Baumpflanzaktion in Berliner Wäldern: Da geht mehr für besseres Klima
Eine halbe Million klimaresistenter Setzlingen wurden in Berliner Wäldern gepflanzt. So sollen sie fit für den Klimawandel werden. Aber reicht das?
E in Wohlfühltermin, keine Frage: Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) hat in den Wald zur Pressekonferenz geladen – genauer gesagt in den Stadtforst Köpenick – und verkündet eine frohe Botschaft: In den vergangenen Monaten wurden in den Berliner Wäldern mehr als eine halbe Million Laubbäume gepflanzt. Traubeneichen, Rotbuchen, Winterlinden und Vogelkirschen kamen in den Boden – alles klimaresistente Arten, die mit Trockenperioden besser zurechtkommen als hier vorherrschende Baumarten (wie die Kiefer zum Beispiel). Rund 100 Hektar neuer Mischwald sind den Angaben zufolge entstanden.
Wer wachen Auges in den Wäldern (und auch Stadtparks oder auf Friedhöfen) unterwegs ist, kann auch ohne Fachwissen das Ausmaß der Trockenschäden an den Bäumen leicht erfassen. Viele von ihnen leiden, sind durch die letzten Dürresommer krank geworden und haben Schäden davon getragen, ja, sie kämpfen ums Überleben oder sind längst schon abgestorben und abgesägt.
Das bestätigt die Statistik: Etwas mehr als jeder dritte Baum zeigt laut Umweltverwaltung „deutliche Schäden durch anhaltende Trockenheit“. Die Lage ist also dramatisch. Und wie sich das sehr nasse Frühjahr auswirkt, wird sich erst in Zukunft zeigen.
Laut Berliner Umweltatlas sind fast 20 Prozent des Stadtgebiets von Wald bedeckt. Viel mehr als etwa in Hamburg oder München, wo der Waldanteil bei 5,7 und 5,1 Prozent liegt. Mit den Neupflanzung sollen die Stadtwälder klimaresistenter werden. Seit 2012 wurden laut Umweltverwaltung mehr als vier Millionen standortheimische Laubbäume gepflanzt. Wie viele davon überlebt haben, ist nicht bekannt.
Blinder Aktionismus
Der BUND Berlin kritisierte am Mittwoch die „einseitige Ausrichtung des Berliner Mischwaldprogramms auf die Verkündung einer möglichst hohen Zahl von Baumpflanzungen“ als blinden Aktionismus. Der Umweltverband fordert eine differenzierte und naturnahe Bewirtschaftung: „Anstatt gegen den Wald zu arbeiten, sollte mit ihm gearbeitet werden. Also nicht im großen Stil Kiefern roden, um dann die gewünschte Zahl von Laubbäumen pflanzen zu können.“ Neue Bäume sollten nur dort gepflanzt werden, wo Bäume bereits durch die Folgen des menschengemachten Klimawandels im großen Maße abgestorben sind und keine neuen natürlich nachgekommen sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass Manja Schreiner mitunter vergessen zu haben scheint, dass sie neben den Ressorts Klimaschutz und Umwelt zugleich für Mobilität und Verkehr zuständig ist. Denn das Stadtklima wird ja nicht allein von den Berliner Wäldern bestimmt. Viel kritisiert wurde in letzter Zeit ihre Fokussierung auf den ausufernden Autoverkehr und den präferierten teuren U-Bahn-Ausbau (statt billigerer Tram-Strecken).
Was könnten sie und der Senat stattdessen nicht alles tun: Den Individualverkehr zurückdrängen. Viel mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV und noch besser aufs Fahrrad bewegen – und für die dafür nötige Infrastruktur sorgen. Mehr Straßen und zubetonierte Parkplätze entsiegeln und begrünen. Die bestehenden Brachen schützen. Mehr Geld in Urban-Garding-Projekte stecken. Und wieder öfter die BSR fürs regelmäßige Gießen von Straßen- und Parkbäumen bezahlen – oder Anwohner:innen animieren, das ehrenamtlich zu tun.
Ach, es gäbe so viele Ideen, Berlin fit zu machen für den Klimawandel. Für eine immer heißer werdende Stadt und die damit einhergehenden fatalen Folgen wie Wassermangel, miserable Luftqualität, Hitzeperioden und Hitzetode. Allein neue Bäume pflanzen, das hat auch der BUND zurecht kritisiert, wird den Wald und damit das Klima nicht retten.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen