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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Scholz warnt Iran vor Militäraktion

Die Sorge vor iranischen Vergeltungsangriffen wächst. Bundeskanzler Scholz äußert sich besorgt vor einem möglicherweise bevorstehenden Vergeltungsangriff.

Olaf Scholz äußert sich besorgt und warnt Iran vor Militäraktionen gegen Israel Foto: Nadja Wohlleben/reuters

Scholz warnt Iran vor Militäraktion gegen Israel

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich besorgt über einen möglicherweise bevorstehenden Vergeltungsangriff des Irans auf Israel gezeigt. Man nehme die Situation „sehr ernst“, sagte Scholz am Freitag nach einem Treffen mit dem neuen georgischen Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse in Berlin. Sowohl er als auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hätten alles unternommen, um dem Iran klarzumachen, „dass es hier nicht (…) zu einer militärischen Aktivität kommen darf“.

Medienberichten zufolge bereitet sich Israel auf einen Angriff des Irans vor, der schon „in den nächsten 24 bis 48 Stunden“ erfolgen könnte. Hintergrund ist ein mutmaßlich israelischer Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Syrien am 1. April. Seitdem haben die Drohungen aus Teheran in Richtung Israel zugenommen. Israel müsse bestraft werden, hatte Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei am Mittwoch bekräftigt.

Weitere Klage gegen Waffenexporte nach Israel

Fünf Menschen aus dem Gaza-Streifen klagen mit Unterstützung des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen deutsche Waffenlieferungen nach Israel. Die Klage sei in Verbindung mit einem Eilantrag am Donnerstag eingegangen, teilte eine Gerichtssprecherin am Freitag auf Anfrage mit. Es sei die dritte diesbezügliche Klage. Wann mit Entscheidungen zu rechnen ist, sei noch offen.

Mit der Klage wird laut der Berliner Menschenrechtsorganisation ECCHR das Gericht aufgefordert, Ausfuhrgenehmigungen der deutschen Bundesregierung für Waffenlieferungen nach Israel im Rahmen eines Eilverfahrens auszusetzen. Es handele sich insbesondere um Panzerfäuste. Deutschland habe 2023 eine Genehmigung für die Ausfuhr von 3.000 Panzerabwehrwaffen nach Israel erteilt.

Es gebe Grund zu der Annahme, dass Deutschland seinen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz geforderten völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt und diese verletzt. Dabei gehe es insbesondere um Verstöße gegen die europäische Rüstungskontrolle, den Vertrag über den Waffenhandel, die Völkermordkonvention, die Genfer Konventionen und die Menschenrechte durch die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für von Israel beantragte Waffen.

Kriegswaffen derselben Kategorie, für die Deutschland Genehmigungen erteilt, würden zur Tötung und Vertreibung von Zivilisten eingesetzt. Darüber hinaus dienten sie der Zerstörung von ziviler Infrastruktur im Gaza-Streifen, der Kontrolle und Einschränkung der Einfuhr und Verteilung von humanitärer Hilfe. (epd)

Sorge vor iranischen Vergeltungsangriffen

Die Androhung iranischer Vergeltungsangriffe auf Israel hat die Spannungen im Nahen Osten weiter verschärft. Ein hochrangiger US-General habe eine zu einem anderen Zeitpunkt geplante Reise nach Israel vorverlegt, hieß es am Donnerstag aus dem Pentagon. Der Kommandeur des für den Nahen Osten zuständigen US-Regionalkommandos Central Command (Centcom), Michael Erik Kurilla, sei in Israel, um sich mit der israelischen Armeeführung zu treffen, erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder. Zudem sollten „die aktuellen Sicherheitsbedrohungen in der Region“ Thema sein.

Wie das Pentagon weiter mitteilte, sprach Verteidigungsminister Lloyd Austin am Donnerstag mit seinem israelischen Kollegen Joav Gallant. Gallant teilte dem Pentagon-Chef offiziellen Angaben zufolge mit, dass ein „direkter iranischer Angriff eine angemessene israelische Antwort gegen den Iran erfordern“ werde. Austin habe Gallant laut US-Angaben versichert, dass Israel auf die „volle Unterstützung“ der USA bei der Verteidigung Israels gegen iranische Angriffe zählen könne.

Am Mittwoch hatte bereits US-Präsident Joe Biden dem verbündeten Israel die „unerschütterliche“ Unterstützung der USA zugesichert. Der Iran drohe mit einem „bedeutenden Angriff auf Israel, sagte er. „Wir werden alles tun, was wir können, um Israels Sicherheit zu schützen.“

Als Vorsichtsmaßnahme schränkten die Vereinigten Staaten die Bewegungsfreiheit ihres diplomatischen Personals in Israel ein. US-Regierungsangestellten und ihren Familienmitgliedern sei es „bis auf weiteres untersagt, sich außerhalb der Gebiete von Tel Aviv, Jerusalem und Beerscheva zu bewegen“, hieß es in einer Mitteilung der Botschaft in Jerusalem.

Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, hatte Israel am Mittwoch mit Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Angriff auf ein iranisches Konsulargebäude in der syrischen Hauptstadt Damaskus gedroht, bei dem Anfang April 16 Menschen getötet worden waren. Unter den Toten waren zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarde sowie fünf weitere Mitglieder der Elitetruppe.

In einer Rede sagte Chamenei, dass das „böse Regime“ Israels „bestraft werden muss und bestraft werden wird“. Der israelische Außenminister Israel Katz konterte in einer Erklärung mit den Worten: „Wenn der Iran von seinem Territorium aus angreift, wird Israel antworten und den Iran angreifen.“ Die USA riefen China und andere Staaten dazu auf, den Iran von einem Angriff auf Israel abzuhalten.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) telefonierte am Donnerstag mit ihrem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian. „Wirklich niemand kann Interesse an einem Flächenbrand mit völlig unvorhersehbaren Folgen haben“, sagte sie danach. Von Amir-Abdollahian, der auch mit anderen westlichen Außenministern sprach, hieß es, es gebe eine „Notwendigkeit“ für Teheran, nach dem Angriff auf das Konsulargebäude zu reagieren. Er habe jedoch erklärt, dass der Iran nicht beabsichtige, den Krieg auszuweiten.

Angesichts der zunehmenden Spannungen strich die Lufthansa weitere Flüge in die iranische Hauptstadt Teheran. „Aufgrund der aktuellen Situation setzt Lufthansa nach sorgfältiger Evaluation ihre Flüge von und nach Teheran bis voraussichtlich einschließlich Samstag, 13. April, aus“, teilte das Unternehmen am Donnerstag auf Anfrage mit. Zuvor hatte die Fluggesellschaft ihre Flüge bereits bis Donnerstag ausgesetzt. (afp)

Keine Einigung über UN-Vollmitgliedschaft für Palästinenser

Ein Komitee des UN-Sicherheitsrats hat sich nicht auf eine gemeinsame Reaktion auf einen erneuten Antrag auf eine Vollmitgliedschaft für einen Staat Palästina bei den Vereinten Nationen einigen können. Zwei Drittel der Mitglieder hätten den Antrag befürwortet, fünf hätten Einwände gehabt, sagte die UN-Botschafterin Maltas, Vanessa Frazier, die dem Komitee derzeit vorsitzt, nach einer Sitzung am Donnerstag in New York. Sie werde einen entsprechenden Bericht darüber so bald wie möglich unter den Mitgliedern des Sicherheitsrats verbreiten, hieß es. Dass das Komitee daraufhin eine Abstimmung über den Antrag empfehlen wird, gilt als unwahrscheinlich. Von 193 UN-Mitgliedsstaaten haben bisher 139 Palästina als unabhängigen Staat anerkannt. Deutschland gehört nicht dazu. (dpa)

USAID-Chefin geht von Hungersnot in Gaza aus

Die Leiterin der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) geht davon aus, dass es in Teilen des Gazastreifens bereits eine Hungersnot gibt. Bei einer Anhörung im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des US-Kongresses wurde Samantha Power am Mittwoch danach gefragt, ob diese Einschätzung insbesondere für den Norden des abgeriegelten Küstengebiets zutreffe. Sie antwortete mit „ja“. Damit ist Power laut US-Medien die erste US-Regierungsvertreterin, die öffentlich diese Einschätzung bestätigt.

Die offizielle Einstufung als Hungersnot bedeutet, dass mindestens 20 Prozent der Bevölkerung von extremem Mangel an Nahrung betroffen sind. Zudem leidet mindestens jedes dritte Kind unter akuter Mangelernährung. Durch die Erklärung einer Hungersnot wird zwar keine formelle internationale Reaktion ausgelöst – sie gilt aber als größtes Alarmzeichen für den bevorstehenden Tod Zehntausender Menschen.

Zuvor war Power in der Anhörung auf Medienberichte von Anfang April angesprochen worden, wonach USAID eine entsprechende Warnung mit verschiedenen US-Regierungsstellen geteilt hatte. Power erläuterte, diese Warnung habe auf der sogenannten Integrated Food Security Phase Classification (IPC) beruht. Die IPC-Initiative hat ein mehrstufiges System, nach dem beurteilt wird, wie viele Menschen wie stark von Hunger betroffen sind und wird von den Vereinten Nationen genutzt. (dpa)

Hamas: Feuerpause nötig zum Auffinden von Geiseln

Das Schicksal der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln kann nach Darstellung eines ranghohen Mitglieds der islamistischen Hamas nur während einer Waffenruhe geklärt werden. Teil der Verhandlungen sei es, ein Abkommen über eine Feuerpause zu erreichen, „um genügend Zeit und Sicherheit zu haben, um endgültige und genauere Daten über die gefangenen Israelis zu sammeln“, sagte Basem Naim, Mitglied des Politbüros der Hamas, am Donnerstagabend in einer auf Telegram verbreiteten Stellungnahme.

