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Bilanz der Wärmeerzeugnisse 2023Ölboom statt Wärmepumpe

Der Absatz von Öl-Wärmeerzeugern hat sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Das Interesse an Wärmepumpen hat im Laufe des Jahres nachgelassen.

Wärmepumpen werden nur langsam verbaut. Die Heizungsindustrie fordert Aufklärung von der Politik Foto: dpa

Freiburg taz | Die politisch propagierte Wärmepumpe erzielte im vergangenen Jahr in Deutschland unter allen verkauften Gebäudeheizungen nur einen Anteil von 27 Prozent. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Statistik des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hervor. 69 Prozent der abgesetzten Wärmeerzeuger nutzen einen fossilen Brennstoff. Der Absatz an Ölheizungen verdoppelte sich gar gegenüber dem Vorjahr, Gasheizungen legten um 32 Prozent zu.

Der BDH spricht von „Vorzieh- und Sondereffekten“. In der zweiten Jahreshälfte habe „die Debatte um die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und die künftige Förderkulisse für eine gesteigerte Nachfrage bei der Modernisierung von Öl- und Gasheizungen“ gesorgt.

Offenbar wollten viele HauseigentümerInnen mit dem Austausch ihrer Öl- und Gasheizung dem neuen GEG zum Jahresende zuvorkommen, das die Erlaubnis zur Neuinstallation von fossilen Heizungen in den kommenden Jahren sukzessive einschränkt.

So entstand eine Marktdynamik, die den Absatz von Gebäudeheizungen im Jahr 2023 in Deutschland auf den Rekordwert von mehr als 1,3 Millionen Stück katapultierte – das war ein Zuwachs um 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr und zugleich der höchste Stand seit den 1990er Jahren, als eine große Modernisierungswelle die östlichen Bundesländer erfasste.

Gedämpfte Erwartungen für 2024

Seit der Verabschiedung des umgangssprachlich als Heizungsgesetz bezeichneten neuen Regelwerks herrsche nun „endlich Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer“, betont die Branche. Gleichwohl gebe es Verunsicherung, weshalb die Hersteller „eher verhaltene Erwartungen“ hätten für das erste Halbjahr 2024.

Schon im zweiten Halbjahr 2023 habe sich angesichts der politisch aufgeregten Debatte über die zukünftige Rechtslage der Absatz von Wärmepumpen rückläufig entwickelt. Daher fordert der BDH nun gemeinsam mit dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) die Politik auf, zu informieren und „verspieltes Vertrauen“ zurückzugewinnen.

Mit der aktuellen Gesetzgebung wird der Absatz fossil befeuerter Heizungen in Schritten zurückgedrängt. In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern dürfen Hauseigentümer ab Juli 2026 nur noch Heizungen einbauen, die zu 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. In Städten bis 100.000 Einwohner bleiben den Hauseigentümern zwei Jahre mehr für den Umstieg.

Wenn eine Kommune auf der Grundlage eines Wärmeplans entscheidet, in einem Gebiet ein Wärmenetz auf- oder auszubauen oder ein Wasserstoffnetz anzulegen, greift das Neubauverbot für fossil befeuerte Heizungen schon früher. Die bloße Existenz eines Wärmeplans ändert an den Fristen des GEG aber noch nichts. BürgerInnen in den Vorreiterkommunen, die frühzeitig unverbindliche Wärmepläne aufgestellt haben, sollten nicht benachteiligt werden.

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22 Kommentare

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  • Wer ist denn so ... dumm, noch auf Öl zu setzen? Ok, differenzierter: es mag echte Fälle geben, Angstzustände womöglich auch. Aber dass CO2-Schleuder Erdöl obsolet ist, ist bekannt. Dass der CO2-Preis steigt auch.



    Selbst wenn man außer acht lässt, dass Ölverbrennung den Scheichs und Putin hilft. Und dem Klima schadet.

    • @Janix:

      Was haben sie denn in ihrem Haus gemacht und wie teuer war es?

    • @Janix:

      Ob das wirklich so dumm war wird sich zeigen.

      • @Filou:

        Topp, die Wette gilt. Ich hatte Argumente genannt. Was sind Ihre?

