass die Rechten eine Art Resilienz (u.a. Opferkult "Wir sollen fertig gemacht werden", Hang zu Verschwörungserzählungen "Kampagne", "Lügenpresse") haben. Gibt es nicht auch Beispiele (aus anderen Ländern), dass Korruption bei Rechten deren Anhänger*innen egal war? An sich kommen leider durchaus einige Politiker*innen mit vergleichbaren Fehlverhalten durch (siehe Scholz, Schäuble usw.). Das dürften einige sicher auch als Argument geltend machen und die Korruption von Rechten relativieren: "Andere haben aber auch." bis hin zu pauschalen Vorhaltungen: "Sind doch Alle korrupt ..."

  • Vaterlandsverräter, verlogen und korrupt bis ins Mark - das werfen diese Nazis sonst den demokratischen Parteien vor. Die Fakten zeigen, dass das aber die Kernkompetenzen der AfD sind ...

  • Das Rascheln von Geldscheinen zu erkennen erscheint mir schwierig. Hat der tschechische Geheimdienst etwa Dagobert Duck hinzugezogen ??? Der würde das, und noch mehr, sofort identifizieren .. (»Ich liebe das Knistern der Banknoten, das Klimpern der Goldstücke und den süßen Duft des Großkapitals.« Barks Library, Bd. 17, S. 39).

    • @Gerald Müller:

      Da Geldscheine in aller Regel aus einem speziellen Baumwollpapier (nur der Vollständigkeit halber: Schweizer Franken enhalten noch einen Polymerkern ;-)) oder einem anderen Spezialstoff bestehen, rascheln und knistern sie tatsächlich auch anders als gewöhnliches Papier. Man braucht nicht unbedingt die überragende und leidenschaftliche "Bargeldkompetenz" eines Dagobert Duck, um das bei der Analyse eines solchen Tonbandes ziemlich eindeutig zuordnen zu können. ;-)

    • @Gerald Müller:

      Von "Erkennen" steht da nichts: "Es sollen Audioaufnahmen existieren, auf denen er beim Geldzählen raschelt und sich über die Stückelung beschwert, weil man in Deutschland so schlecht mit 200-Euro-Scheinen bezahlen könne."

  • "Bystron ist die Nummer 2 auf der AfD-Europaliste und steht wie auch der Erstplatzierte Krah im Zentrum eines Korruptionsskandals."



    Und die armen Rechten haben nun mit kognitiver Dissonanz zu kämpfen: "scheiß korrupte Politiker" vs. "Oh, das sind ja welche von den Richtigen, von uns" was dann wohl mit "Das ist doch sicher eine Kampagne des Establishments gegen meine geliebte Partei" aufgelöst wird.

  • Die Vorwürfe gibt es seit März, und erst jetzt gibt es Durchsuchungen? Da wird wohl nicht mehr viel zu finden sein. Das "Rascheln" von Geld beim Zählen auf einer Audio-Aufnahme als "Beweis" anzunehmen halte ich für etwas gewagt. Ich stelle mir vor dass bei einer solchen Übergabe in etwas gesagt wird: Geheimdienstler" hier sind 20000", Bystron "Ich muß erst nachzählen", Rascheln, Bystron "Stimmt". Ganz ohne irgendsowas würde es nur passieren wenn der Verdacht besteht dass man abgehört wird. Dann wäre eine Übergabe aber sehr unwahrscheinlich. Von daher sollte die Beweislage eigentlich klar sein.



    Alles in allem erweckt diese Aktion den Eindruck dass man nicht genügend Beweismittel hat und daher noch irgendwas suchen muss. Das wiederum verstärkt das Vertrauen in die Staatsanwaltschaft und die Sicherheitsorgane nicht.