Die Entführten befänden sich an verschiedenen Orten im umkämpften Gazastreifen und in der Hand von verschiedenen Gruppen. Einige von ihnen lägen auch zusammen mit getöteten Palästinensern „unter den Trümmern“, hieß es. „Wir verhandeln, um schwere Ausrüstung für diesen Zweck zu bekommen“, sagte der Hamas-Funktionär.

Naim reagierte damit auf Fragen von Medienvertretern, ob die Hamas den jüngsten Kompromissvorschlag der USA abgelehnt habe, weil sie in einer ersten Phase eines dreistufigen Abkommens keine 40 Geiseln freilassen könne. Die erste Phase sah nach Medienberichten die Freilassung von Frauen, Soldatinnen, Männern über 50 Jahren sowie von Männern unter 50 Jahren mit schweren medizinischen Problemen vor. In den jüngsten Verhandlungen habe die Hamas aber erklärt, sie habe keine 40 lebenden Geiseln aus diesen Kategorien. Dies ließ Befürchtungen aufkommen, dass deutlich mehr Geiseln tot sein könnten als bekannt. (dpa)

Fehler bei Apple: Palästinensische Flagge bei „Jerusalem“

Der US-Technologieriese Apple will nach eigenen Angaben ändern, dass manchen Nutzern bei der Eingabe von „Jerusalem“ ein Emoji mit der palästinensischen Flagge vorgeschlagen wird. Das Unternehmen machte am Donnerstag einen Softwarefehler dafür verantwortlich. Der Emoji-Vorschlag auf der iPhone-Tastatur sei nicht beabsichtigt und werde mit dem nächsten Update für sein mobiles Betriebssystem behoben, teilte Apple der Nachrichtenagentur AFP mit.

Aufmerksam auf den Fehler gemacht hatte die britische Fernsehmoderatorin Rachel Riley. „Wenn ich die Hauptstadt Israels, Jerusalem, eintippe, wird mir das Emoji der palästinensischen Flagge vorgeschlagen“, schrieb Riley im Onlinedienst X, ehemals Twitter, und forderte den US-Technologieriesen zu einer Erklärung auf.

Die Moderatorin verwies darauf, dass keine Flaggen-Emojis vorgeschlagen würden, wenn andere Hauptstädte eingegeben werden. Mit zweierlei Maß zu messen, wenn es um Israel geht, „ist eine Form von Antisemitismus, der seinerseits eine Form von Rassismus gegen jüdische Menschen ist“, schrieb Riley und fuhr fort, das Emoji mit der palästinensischen Flagge in Verbindung mit Jerusalem tauche seit einem kürzlichen Update auf.

Der Status Jerusalems ist ein großer Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Sowohl Israel als auch die Palästinenser beanspruchen Jerusalem als Hauptstadt für sich – Israel die gesamte Stadt, die Palästinenser den Ostteil Jerusalems. Wegen des ungeklärten Status der Stadt war es lange Zeit diplomatischer Konsens, dass ausländische Staaten ihre Botschaften nicht in der Stadt ansiedeln. (afp)

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3 Kommentare

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  • Scholz hat ja recht, wenn er vor einer Esklation warnt - glaubhafter wäre es allerdings, hätte sich deutsche Regierung dazu durchgerungen, den Angriff auf das iranische Konsulat auch nachdrücklich zu verurteilen. Recht und Moral immer nur von den anderen einzufordern, ist wenig überzeugend.

  • "...erneuten Antrag auf eine Vollmitgliedschaft für einen Staat Palästina bei den Vereinten Nationen..."



    Hmmm... wenn Palästina (das sich ja 1988 als unabhängigen Staat erklärt hat) sich als UN-Mitglied bewirbt, und zwar mit dem Staatsgebiet, das es derzeit hat...



    ...ist damit eigentlich nicht automatisch eine Anerkennung der derzeitigen Grenzen verbunden? Auch ohne dass die Palästinenser einer Zwei-Staaten-Lösung offiziell zugestimmt haben?



    Welche Grenzen das Westjordanland nun genau aufweist, ist zudem ziemlich ungeklärt, oder?



    Dass dieser Staat Palästina, der ja anerkannt werden soll, seit bald zwanzig Jahren in zwei Entitäten zerfallen ist, bildet ein weiteres Problem.

    Ganz ehrlich, ab von politischen Absichten, wie kann real mit sowas umgegangen werden?

    • @Encantado:

      Ein interessanter Gedankengang, jedoch in der Praxis so nicht umsetzbar!



      Die Gründung eines neuen Staates, der international auch anerkannt ist, ist hochkomplex. Schauen Sie sich zb den Kosovo an (obwohl inzwischen mehr als die Hälfte alle Länder ihn inzwischen als Staat betrachten und nicht mehr als Teil von Serbien).