        • @Janix:

          Niemand kann in die Zukunft sehen, Sie und ich nicht. Deshalb warten wir es ab.

        • @Janix:

          Naja, wer ausreichend Öl im Keller hat, weiß, dass er damit auch durch den Winter kommt. Und dass ihm niemand die Heizung abstellen bzw. runterregeln kann, wenn es gerade am kältesten ist.



          Stromrationierungen auf 4,2 kW sind ja schon angekündigt.



          Und was das CO2 betrifft: Braunkohlestrom ist ja auch nicht gerade CO2-frei...

        • @Janix:

          Liegt doch auf der Hand: Einbau einer WP ist im Altbau oft aufwendig, wegen Dämmung und Heizkörpertausch etc., bei Upgrade der Ölheizung muss erstmal nur der Kessel getauscht werden für ein paar tausend Euro. Dann ewiges Hickhack um das GEG, von Förderung dagegen kein Wort. Wer erstmal auf der sicheren Seite sein wollte, hat also letztes Jahr die Ölheizung modernisiert, weil ja nicht klar war, ob das 2024 noch möglich ist.



          Der CO2-Preis steigt, ja, aber wenn jemand z.B. für 2000€ pro Jahr Öl kauft, dann kann der Preis sich verdoppeln, und er hat dann 2000€ pro Jahr Mehrkosten, gegenüber einer Investition von z.B. 50.000€ für eine WP + Sanierung, die sofort anfallen. Natürlich ist es besser, ein top gedämmtes Haus und eine super Heizung zu haben, aber das kostet halt auch.

          • @sonicprisma:

            Danke fürs Nachholen, doch mit weniger und weniger Ölheizungen werden nicht nur durch CO2-Bepreisung (endlich) der Brennstoff teurer und CO2-Neutralität (eeeendlich) die Heizung ganz gefährden, es wird auch jedes Jahr die Heizöl-Infrastruktur auf weniger Leute umgelegt. Das kann dann ganz schnell gehen und schmerzen.



            Das CO2-ärmere Gas, sofern ein Anschluss geht, selbst Gas würde ich noch eher verstehen als ernsthaft noch Öl, was ja auch wirklich genau die Falschen fördert.

  • Mit zunehmender Anzahl von Wärmepumpen erscheint es langsam ratsam, an eine Notstromversorgung zu denken.



    Nein, nicht für die Wärmepumpe. Sondern für die Ölheizung. Damit man die bei Netzüberlastung wenigstens zeitweise in Betrieb nehmen kann.

    • @sollndas:

      Sehr witzig!



      Das ist doch absurd. Wenn es die Ukraine fertigbringt, ihre Energieversorgung, trotz der russischen Terrorangriffe, einigermaßen sicherzustellen, dann werden unsere EVU das doch auch hinbekommen. Hoffentlich.

  • Gespräch heute mit Heizungsmonteur, der an meiner 33 Jahre alten Gasheizung eine kleine Reparatur durchführte. Sein letztes Projekt war ein Altbau. Wärmepumpe mit allen notwendigen Begleitmaßnahmen hätte ca. 70000 gekostet. Tatsächlich installiert wurde eine Gasbrennwerttherme + 3 Split Klimageräte im Obergeschoss + Solarkollektoren auf dem Dach für ca. 40000. Damit wird die Vorgabe "65% Erneuerbare" erfüllt.



    Aus dem Wärmepumpengeschäft muss erst die heiße Subventionsluft abgelassen werden. Wie bei E-Autos. Die kosten jetzt ohne Prämie so viel wie vorher mit Prämie.

  • Haberland hat langfristige Gaslieferverträge geschlossen. Wenn nun alle auf Wärmepumpen umsteigen, wer soll dann noch dieses Gas kaufen und verbrauchen? Diese Rationale hat mich dazu veranlasst, unsere 15 Jahre alte Brennwerttherme kürzlich reparieren zu lassen und im Status quo zunächst weiterzumachen.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    was fehlt:



    ist der der steigende Trend zur Fernwärme seit September letzten Jahres. Bereits im Oktober erreichte der der Fernwärmeanschluss bei Neubauten den Wert von mehr als ein Drittel = 33,2% -- im Vergleich zu allen anderen Heizungssystemen.

