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Der Westen, Russland, die UkraineEndlich Diplomatie wagen

Der Krieg ist für die Ukraine und den Westen nicht zu gewinnen, ein Flächenbrand droht. Es ist Zeit für Verhandlungen und einen Waffenstillstand.

Verhandlungen sind überfällig Illustration: Katja Gendikova

E in Großteil der etablierten Medien und der demokratischen politischen Parteien in Deutschland geht davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht verhandeln will und wir auch nicht verhandeln sollen; man müsse ihn politisch und militärisch in die Enge treiben; er sei ein revisionistischer Imperialist, den man niederringen muss, sonst hätten wir ihn bald in Deutschland – eine Beschwörung, wie wir sie aus den Hoch-Zeiten des Kalten Kriegs kennen.

Denn diese einigermaßen simplen Annahmen sind durch das reale Verhalten der russischen Streitkräfte, wie wir es nun seit knapp zwei Jahren beobachten, nicht gedeckt. So brutal der Angriff zweifellos erfolgt ist – ein revisionistischer Imperialist würde anders handeln. Viel eher ist anzunehmen, dass der Anlass des Krieges auch mit der Eskalation zwischen der Ukraine und Russland im Vorlauf des Krieges und auch mit der wachsenden Beteiligung von Nato-Mitgliedstaaten an der Aufrüstung, Ausbildung und Manöverbeteiligung in den Monaten und Jahren vor dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands zu tun hat.

Ein Blick zurück: Am 24. März 2021 hatte der ukrainische Präsident Selenski mit dem Dekret Nummer 117 den Auftrag zur „Deokkupation“ und zur „Wiedereingliederung“ der Krim und der Stadt Sewastopol erteilt. Im August des Jahres schloss die ukrainische Regierung mit den Vereinigten Staaten einen Vertrag über eine militärische ­Zusammenarbeit. Im September wiederum fanden in der Ukraine Nato-Manöver unter ukrainischer Beteiligung – auch der Bundeswehr – statt. Im November des gleichen Jahres wurde ein Vertrag über eine strategische Partnerschaft geschlossen.

Als Antwort auf die von Russland als Provokationen verstandenen Aktionen bot Russland im Dezember 2021 der Nato und den USA einen Vertragsentwurf mit Vorschlägen für Sicherheits­garantien für beide Seiten an, um einen Nato-Beitritt der Ukraine noch zu verhindern. Diese Vorschläge wurden nicht einmal diskutiert, sondern abgelehnt.

Russland hat wie jeder souveräne Staat legitime Sicherheitsinteressen: zum einen ein Aufrechterhalten des nuklearstrategischen Gleichgewichts mit den Vereinigten Staaten, zum anderen ein konventionell-nukleares Gleichgewicht mit der Nato auf dem europäischen Kontinent. Die einseitige Kündigung wichtiger Rüstungskontrollabkommen seit 2001 durch die Vereinigten Staaten – wie den INF-Vertrag oder den Vertrag über den „Offenen Himmel“ – verstand die russische Führung als Versuch, das durch Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge sorgsam ausbalancierte Gleichgewicht zu ihren Ungunsten zu verändern.

Als besonders bedrohlich sehen sie die 2002 erfolgte einseitige Kündigung des ABM-Vertrages über die Begrenzung antiballistischer Raketenabwehrsysteme an. Der Vertrag war ein Rüstungskontrollvertrag zwischen den USA und der Sowjet­union zur Begrenzung von Raketenabwehr­systemen. Zur Begründung erklärte die US-Regierung: „Heute ist unser Sicherheitsumfeld grundlegend anders. Der Kalte Krieg ist vorbei. Die Sowjetunion existiert nicht mehr. Russland ist kein Feind, sondern verbündet sich in immer mehr entscheidenden Fragen zunehmend mit uns.“

Michael von der Schulenburg

arbeitete 34 Jahre lang in verschiedenen Friedens- und Entwicklungs­missionen der Vereinten Nationen und der OSZE.

Inzwischen wurde das ballistische Raketenabwehrsystem der Nato BMD – „Ballistic Missile Defense System“ – mit Systemen amerikanischer Herkunft in Polen und Rumänien stationiert. Russland befürchtet, dass damit seine interkontinentalstrategischen nuklearen Zweitschlagssysteme ausgeschaltet und die nukleare Abschreckung wirkungslos werden könnten. Das System des ausgewogenen nuklearstrategischen Gleichgewichts aus Offensiv- und Defensivsystemen hatte bisher gut funktioniert, und wir Europäer haben das größte Interesse daran, nicht noch einmal in den nuklearen Abgrund blicken zu müssen, so wie 1962 während der Kubakrise. Zwei besonnene Staatsmänner – Kennedy und Chruschtschow – hatten durch Vernunft einen Interessenausgleich und dadurch einen Weg aus der Gefahr gefunden. Die Ukraine hat für Russland einen ähnlichen Stellenwert wie Kuba für die Vereinigten Staaten. Die strategische Konstellation ist durchaus vergleichbar.

Hinzu kommt: Der deutschen Öffentlichkeit ist die reale Chance auf einen frühen Friedensschluss wenige Wochen nach Beginn des Angriffskriegs nicht angemessen zur Kenntnis gebracht worden. Im März 2022 war zwischen der russischen und der ukrainischen Delegation in Istanbul bereits ein Abkommen paraphiert worden. Das Abkommen scheiterte an der Blockade Großbritanniens und der Vereinigten Staaten. Zugleich ist in Deutschland, mehr als in anderen westlichen Öffentlichkeiten, die Debatte auf ein entweder „Ihr seid für uns“ oder „Ihr seid gegen uns“ verengt und folgt damit eher dem aggressiven Kriegs­theoretiker Carl Schmitt.

Mutlosigkeit und Nibelungentreue

Fast zwei Jahre nach dem völkerrechtswidrigen und brutalen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine und damit dem Beginn des größten und gefährlichsten Kriegs auf europäischem Boden seit den beiden Weltkriegen gilt es, sich endlich ernsthaft und aktiv um einen Waffenstillstand und um Verhandlungen zu bemühen, kurz: Diplomatie zu wagen. Bisher ist der Schritt zu Verhandlungen aus einer Mischung von Mutlosigkeit, falscher oder gar blinder Nibelungentreue zu dem, was jeweils aus den Vereinigten Staaten kam, nicht erfolgt.

Hajo Funke

war Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin. Er unterstützte das „Manifest für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht.

Verhandlungen sind angesichts der existenziellen Gefahr für die Ukraine überfällig. Denn die Ukraine ist in unmittelbarer Gefahr, eine militärische Niederlage zu erleiden, auch wenn immer noch ein Teil der öffentlichen Meinung darauf pocht, dass die Ukraine siegen werde, wenn nur dieses oder jenes mehr an Waffen (immer sind es angebliche Gamechanger) geliefert wird. Dies entspricht schlicht nicht den Tatsachen; es gleicht einer Realitätsverweigerung. Die Spatzen pfeifen es in Washington und in Kiew von den Dächern, dass die Gegenoffensive vom Sommer 2023 gescheitert ist. Inzwischen droht das seit Langem bestehende Patt sich zu Ungunsten der Ukraine zu verändern.

Mehr noch: Der Ukraine gehen die Gelder, die Waffen und die Soldaten aus. Die Ukraine ist nahezu ausgeblutet. Mehr als die Hälfte der in der Ukraine Lebenden ist von Unterstützungsgeldern abhängig. Die Vereinigten Staaten wie die EU blockieren große Summen, die für den Erhalt der Kernfunktionen der Ukraine, vor allem aber auch für ausreichend Munition und Verteidigung geplant waren. Auch in der Ukraine sinkt offenbar die Bereitschaft, den Krieg auf längere Dauer fortzusetzen, wie dies lange Zeit der ukrainische Präsident propagiert hatte. Inzwischen steht er damit im eklatanten Widerspruch zu der realen Lage an der Front; erhebliche Konflikte zwischen ihm und seiner militärischen Führung sind zuletzt offenbar geworden.

Dieser Krieg ist von keiner der Konfliktparteien zu gewinnen. Er hätte abgewendet und frühzeitig beendet werden können

Zehntausende ukrainische Soldatinnen und Soldaten sind als Kanonenfutter missbraucht worden, indem sie in der Anfang Juni begonnenen Gegenoffensive gegen gut ausgebaute, tief gestaffelte russische Verteidigungsstellen ohne jegliche Erfolgsaussichten eingesetzt wurden. Jetzt fordert das ukrainische Militär, dass sie in einer weiteren Mobilisierungswelle durch rund 500.000 neue Soldaten aufgefrischt werden; jene Ukrainer, die sich dem Dienst mit der Waffe entzogen haben, sollen aus dem Ausland mit Sanktionen zurückgeholt werden.

Zurück zu einer Friedensordnung

Dieser Krieg ist von keiner der Konfliktparteien zu gewinnen. Er hätte abgewendet und frühzeitig beendet werden können. Er führt nur zu mehr Zerstörungen und zu unermesslichem menschlichen Leid. Das sinnlose Sterben muss ein Ende haben. Jürgen Habermas hatte in der Süddeutschen Zeitung vor knapp einem Jahr aus politisch-moralischen Gründen vor dieser Eskalation gewarnt. Diesem düster apokalyptischen Szenario etwas entgegenzusetzen, hängt von dem politischen Willen der Zuständigen, aber auch der Öffentlichkeit ab.

Es ist im existenziellen Interesse der Ukrainerinnen und Ukrainer, aber ebenso der Europäerinnen und Europäer. Denn eine solche schwärende Kriegswunde mitten in Europa für einen längeren Zeitraum, die jederzeit wieder aufbrechen kann – daran könnte selbst Europa verbluten. Europa muss den Weg zurück zu einer gesamteuropäischen Friedens- und Sicherheitsordnung finden, auf die sich in der Charta von Paris alle europäischen Staaten sowie die USA und Kanada vertraglich verpflichtet hatten.

Inzwischen sind die allzu bellizistischen Stimmen eines „Jetzt erst recht“ und die Anhänger der „Gamechanging“-Theorie merklich stiller geworden. Demokratische Parteien dürfen in ihrer Betonung der Verteidigungsfähigkeit nicht weiterhin ernsthafte friedenspolitische Initiativen den Falschen überlassen. Nach einer Umfrage der Körber-Stiftung vom November 2023 soll für rund drei Viertel der Befragten und für eine Mehrheit in allen demokratischen Parteien das deutsche Engagement in der Außenpolitik „vorwiegend diplomatischer Natur“ sein. „Nur zwölf Prozent setzen auf mehr militärisches und neun Prozent auf mehr finanzielles Engagement, zitierte die FAZ die Befragung.

Verhandlungen sollten im primären Interesse der Ukraine und Europas sein, wozu bereits Vorschläge aus dem Globalen Süden, unter anderem aus Brasilien, Südafrika und China unterbreitet worden sind. Ein Frieden ist ohnehin nicht gegen, sondern nur mit Russland möglich – denn Russland bleibt allein schon geografisch gesehen unser Nachbar. Deshalb brauchen wir dringend eine Initiative führender europäischer Mächte, etwa von Frankreich und Deutschland.

Sie sollten unter Einbeziehung von Ländern des Globalen Südens – die ebenfalls ein massives Interesse an der Beendigung eines auch ökonomisch desaströsen Kriegs haben – den zweiten Jahrestag dieses Kriegs zu einer neuen Verhandlungsini­tiative nutzen. Will man nicht einen permanenten Krieg mit einer immer weiter getriebenen Schwächung und letztlich Zerstörung Europas hinnehmen, ist Verhandeln ohne Alternative.

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21 Kommentare

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  • "So brutal der Angriff zweifellos erfolgt ist – ein revisionistischer Imperialist würde anders handeln."



    Steile Behauptung. Nämlich wie?

  • Worüber soll denn verhandelt werden? Die Rückgabe der besetzten Gebiete? Reparationen für die Schäden in der Ukraine. Entschädigungen für die gefallenen Soldaten und ermordeten Zivilisten? Damit würdePutin politischen Selbstmord begehen!

  • "März 2022 war zwischen der russischen und der ukrainischen Delegation in Istanbul bereits ein Abkommen paraphiert worden. Das Abkommen scheiterte an der Blockade Großbritanniens und der Vereinigten Staaten. "

    Da scheiterte nichts an irgendeiner Blockade Großbritanniens und der Vereinigten Staaten.

    Beide Staaten waren bei den Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland nicht am Verhandlungstisch. Russland war zu dem Zeitpunkt bereits in die Ukraine einmarschiert und wollte schlicht nicht mehr abziehen.

    Die Verhandlungen waren seitens Russlands nur die bekannten hohlen Worte wie zuvor ohne dem auch nur irgendwelche Taten folgen zu lassen.

  • "Demokratische Parteien dürfen in ihrer Betonung der Verteidigungsfähigkeit nicht weiterhin ernsthafte friedenspolitische Initiativen den Falschen überlassen. "

    Gehts auch konkreter? Es werden keine Namen genannt, keine Organisationen und Länder. Allgemein ist auch im Westen eher eine Kriegsmüdigkeit zu beobachten. Das Reden von "den Falschen" hat in der unbestimmten mit allem möglichen füllbaren Form mehr den Charakter einer Verschwörungstheorie als das es eine konkrete greifbare Aussage ist.

  • Wir tun immer so es "In der Hand zu haben". Dem ist nicht so. Wir vermeiden. Sonst nichts.

    Putin zeigt uns das er sich einen Teufel um "Sanktionen" schert. Aus Angst vor ihm wagt man es nicht die Ukraine deutlicher zu Unterstützen.



    Wir haben zwei Möglichkeiten:



    Weiterhin auf Zeit zu spielen und die Ukraine mit ihren Bürgern für "Unseren" Frieden zu opfern, oder klarzumachen das es auch für Machthaber wie Putin Grenzen gibt. Grenzen die auch ihm einen Preis abverlangen.



    Das Putins Armee verwundbar ist zeigt sich schon seit den ersten Tagen. Mut und Entschlossenheit ist gefordert. Für die Ukraine und Europa.

    Das geht schon im Sicherheitsrat los. Jedes mal wenn Nebensjia oder Lawrow mit ihren Lügen vor die UN Versammlung treten würde ich die Bilder aus Butscha und den Rest der "Militärisch bekämpften Ziele" auf die Leinwand projizieren.

    Dieses widerwärtige Gebaren dieser beiden Putin Schergen ist eine Beleidigung der UN Vollversammlung.

  • Ich kann es nicht freundlicher formulieren: das ist Unsinn! Russland betreibt seit Jahren eine aggressive Strategie dauernder Einmischungen inklusive kriegerischer Interventionen. Das Beispiel Syrien zeigt ganz deutlich, dass dabei nicht Sicherheitsinteressen ausschlaggebend sind, sondern dass Länder zu Geiseln gemacht werden, damit der so gewonnene Einfluss den nächsten Angriff absichert. Putin hält permanent alle Konflikte am köcheln, an echten Lösungen ist er erkennbar nicht interessiert. Ein Flächenbrand droht nicht jetzt, jetzt hat Putin ja genug zu tun, der Flächenbrand droht im Gegenteil genau als Konsequenz eines Erfolgs des Angriffskrieges.

  • Den "Wir-müssen-mit-Putin-verhandeln"-Aktivisten seien die Worte Winston Churchillls nahegelegt: "Ein Appeaser ist jemand, der ein Krokodil in der Hoffnung füttert, dass es ihn selbst erst ganz zum Schluss verschlingen möge."



    1. Die Ukraine ist ein souveräner Staat mit völkerrechtlich anerkannten Grenzen. Darüber gibt es nichts zu verhandeln. Diese Souveränität sollte der Westen mit allen Mitteln UNTERHALB der nuklearen Schwelle zu verteidigen helfen.



    2. Russland selbst hat 1993 mit dem Budapester Memorandum für die Sicherheit der Ukraine garantiert, im Gegenzug gab die Ukraine ihre Nuklearwaffen auf. Es hat sich längst gezeigt, dass dies ein großer Fehler war. Eine nuklear bewaffnete Ukraine hätte Putin wohl nicht überfallen.



    3. Die Ukraine hat das Recht, selbst zu entscheiden, an welche Bündnisse und Organisationen sie Beitrittsgesuche richten möchte. Da muss sie nicht erst in Moskau um Erlaubnis fragen. Russlands Sicherheitsinteressen sind das eine, aber Putins Aggression speist sich nicht aus dem Bedürfnis nach Sicherheit, sondern aus neo-imperialistischem Expansionsstreben ("russische Erde einsammeln").

