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Verlängerung der MietpreisbremseWohnen bleibt zu teuer

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

SPD und FDP handeln einen Deal aus, der die Mietpreisbremse lediglich um vier Jahre verlängert. Die Senkung der Kappungsgrenze liegt weiter auf Eis.

Miete zu hoch! Die verlängerte Mietpreisbremse wird das Problem weiterhin nicht lösen Foto: Seeliger/snapshot

L ebensrealitäten und die politischen Antworten darauf scheinen sich immer weiter voneinander zu entkoppeln. Die SPD feiert es, dass die Mietpreisbremse, die noch bis Ende 2025 gilt, um vier weitere Jahre verlängert wird. Das sei „eine Kampfansage an überteuerte Mieten“, erklärte die SPD-Bundestagsfraktion. Natürlich ist das Vorhaben begrüßenswert. Man will sich in Zeiten wie diesen, in denen die Mieten munter weiter explodieren, ja gar nicht vorstellen, wie der Markt aussähe, wenn man ab 2025 nach Lust und Laune die Miethöhe festlegen könnte.

Nur: Eine Kampfansage ist das bei Weitem nicht. Es ist nicht mehr als ein längeres Einfrieren des schlechten Status quo. Besser wäre es gewesen, die Mietpreisbremse zu verbessern, denn die wird schon jetzt wegen zahlreicher Ausnahmen ganz zu Recht kritisiert. So gilt sie weder bei Neubauten noch bei aufwendig sanierten Häusern. Mit möbliertem Wohnen und Kurzzeitvermietungen wird die Mietpreisbremse zudem regelmäßig umgangen.

Was die Ampel im Mietrecht nun nach zwei Jahren geschafft hat: Sie will etwas Bestehendes verlängern. Eine Zahl wird durch eine andere ersetzt und das feiert man „als Durchbruch“. Gleichzeitig liegen andere mietrechtliche Vorhaben der Ampelkoalition wie ein verbesserter Kündigungsschutz oder die Senkung der Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent weiter auf Eis. Letzteres Vorhaben würde den Mietenanstieg bei bestehenden Mietverträgen, die unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, verlangsamen.

Buschmanns Blockade ist Arbeitsverweigerung

Relevant ist das auch für Wohnungen, die Jahr für Jahr aus ihrer Sozialbindung fallen. Mie­te­r*in­nen würden davon direkt profitieren. Auch das hätte man priorisieren können, anstatt sich zuerst um etwas zu kümmern, das erst Ende nächsten Jahres ausläuft. Gerade im Mietrecht liegen die Vorstellungen von SPD und Grünen einerseits und FDP andererseits weit auseinander. Die Liberalen sind tradi­tionell für die Abschaffung der Mietpreisbremse.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat das nun auf dem Rücken der Mie­te­r*in­nen zu seinem Vorteil ausgenutzt: Er zögerte die vereinbarte Verlängerung der Mietpreisbremse so lange hinaus, bis er eine Einigung mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorratsdatenspeicherung erzielen konnte. Dass er die anderen Vorhaben weiter blockiert, ist schlicht Arbeitsverweigerung. In der parteipolitischen Verhandlungslogik mögen solche Deals Sinn ergeben.

Aber für Menschen in diesem Land sind sie ein Armutszeugnis. Die Mieten steigen weiter, Menschen sparen sich die Miete vom Mund ab, der viel gepriesene Neubau steckt in der Krise.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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6 Kommentare

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  • Kompakteres Wohnen ... gemeinsame Nutzung (Bäder?) .... hört sich nach Mittelalter an. Weitere Wohnverdichtung zu Lasten von Infrastruktur wie Straßen, Parkplätze, Gewerbe?



    Will das jemand? Eventuell jemand, den Lebensqualität nicht interessiert.

    Die mit Beginn des Industriezeitalters gewählte Gesellschaftsordnung hat das eine oder andere zur Folge. Unter anderem, daß Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Eingriffe der Politik in diese Mechanismen haben noch nie funktioniert. Dilettantische Eingriffe tun das auch nicht.

  • Das Versagen der politischen Kaste darf getrost daran gemessen werden wie gut oder schlecht es ihr gelingt den Besitz in einer Gesellschaft so zu verteilen, dass die Gesellschaft als Ganzes den größten Nutzen davon hat.

    Und jetzt urteilen sie selbst.



    Aber urteilen sie ncht zu hart.