    Der Einbau von Wärmepumpen bei Neubauten ist von knapp 60% auf 51% gesunken.

    Warum nun das Heizungsgesetz weit unter seinem Wert immer noch kritisiert wird - mehr war nicht möglich - ist schon eine merkwürdige Angelegenheit.

  • Soviel dazu, dass der Bürger schon viel weiter wäre, als die Politik.

    Da eine neue Öl- oder Gasheizung 20 Jahre hält, wird es noch lange eine entsprechende Nachfrage geben. Natürlich wird es aufgrund des CO2 Preises und der reduzierten Fördermengen auch immer teurer werden. Daraus wird ein Schrei nach staatlicher Unterstützung erwachsen und die über-übernächste Regierung wird fossile Brennstoffe subventionieren....

    • @fly:

      DIe Kosten für eine Wärmepumpe sind einfach zu hoch. Letztlich zahlt man 10.000 EUR mehr um dann auf den gleichen Verbrauch zu kommen.



      Und da Deutschland Atomkraft durch Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt hat dürften der CO2 Zuschlag die Energiepreise ebenfalls in die höhe treiben.

      • @Bmit:

        mit dem richtigen Konzept und einem fairen Angebot zahlen sie nicht mehr und verbrauchen garantierbare 30 % weniger. Aber es gibt eben wenige Hei(n)zis die ihnen das so anbieten, warum auch wenn`s andersrum leichter Geld verdienen lässt. Andere Branchen machen es doch vor; Auto, Banken, Versicherungen.

    • @fly:

      Die Buerger sind weiter und haben keine Lust im Winter mit Kohle(strom) zu heizen, das ist so 19. Jahrhundert.

      Waermepumpen sind wegen zu hoher Strompreise nicht wettbewerbsfaehig (Zitat TAZ-Artikel "Noch schnell eine Gasheizung").

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @elektrozwerg:

        Der Strompreis in den letzten 10 Jahren (zwischen 2010 und 2020) ist – bis auf kleine Ausreißer 2013, 2015 und 2016 – kontinuierlich gestiegen. Lag er 2010 noch bei durchschnittlich 23,69 ct/kWh (Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh), liegt er zu Beginn des Jahres 2020 bereits bei 31,37 ct/kWh und erreichte seinen Höhepunkt kurz nach Beginn des Ukrainekrieges.

        Strompreis aktuell am 20.02.2024 bei Abschluss eines neuen Vertrages:



        25,4 cent/kwh - also 1,7 cent teurer als



        im Jahr 2010.

        • @06438 (Profil gelöscht):

          Wo bekommen Sie Strom für 25,4 ct/kWh?



          Ich bezahle 34,9 ct/kWh. Dazu kommen 8 Abgaben, Umlagen und die Stromsteuer. Macht am Ende 45,8 ct/kWh.



          Dazu kommt, dass mein Stromversorger den günstigen Tarif für Wärmepumpen ersatzlos gestrichen hat.

  • Ist doch kein Wunder..



    Hab gerade (wegen Förderung usw..) ein Angebot zum erneuern meiner Wärmepumpe von 2008 (Preis 9600 Euro) erhalten.Mittlerweile kostet eine von der Technik identische Pumpe 17900 Euro!!



    Ein Ölkessel mit Brenner geht für unter 5000 über die Theke. Andererseits ernte ich ungläubiges Staunen wenn ich über meinen Verbrauch( bei Null Wartungskosten) berichte.

  • Wir betreiben seit mittlerweile 15 Jahren eine Wärmepumpe, die mit Erdwärme betrieben wird. Sie funktioniert gut, billig ist das aber auch nicht und sie wäre keinesfalls für einen nicht gut isolierten Altbau geeignet. Eine bedingte Weiterempfehlung also. Die Marktreaktion auf das Gesetz ist aus meiner Sicht nachvollziehbar: immer wenn mit Verboten gedroht wird, suchen sich die Leute Schlupflöcher und Schleichwege, wie sie diese umgehen können. Besser wäre ein positiver Ansatz, bei dem es weniger Druck und mehr Motivation gibt. Das klappt doch meistens am Ende viel besser.