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Versicherung von BalkonkraftwerkenSaftiger Preisaufschlag

Minisolaranlagen sind leicht über die Hausrat- und Haftpflichtpolice versicherbar, sagt die Branche. Doch Kun­d*in­nen machen oft andere Erfahrungen.

Immer populärer: Balkonkraftwerke Foto: Robert Poorten/imago

Berlin taz | So hatte sich Tina Neuenhofen die Sache mit ihrem Balkonkraftwerk nicht vorgestellt: Sie soll rund 137 Euro mehr als bisher im Jahr für ihre Hausrat- und Haftpflichtversicherung bei der Allianz zahlen. Das ist der Preisaufschlag, wenn sie eine Miniphotovoltaikanlage an ihrem Balkon im vierten Stock ihrer Berliner Wohnung anbringt. Das geht aus dem Angebot ihres Versicherungsvertreters hervor.

„Das hole ich ja mit dem produzierten Strom niemals wieder rein“, sagt die Berlinerin. Schließlich dauert es schon etliche Jahre, bis sich die Anschaffungskosten für eine kleine Solaranlage in Höhe einiger Hundert Euro rechnen. Das Balkonkraftwerk einfach nicht zu versichern, ist keine Alternative. Die Hausverwaltung besteht auf einer Versicherung – und will entsprechende Dokumente sehen.

Hunderttausende Balkonkraftwerke sind inzwischen bei der Bundesnetzagentur registriert, in den kommenden Jahren erwarten Ex­per­t:in­nen eine enorme Zunahme. Denn der Gesetzgeber hat das Prozedere rund um Installation und Anmeldung entbürokratisiert. Strom für den Eigenbedarf zu produzieren, wird damit für viele attraktiv. Geht die heimische Solaranlage zum Beispiel durch Hagel oder Blitzschlag kaputt oder wird sie von einem Einbrecher gestohlen, kommt – falls vorhanden – in vielen Fällen die Hausratversicherung für den entstandenen Schaden auf.

Versichert sind dabei grundsätzlich nur die Ursachen für eine Beschädigung, die in dem Vertrag aufgelistet sind. Bei einer anderen Ursache oder ohne eine derartige Police bleiben Be­sit­ze­r:innen auf dem Schaden sitzen – der angesichts der Anschaffungskosten von einigen Hundert Euro zwar schmerzhaft, aber überschaubar ist. Stürzt die Anlage ab und verletzt jemanden oder es entsteht ein Schaden nach einem Kurzschluss, kann es jedoch richtig teuer werden. In diesem Fall würde – falls vorhanden – die private Haftpflichtversicherung einspringen.

In Musterverträgen sind die Mini-Anlagen inbegriffen

Bei neuen Hausrat- und Haftpflichtverträgen stehen die Chancen gut, dass Balkonkraftwerke inbegriffen sind. Denn das sehen die Musterverträge des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vor.

Aber an die müssen sich Unternehmen nicht halten. Auch wie die Lage bei älteren Policen ist, ist nicht pauschal zu sagen. Möglicherweise schließt der Anbieter Balkonkraftwerke ein, vielleicht aber auch nicht. „Es kommt auf den jeweiligen Vertrag an“, sagt eine GDV-Sprecherin. Der Verband erwartet, dass Versicherer Verträge umstellen, wenn Balkonkraftwerke nicht eingeschlossen sein sollten – oft kostenlos.

Doch bei Tina Neuenhofen kann davon keine Rede sein. Die Medienkauffrau im taz-Verlag hat eine kombinierte Haus- und Haftpflichtversicherung bei der Allianz, die sie im Jahr 2000 abgeschlossen hat. Bislang zahlt sie zweimal im Jahr rund 109 Euro. Nach der Anfrage bei ihrem Versicherungsvertreter, ob ein Balkonkraftwerk abgedeckt wäre, schickte der ihr ein Angebot für eine neue Police. Das sieht einen Beitrag von 177,62 Euro pro Halbjahr vor, also über 137 Euro mehr im Jahr. Damit würde die kleine Solaranlage zur teuren Liebhaberei, selbst wenn sie vom Staat gefördert wird.

Die Anlage nicht zu melden, ist keine gute Idee

Die Allianz schreibt auf ihrer Internetseite, dass Balkonkraftwerke in der Hausrat- und Haftpflichtversicherung mitversichert sind. Ein Sprecher des Versicherers bestätigt das. Allerdings gäbe es bei Neuenhofens bestehendem Vertrag eine Besonderheit, sagt er: Policen wie ihre hat die Allianz nur in den neuen Bundesländern verkauft, sie werden nicht mehr erneuert. Deshalb hat die Berlinerin ein neues Angebot bekommen – mit mehr Leistungen.

Nach den Erfahrungen von Philipp Wolf, Versicherungsreferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, kommt es in der Regel nicht zu gravierenden Preiserhöhungen, wenn Kun­d:in­nen ihrem Versicherer ein Balkonkraftwerk melden. „In den Vertragswerken der vergangenen zehn Jahre sind kleinere Anlagen oft schon vorgesehen“, sagt er. Will das Unternehmen einen Aufschlag, lohnt sich genaues Hinsehen: Möglicherweise versucht der Versicherer, den Schutz mit teuren Extras auszuweiten.