  • Bezahlbare Sozialwohnungen gibt es keine und wird es kaum mehr geben, da fast so viele aus der Sozialbindung fliegen, wie neu gebaut werden. Bauministerin Geywitz versagt vollkommen. Zugleich werden möblierte Wohnungen zu zig Tausenden vollkommen überteuert vermietet. Hinzu kommt die Vermietung von angeblichen Ferienwohnungen in Großstädten, die normaler Wohnraum sind. Sonstige Mieten steigen immer mehr an. Eine wesentliche Konstante der Sozialpolitik ist morsch bis zum geht nicht mehr.



    Gleichzeitig steigen ohne jedliche kritische Diskussion in der Ampel die Rüstungsausgaben ins Gigantische. Z. B. durch Tausende in Litauen stationierte deutsche Soldaten. Wozu braucht es da noch SPD fragen sich viele Stammwähler der SPD. Sie werden die Prozentwerte der SPD bei den Wahlen in Ostdeutschland ins Bodenlose sinken lassen.

  • Wir brauchen auch _kompakteres Wohnen, und damit meine ich nicht eine vierköpfige Arbeiterfamilie auf 50 m², sondern den Flächenfraß der übergroßen Einfamilienhäuser, der Straße, Parkplätze und auch Gewerbeimmobilien.



    Was hilft, wären auch gemeinsame Nutzungen, etwa von Waschmaschinen, ... wären barrierefreie wie bezahlbare kleine Alternativ-Optionen für die allein im Riesenhaus lebende Oma, und das in der Nähe ihrer vertrauten Umgebung. Wer hat den Mut, entsprechend zu steuern?

  • Das greift ja alles viel zu kurz. Die "Mietpreisbremse" war ja nie eine. Und sie zeitlich zu begrenzen, ist auch Nonsense.

    Wohnen muss ein Grundrecht sein und nicht der Profitgier der Vermiter unterworfen werden. Wohnen ist kein Hobby, bei dem man sich entscheiden kann "Ui, ist zu teuer, suche ich mir lieber ein anderes Hobby".

    Gesellschaftlich würde vieles besser werden, wenn Mietwucher tatsächlich abgeschafft würde. Es ist unmöglich, dass Menschen (50% hierzulande) über die Miete mindestens die Hälfte ihres Einkommens einfach abgenommen wird.

    Wenn Menschen sich beschweren, dass sie hart arbeiten, sie aber gleich schlecht stehen wie Bürgergeldempfänger, dann liegt das einerseits an zu niedrigen Löhnen. Andererseites aber liegt es auch daran, das der Staat bei Bürgergeldempfängern über das Wohngeld direkt die Vermieter subventioniert.

    Auch was den Klimawandel angeht. Beim GEG haben alle über die Häuslesbesitzer geredet und ob und wann sie nun eine sinnvolle Heizung einbauen müssen. Die Ärmste, die dazu gezwungen werden sollten, etwas für den Klimaschutz (->Verfassungsrang) zu tun und obendrein vor den zukünftigen hohen Preisen fossilen Heizens geschützt werden sollten. Was dann ja alle anderen Parteien wirksam verhindert haben. Aber an die Mieter hat dabei niemand gedacht. Den Vermietern ist es nämlich komplett egal, wie hoch die Heizkosten sind. Sie geben sie einfach weiter an die Mieter.

    Und wenn sie schon einmalig in eine bessere Heizung/Dämmung investieren, erhöhen sie dauerhaft die Miete dafür. Weil der Wert ja steigt. Und beim Verkauf profitieren sie vom gesteigerten Werte gleich nochmal.

    Mensch Mieter, wann wacht ihr endlich auf? 50% aller Menschen wohnen in Deutschland zur Miete. Sollte das in einer Demokratie nicht mal was bewirken?

  • Licht und Schatten der Mietpreisbremse



    Für viele Mieter ist die Mietpreisbremse essentiell, und sie werden sie verständlicherweise begrüßen.



    Aber leider ist es eben auch so, dass quasi keine Privatperson mehr sein Geld für Mietwohnungsbau investieren wird, Risiko zu hoch, Ertrag zu gering. Jeder selbst konservative Fond bringt mehr sicheren Ertrag, bei weniger Ausfallrisiko.



    Fazit: Die private Hand investiert quasi nicht mehr, die Genossenschaften auch kaum noch, die öffentliche Hand viel zu wenig, die Wohnungsnot wird immer noch größer und noch größer. Das wird so bleiben, so lange die Mietpreisbremse greift.



    Forderungen hört man täglich, es fehlt an Taten.