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Extremes WetterAmazonas-Dürre durch Klimawandel

Der latein­amerikanische Regenwald hat 2023 extrem gelitten. Das steht nachweislich mit Treibhausgas-Emissionen in Verbindung.

Wegen der Dürre im Amazonasgebiet müssen die Menschen mit Wasserlieferungen unterstützt werden Foto: Bruno Kelly/reuters

Berlin taz | An manchen Tagen schimmerte es rosa an der Oberfläche des brasilianischen Lago Tefé im Amazonas-Becken: Teilweise trieben Dutzende pinke Flussdelfine auf einmal regungslos an der Wasseroberfläche oder wurden auf die ausgetrockneten Ufer gespült. Das heiße und zurückgehende Wasser brachte ihnen den Tod. Mehr als 150 der seltenen Tiere starben.

Von Juni bis Dezember des vergangenen Jahres herrschten im lateinamerikanischen Amazonas-Becken brutale Hitze und Dürre. Es regnete wenig, durch die intensive Wärme verdunstete außerdem viel Wasser. Auch die menschlichen An­woh­ne­r*in­nen waren beeinträchtigt. Die Flüsse waren so flach wie teils seit 120 Jahren nicht. Das hat den Bootsverkehr eingeschränkt, den Zugang zu Trinkwasser, die Landwirtschaft, die Fischerei, den Handel.

Jetzt ist klar: Das extreme Wetter hängt damit zusammen, dass der Mensch die Erde mit seinen Treibhausgas-Emissionen aufgeheizt hat, durch Kohlestrom, Gasheizungen, Autos und Co. Der Planet ist im Schnitt schon um 1,2 Grad wärmer als vor der Industrialisierung. Das hat die Amazonas-Dürre stark begünstigt, nämlich 30-mal wahrscheinlicher gemacht. Zu diesem Ergebnis sind Wis­sen­schaft­le­r*in­nen der Initiative World Weather Attribution in einer Studie gekommen.

Vereinfacht gesagt vergleichen die Forschenden durch den Einsatz von Klimamodellen die reale Welt mit einer, in der es die menschengemachten Treibhausgase nicht gibt. Dann gucken sie, ob das aufgetretene Wetterereignis in der einen Welt wahrscheinlicher war als in der anderen. Den Unterschied kann man dann dem Klimawandel zuschreiben.

Auch El Niño macht die Region trocken

Die einzige Ursache für ein bestimmtes Wetterereignis ist er trotzdem nie. Ein wichtiger Faktor ist aktuell beispielsweise auch das natürliche Wetterphänomen El Niño. Dabei verändern sich Strömungen im Pazifik, was sich weltweit auf das Klima auswirkt, und zwar erhitzend. Der El Niño tritt alle paar Jahre im Wechsel mit seinem kühlenden Gegenstück La Niña auf – auch jetzt gerade.

Dass das Amazonas-Becken währenddessen trockener ist, ist normal, aber der Einfluss des natürlichen Vorgangs auf die Dürre von 2023 ist laut World Weather Attribution bedeutend kleiner als die des Klimawandels.

Auch in einer um 1,2 Grad erhitzten Welt ist die extreme Dürre, die der Amazonas gerade hinter sich hat, noch ein außergewöhnliches Ereignis. Bliebe es bei der globalen Temperatur, wäre eine solche Trockenphase alle 100 Jahre zu erwarten. Nur steigen die Temperaturen ja weiter. Bis Menschen aufhören, fossile Kraftstoffe zu verbrennen, würden sich Dürren im Amazonas-Becken weiter verschärfen und häufiger werden, warnen die Wissenschaftler*innen.

„Besorgniserregend“ findet das die Klimaforscherin Friederike Otto, die am Imperial College in London forscht und World Weather Attribution mit aufgebaut hat.

„Der Klimawandel und die Abholzung zerstören jetzt schon Teile des wichtigsten Ökosystems der Erde. Wenn wir weiter Öl, Gas und Kohle verbrennen, werden wir bald eine Erderhitzung von 2 Grad erreichen und solche Amazonas-Dürren alle 13 Jahre erleben“, warnt sie. „Es hat sich auch 2024 nicht verändert: Wir haben die Wahl, weiter Leben zu zerstören, indem wir fossile Kraftstoffe verbrennen, oder eine gesunde, lebenswerte Zukunft zu sichern, indem wir sie schnell durch erneuerbare Energien ersetzen.“

Der Amazonas-Regenwald gilt als Lunge der Erde. Dort sind große Mengen an Kohlenstoff gebunden und es wird viel Sauerstoff produziert. Die Gesundheit des Ökosystems ist deshalb nicht nur vor Ort, sondern für die ganze Erde wichtig. Durch die Klimakrise droht der Regenwald zur Savanne zu mutieren.

Bedroht ist der Amazonas auch durch jahrzehntelange massive Abholzung, besonders in Brasilien. Nach Angaben der Regierung des Landes ist die Rodung aber im vergangenen Jahr immerhin zurückgegangen. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat angekündigt, den Wald – anders als sein Vorgänger Jair Bolsonaro – besser schützen zu wollen.

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3 Kommentare

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  • Lokale Abholzung war sicher auch nicht förderlich.



    Bolsonaro war aber ein innerbrasilianisches Problem.

  • Währenddessen saufen an der Amazonasmündung die Küstendörfer ab.

    In Warmperioden bildet sich am Äquator ein neuartiger Wüstengürtel, während die feuchten Tropen sich aufspalten und polwärts wandern; deswegen die Dürre im Inland.

    Dieses Phänomen einer konvektiven ariden Zone am Äquator war bislang nur anhand einiger Inseln im Pazifik erkennbar, die technisch in den Innertropen liegen aber dennoch eine Art Wüstenklima haben. Und natürlich anhand von Sedimentgesteinen aus dem Mesozoikum.

    Wobei allerdings aus topographischen Gründen das Amazonasbecken auch bei globaler Abkühlung zu einer Halbwüste wird. Der Amazonasregenwald, wie wir ihn kennen, ist kein sonderlich altes oder beständiges Ökosystem, sondern das Gebiet oszilliert ökologisch regelmäßig zwischen einem sehr nassen und einem sehr trockenen Extrem (unter ner dünnen Humusdecke ist dort quasi Wüstensand); ob dieser dichte Wald viel älter als rund 10.000 Jahre ist, ist nicht gut untersucht, aber bis zu dieser Zeit gab es dort noch massenweise Megaherbivoren. Ob die indigenen Zivilisationen zB am Xingu, deren überwucherte Relikte man kaum mehr erkennen kann, im dichten Regenwald lebten, oder eher in einer Art "Parklandschaft", und sich die geschlossene Bewaldung erst *nach* ihrem Untergang entwickelte ist eine interessante Frage.

    Für Flora und Fauna ist das *theoretisch* - insofern dass alles was dort lebt mit dieser Dynamik evolviert ist - alles kein so großes Problem. Solange die Populationen in für sie klimatisch günstigere Refugien migrieren können. Und hier wird es dann kritisch, denn diese Refugien sind heutztage oft durch Rodung und Siedlungsbau isoliert oder zerstört.

    Und für die Menschen dort ist es so oder so eine existenzielle Bedrohung.

    Dass der Atlantik, wenn "wir" (d.h. der Kapitalismus/Fossilismus) so weitermachen, auf absehbare Zeit fast bis Manaus vordringen wird (das Innere des Amazonasbeckens ist wie eine riesige extrem flache Wanne), ist dann noch mal eine andere Sache.

    Wer bezahlt?

    • @Ajuga:

      Die Menschen vor Ort zahlen mit ihrem Leben oder mit allem was sie besitzen.

      Ob wir dann noch genug Geld haben für Hilfen, wenn es auch in Europa ungemütlich wird ... ich glaube warme Worte, ein paar kleine Hilfspakete und ein Kredit von der Weltbank wird das Maximum.

      Wir brauchen das Geld noch für die Zäune und um Despoten zu schmieren, die nicht so nervige Menschenrechte beachten müssen.

      Damit die Klimaflüchtlinge bloß nicht auch noch herkommen.