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Bad news und rechte JugendTaylor Swift for President!

Zu viel schlechte Nachrichten machen depressiv und destruktiv. Dabei gibt es auch Gutes zu berichten: Taylor Swifts toller Erfolg und ihr Einfluss.

Taylor Swift posiert auf dem roten Teppich bei der 66. jährlichen Grammy-Verleihung 2024 in Los Angeles Foto: Mario Anzuoni/reuters

E s wäre wirklich schön, wenn nette Außerirdische auftauchen und der Menschheit helfen könnten, wie es auf dem letzten wochentaz-Titel gefordert wurde. Die bisherigen Erd­be­woh­ne­r*in­nen kriegen es ja ganz eindeutig allein nicht mehr hin. Deshalb ist jetzt auch die Zeit gekommen, um zu fragen: „Entdecken wir bald Aliens?“ Aber eigentlich machen wir es uns schon wieder viel zu kompliziert.

Es gibt doch schon ein Wesen von einem anderen Stern, das viele Probleme lösen könnte, zumindest ein großes namens Donald. „Kann sie als einziger Mensch weltweit Trumps Wiederwahl stoppen?“, fragt nicht nur die SZ hoffnungsfroh. Auch der gute alte Stern traut dem neuen Megastar zu, die US-Wahl zu beeinflussen und ernennt Taylor Swift zur „Königin der Welt“.

Hoffen wir, dass die singende In­fluen­ce­rin, die mit ihrem aktuellen Album alle eigenen Rekorde bricht, auch als politische Hoffnungsträgerin länger im Amt bleibt als die letzte. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an eine gewisse Greta Thunberg, die auch zu allem fähig schien, bis sie wegen extremer Einseitigkeit in Kriegsfragen abgesetzt wurde, was nicht allzu schwerfiel, da sich für Thunbergs ursprüngliches Kernthema Klimaschutz ohnehin kaum noch jemand interessiert.

Auch die von der Zukunft am meisten betroffene „Jugend in Deutschland“ ängstigt sich laut neuer Studie mehr vor den Kriegen, vor Inflation und knappem Wohnraum. Und sie ist „so pessimistisch wie noch nie in den letzten Jahren“. Ein trauriger Befund, der mich als Vater und Journalist berührt hat. Was können wir tun, damit unsere Kinder wieder mehr Gründe für Optimismus oder zumindest Hoffnung finden?

Das halbe volle Glas

Und damit sie nicht die AfD wählen, die bei den Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren mit 22 Prozent stärkste Partei ist? Ein „deutlicher Rechtsruck“, wie der Spiegel schreibt. Aber vielleicht fängt das Problem genau hier an: bei unserer Wahrnehmung und Darstellung der Welt. Die ist überwiegend negativ, weil alarmierend klingende Meldungen eher gedruckt und gesendet werden.

Auch und gerade in der taz sind wir es gewohnt, eher Missstände zu betonen und auf Mängel hinzuweisen, die vom sogenannten Mainstream nicht beachtet werden. Aber ich habe das Gefühl, dieser Ansatz kommt an seine Grenzen. Es wird zu viel des Schlechten. In einer Zeit, in der alle aktuellen Nachrichten zwangsläufig von den täglichen Kriegsmeldungen geprägt sind, kann man nicht so tun, als sei die Welt in Ordnung.

Aber wir sollten uns bemühen, mehr Hoffnungsschimmer zu erkennen und in den Vordergrund zu stellen, statt immer nur die immer gleichen ungelösten Pro­ble­me aufzuzählen. Sie alarmieren nicht mehr, sie lähmen. Es ist leichter, Schuldige zu finden als Lösungsansätze. Aber dann müssen wir uns eben mehr anstrengen. Sonst wird es zu deprimierend und destruktiv.

Wenn alles hoffnungslos klingt, müssen wir uns nicht wundern, dass sich immer mehr Menschen von den demokratisch orientierten Medien und Parteien abwenden. Versuchen wir es also zum Beispiel so zu sehen: Trotz aller Krisen wählen 78 Prozent der Jugendlichen nicht die AfD. Und vielleicht verliert sie ja noch mehr, wenn sich die Russland- und China-Nähe der Partei herumspricht.

Warum keine Popsängerin?