Keine gute Idee ist es, die Anlage einfach nicht zu melden. „Das wäre eine Obliegenheitsverletzung“, sagt Wolf. Wird die Anlage beschädigt oder bei einem Einbruch gestohlen, zahlt der Versicherer möglicherweise nicht. Falls eine Person etwa durch den Absturz der Module verletzt wird, wird der Haftpflichtversicherer dafür aufkommen – aber er kann sei­ne:n Kun­d:in in Regress nehmen.

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13 Kommentare

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  • Da stimmt was nicht. Auf der Webseite der Allianz steht, dass BKWs in der Regel in der Privathaftpflicht enthalten sind.



    www.allianz.de/rec...g/balkonkraftwerk/

  • Ok. Nun ist die Allianz nicht gerade für besonders günstige Tarife bekannt.



    Ist das jetzt ein anekdotischer Bericht über die Allianz im speziellen, oder betrifft das alle Versicherer?



    Vielleicht sollte die Betroffene einfach den Versicherer wechseln...?

  • Man stelle sich vor, die wackeren Hellerdorfer schrauben an ihre Südbalkone fleißig Minikraftwerke. Je nach Talent, Finanzmitteln und Installationsmaterial, wird das Ergebnis vielfältiger als der Karneval der Kulturen und wenn der Wind des Wandels garstige Orkanböen um die Fassaden lenkt, möchte man das Ergebnis nicht aus der Nähe erleben.

  • Das Risiko ist hoch. Und dies kostet halt. Niemand ist gezwungen so ein Ding aufzustellen.

    • @Ernie:

      Jetzt müssen Sie mir mal erklären, wo hier statistisch gesehen ein hohes Risiko besteht? So weit ich sehe und höre gibt es doch keine großen Schäden bei den Dingern!

      • @Fridolin:

        Die Stromkonzerne sind auch hier aktiv. Sie mögen halt keine Einbußen am Reibach.

    • @Ernie:

      das Risiko liegt vermutlich eher im ppm Bereich. Demgegenüber eine hübsche Marge für den Versicherer

  • Vllt liegt es ja daran, dass viele Versicherungskonzerne erhebliche Anteile an den Stromkonzernen haben - und denen sind die BalkonKW ja definitiv ein Dorn im Auge.



    Ein Schelm der Böses dabei denkt.

    But BTW: Atomkraftwerke sind GARNICHT versicherbar!



    GARNICHT!



    Und damit die Atomkonzerne nicht auf einem eventuellen Schaden sitzen bleiben hat die öffentliche Hand das Risiko übernommen.



    Schon vor langer, langer Zeit ...

    So unterschiedlich ticken die Uhren der Politik.

    Früher habe ich mich immer gefreut, wenn oben an der Ampel der Schriftzug "Grün kommt" aufgeleuchtet hat.



    Heute erfüllt es mich mit Grausen.

    • @Bolzkopf:

      Ach wirklich, und welche Versicherungskonzerne sollen das sein, die da Ihrer Meinung nach erhebliche Beteiligungen hätten? Die Stromkonzerne sind ja Aktiengesellschaften und ihre Anteilseigner frei einsehbar, ich sehe da vieles, aber keine Versicherungen.



      Und selbstverständlich müssen AKWs verpflichtend versichert sein. Wegen der potentiell hohen Schadenssumme haben die Versicherungen dafür sogar eine Rückversicherung gegründet, die Deutsche Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG). Darüber hinaus haften die Betreiber dann unbegrenzt. Unbestreitbar ist aber natürlich, dass der Schaden bei einem tatsächlichen Super-GAU in der Bundesrepublik viel höher wäre als der Wert dieser Stromkonzerne zusammen und somit die Allgemeinheit am Ende aufkommen müsste, klar.

      Der Grund für die Beitragserhöhungen der Hausratversicherungen ist oftmals die gute alte deutsche Bürokratie und ihre langsam wählenden Mühlen. Da wird kein Unterschied gemacht zwischen einem kleinen 800 Watt Balkonkraftwerkchen und einem mit Solarpanels zu gepflasterten Flachdach, das mehrere Haushalte vollversorgen könnte. Diese Balkonkraftwerke gab es eben bis vor wenigen Jahren noch nicht, und bis man sich hier auf was neues eingelassen und irgendwelche Statuten angepasst hat, dauert es bekanntlich.

      Warum sie jetzt in diesem Zusammenhang die Grünen mit Grausen erfüllen, die dich gerade erst die gesetzliche Grundlage für das erleichterte Aufstellen von Balkonkraftwerken geschaffen haben, verstehe dann, wer will...

      • @AlfonsAberg:

        Die Anteilseigner von AGs sind frei einsehbar ?



        Das ist mir neu.



        Gibt ja nicht nur Vorzugsaktien und Namensaktien sondern auch ganz normale an der Börse gehandelte Aktien.



        Bestenfalls in den Beteiligungsberichten der Versicherungen läßt sich approximieren wo die drin stecken.

    • @Bolzkopf:

      Das Grün, von dem Sie sprechen, ist leider keine reine Farbe, sondern eine unappetitliche Mischung mit zu großem Gelbanteil.

      • @Erfahrungssammler:

        Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere (Kunstunterricht): Olivgrün mischt man aus gelb und schwarz :-)