Umsetzung des Cannabisgesetzes: Kiffer-Kontrollen noch ungeregelt

Straffrei gekifft werden darf nur unter Bedingungen. Nun beschäftigt die Bundesländer, wer kontrolliert und welche Bußgelder verhängt werden.

Großaufnahme von Cannabisblättern auf dem Bildschirm eines Smartphones

Die Blütenstände von erntereifen Cannabispflanzen werden mit einem elektronischem Mikroskop auf ihren Reifegrad untersucht Foto: Christian Charisius/dpa

HANNOVER taz | Nun hat Hamburg also vorgelegt. Spektakuläre 30.000 Euro drohen für den sehr speziellen Fall, dass man Cannabis-Samen zu Geschäftszwecken aus Nicht-EU-Ländern einführt. Immerhin 1.000 Euro soll das Kiffen vor Minderjährigen kosten. Um die 500 Euro, wenn man sich vor Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen oder zur falschen Zeit in der Fußgängerzone erwischen lässt. Noch mehr, wenn man sich auf Militärgelände bewegt oder dort versucht, etwas anzubauen – wozu die Universität der Bundeswehr im Hamburger Stadtteil Jenfeld gehört.

Hamburg orientiert sich damit im Wesentlichen an der Vorlage Bayerns, das als erstes Bundesland mit so hohen Strafandrohungen vorgeprescht war. In Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein brütet man noch über den eigenen Bußgeld-Katalogen.

Als „vielleicht an der ein oder anderen Stelle ein wenig überzogen“ hatte Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen die bayerische Vorlage in der Landespressekonferenz vor zwei Wochen noch bezeichnet. „Ich weiß nicht, ob ein Bußgeld von 1.000 Euro bei einem Erstvergehen und einer vergleichsweise kleinen Ordnungswidrigkeit von den Gerichten mitgetragen würde – das wird man sehen.“

Pörksen bemüht sich auch darum, das Thema ein wenig tiefer zu hängen: Erst einmal sei man ja ohnehin noch in einer Phase, in der von der Polizei und den Ordnungsbehörden Verwarnungen ausgesprochen werden. Und bei hartnäckigen Verstößen könne man selbstverständlich auch jetzt schon Bußgelder verhängen – das geht auch ohne extra Katalog, obwohl es natürlich wünschenswert sei, zu einer halbwegs einheitlichen Regelung zu kommen.

Entsprechende Verordnung erlassen

Die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen drängen auch aus anderen Gründen auf eine klare Regelung. Sie wollen wissen, wer für welche Kontrollen zuständig sein soll – und nach Möglichkeit auch für den zusätzlichen Aufwand entschädigt wird. So äußerten sich jedenfalls der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Jan Arning, und Oberbürgermeister Claudio Griese aus Hameln, der aktuell der Oberbürgermeisterkonferenz des Städtetages vorsteht.

Um die Ordnungsdienste der Kommunen in die Kontrollen einzubinden, müsste das Land allerdings erst einmal eine entsprechende Verordnung erlassen. Nordrhein-Westfalen hat das schon getan – und seinen Kommunen in diesem Zuge auch vage einen finanziellen Ausgleich in Aussicht gestellt. Darum, wie dieser Ausgleich denn wohl aussehen könnte, wird aber noch gefeilscht.

Der Aufwand ist ja auch nicht ganz leicht zu beziffern, nicht nur weil es an Erfahrungswerten fehlt, sondern auch weil der tatsächliche Aufwand ja auch daran hängt, wie eifrig man kontrolliert. Großangelegte Schwerpunktkontrollen sind mit dem vorhandenen Personal nicht zu stemmen, mahnen sowohl Kommunen als auch Polizei-Gewerkschaften bundesweit.

Üppiger Verwaltungsprozess nötig

Am Ende wird es vermutlich eher auf Stichproben und anlassbezogene Kontrollen hinauslaufen – wie etwa beim Nichtraucherschutzgesetz oder den Coronaregeln auch. Aber auch dafür müssen die Streifen erst einmal ausgestattet werden – mit Feinwaagen zum Beispiel, um festzustellen, ob sich die mitgeführte Menge noch im erlaubten Bereich bewegt oder eben nicht.

Noch komplizierter wird es bei der Kontrolle der Anbauvereinigungen, die ab 1. Juli zugelassen werden sollen. Sie gehören zu dem Versuch, dem Schwarzmarkt ein Stück weit das Wasser abzugraben, um nicht die schlechten Erfahrungen der Niederlande zu wiederholen, die zwar den Konsum legalisiert, aber Anbau und Handel kriminellen Banden überlassen haben.

Für die Zulassung und Kontrolle der Anbauvereinigungen ist allerdings ein üppiger Verwaltungsprozess nötig. Der Anbau muss vor der Aussaat beantragt werden, die Zuverlässigkeit der Antragssteller muss überprüft werden, die – bis zu 500 Leute umfassenden – Mitgliederlisten theoretisch auch.

Landwirtschaftskammer oder Gesundheitsbehörde?

Pro Mitglied dürfen 50 Gramm im Monat abgegeben werden, aber nur mit Beipackzettel. Bei Mitgliedern im Alter zwischen 18 und 21 Jahren sind es 30 Gramm im Monat – hier muss auch der THC-Gehalt auf 10 Prozent beschränkt werden. Vom Anbau über die Ernte bis zur Abgabe muss alles dokumentiert werden.

In Niedersachsen sieht man diese Aufgabe aktuell bei der Landwirtschaftskammer, die kennt sich mit Anbau und Bürokratie schließlich aus. Bremen hat diese Zuständigkeit erst einmal der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz zugeordnet, Schleswig-Holstein und Hamburg haben sich dazu noch nicht klar geäußert.

Bayern arbeitet mit Task Force

Die genauen Verfahren sind überall noch in Arbeit, immerhin müssen ja auch insgesamt eine ganze Reihe von Ministerien beteiligt werden: das Gesundheits- und Sozialministerium für die im Gesetz festgeschriebenen Präventionsaufgaben, das Innenministerium beim Sicherheitsaspekt, das Landwirtschaftsministerium, der Verbraucherschutz.

Bayern hat schon im März – noch bevor das Gesetz beschlossen und in Kraft war – angekündigt, eine mindestens 20-köpfige Task Force einsetzen zu wollen, deren Aufgabe wohl vor allem darin bestehen soll, alle bürokratischen Kontroll- und Verbotsmöglichkeiten des Gesetzes bis zum Anschlag auszunutzen. Daran hat sich Hamburg bisher kein Beispiel genommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.