Statt immer nur zu bibbern, lachen wir ruhig über das absurde Schauspiel, wie die AfD ihren peinlichen Spitzenkandidaten offiziell im Amt lässt, aber im Wahlkampf versteckt. Ja, freuen uns wir uns auch darüber, dass Taylor Swift mit ihrem seichten Supermarktgedudel über verflossene Lover so unglaublich viel Erfolg hat, dass ihre Empfehlung ernsthaft die nächste US-Präsidentschaftswahl beeinflussen könnte.

Und auch das gehört zum positiven Schreiben: Lasst uns mehr herumspinnen, statt nur zu hadern. Warum tritt Swift eigentlich nicht gleich selbst an? Sie hätte wahrscheinlich bessere Chancen als der tattrige Joe Biden. Und die Qualifikation, nun ja. Die USA wurden schon von Schauspielern und Goldturmbauern regiert und haben es überstanden, warum nicht von einer cleveren Sängerin?

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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12 Kommentare

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  • "Die USA wurden schon von Schauspielern und Goldturmbauern regiert ... "

    Den frauengeilen Erdnussfarmer nicht vergessen.

  • Was ein Fußballer (George Weah) in Liberia schaffte,



    sollte ne Popsängerin in USA auch hinkriegen, oder?

  • Schade das die anderen Kommentatoren den satirischen Unterton in dem Beitrag nicht sehen können.



    Finde es einen guten Beitrag zum Thema die Welt etwas positiver zu betrachten.



    Gerade was die Jugend angeht und deren Zukunftsängste....



    Fragt man einen Jugentlichen wo er sich in 3 oder 5 Jahren sieht, dann kommt nicht " tot im Graben"



    Fragt man ihn nach seinen Ängsten, dann kommt Krieg, Armut und was sonst noch gerade die Presse beherrscht.



    Es kommt auf die Frage an. Die Fragesteller, bei diesen Umfragen, sind die Pessimisten, die mit Herangehensweise der Fragestellung das Ergebnis schon beeinflussen.

  • Man sollte mal lieber hervorheben, dass Marsi Fuckin Moto diese Woche mit seinem Album „Keine Intelligenz“ auf Platz 3 eingestiegen ist. DAS ist mal ne gute Nachricht! Wen juckt Taylor Swift!?

  • Schade, wenn der Autor mehr positive und optimistische Nachrichten einfordert, aber im selben Artikel abwertend und negativ meint eine Künstlerin bewerten zu müssen. Anscheinend hat der Autor seinen Text nicht ein zweites Mal gelesen und reflektiert, was er wie gegenüber stellt.

    • @Sebastian Schmidt:

      "Sie hätte wahrscheinlich bessere Chancen als der tattrige Joe Biden."



      Ist wohl auch nach Einschätzung der nicht von Taylor Swift Geflashten grenzwertig im Kontext "abwertend".

  • Ich habe mehrere Alben aus der Bücherei geholt und keinen Song im Kopf behalten - gut und sauber produziert, aber das war's schon.

    Und dieses Kokettieren mit Nicht-Politik sollte mal aufhören. Quereinsteiger gerne, doch auch Politik ist eine professionelle Tätigkeit - wir brauchen weniger Reagans und Trumps und mehr professionell durchdacht Agierende.

    • @Janix:

      Reagan war 8 Jahre Gouverneur von Kalifornien, bevor er Präsident wurde.



      Damit hätte er bei seinem Amtsantritt mehr Regierungserfahrung als die meisten deutschen Bundeskanzler bei ihrem.

  • Clevere Sängerin? Sie meinen das doch nicht im Ernst, eine Popsängerin als Präsidentin, die nicht von dieser Welt ist und keine Ahnung hat von den Sorgen der Menschen.



    Ich weiss, die bisherigen Präsidenten waren auch Millionäre denen die Menschen nicht wichtig waren, aber warum sollte Tayler das besser können?

    • @AndreasHofer:

      Sie hat Ihrem Personal viel, viel mehr Bonus gezahlt, als alle anderen Künstler von Weltrang. Klar sagen dann viele: Die hat es ja, das tut ihr nicht weh. Das trifft aber für die anderen Künstler auch zu. Die haben es trotzdem nicht gemacht. Vielleicht wäre sie ja besser.

    • @AndreasHofer:

      Was könnte sie schlechter machen?

    • @AndreasHofer:

      Besser können sicher nicht. Aber sie wirkt in der Rolle der Präsidentin evtl. besser.