  • Danke für diesen längst überfälligen Artikel.

  • Das ist alles sehr gut beschrieben und dargelegt. Gerade den Anfang finde ich sehr aufschlussreich und war mir in der Klarheit nicht bewusst.

  • "Im März 2022 war zwischen der russischen und der ukrainischen Delegation in Istanbul bereits ein Abkommen paraphiert worden. Das Abkommen scheiterte an der Blockade Großbritanniens und der Vereinigten Staaten."

    Es waren die Bilder aus Butscha, die zu einem Ende der Verhandlungen geführt haben. Die Geschichte, dass "der Westen" ein Abkommen verhindert hätte, ist vor allem Propaganda der Russen, die von Frau Zarenknecht wiederholt wird.

  • Hajo Funke verdreht hier mit pseudohistorischen Unterbau die Fakten. Russlands Sicherheitsinteressen wurden nie durch die NATO Osterweiterung gefährdet. Putin weiß das im Gegensatz zu Hajo Funke. Die einzige Gefahr, vor der sich die russischen Imperialisten fürchten, ist die Eigendynamik der freiheitlichen demokratischen Ordnung. Immer wieder erstaunlich, dass ausgerechnet linke Akademiker so sehr für die Propaganda imperialer Diktatoren empfänglich sind, wenn diese denn nur gegen die westliche Wertegemeinschaft gerichtet sind.

  • PS: Und ebenso vermisse ich in dem Beitrag eine Diskussion über die Art Kriegsführung Russlands, insbesondere über die mit weitreichenden Flugkörpern, welche sich vorrangig gegen die zivile Infrastruktur der Ukraine richtet und somit nicht für einen Krieg aus "Sicherheitsinteressen" spricht, sondern doch für einen aus imperialistischen Gründen.

  • Durchaus ein beachtenswerter Standpunkt. Allerdings vermisse ich in dieser Diskussion einiges, z. B. den Teil zur politischen Situation in Russland und der Geisteshaltung der russischen Führung und Oberschicht (Stichworte: Kleptokratie, Diktatur etc.), die möglicherweise auch Ursachen für den Angriff auf die Ukraine sind.

  • Warum spricht man immer von erfüllten Sicherheitsinteressen? Niemand wird Russland angreifen.

    Warum spricht man nicht von prekären Sicherheitsinteresse? Länder in Osteuropa und Kaukasus wurden jahrzehntelang von Russland besetzt, unterdrückt und einige von ihnen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs angegriffen

    Wessen Sicherheit ist hier durch wen bedroht?

    Und was hier auch nicht steht: worüber verhandeln? Dass Russland einen Teil der Beute behalten darf? Welches Signal sendet das?

    Richtig ist aber, dass eine militärische Lösung nicht in Sicht ist. Ich spinne mal herum: Russland bekommt die Krim, aber nicht als Beute, sondern als Kauf. Im Gegenzug: um eine besonders prominente Nachahmung zu verhindern, gibt Russland Sicherheitsgarantien an Taiwan. Um eine Wiederholung zu vermeiden, wird die Ukraine in die Nato aufgenommen. Und Russland zahlt Wiederaufbau sowie Hinterbliebenen- und Invalidenrenten.

    • @Ciro:

      Endlich formuliert mal jemand eine vernünftige Verhandlungsgrundlage. Darum drücken sich ja die "Diplomatie!"-Schreiers immer herum.

  • Russland kann jederzeit auf Verhandlungen drängen, einseitig die Kampfhandlungen einstellen, sich aus der Ukraine zurückziehen. Das ist das Eine. - Das Andere ist, dass die Autoren nicht zu erkennen geben, ob sie Putins Äußerungen zum Überfall, zu seinen Kriegszielen und Gedanken zu ukrainischer Nation, Kultur und Eigenständigkeit zur Kenntnis genommen haben. - Und klar: auch dieser Krieg wird durch Verhandlungen beendet werden.

  • Skurril. Haben sich die beiden Autors seit den Tagen der ersten Richard-David-Alice-Zarenknecht-Aufrufe und offenen Briefe irgendwo eingeschlossen und jeglichen Medienkonsum verweigert, um jetzt, 15 Monate später, wieder aufzutauchen und mit genau derselben abgedroschenen Mischung aus längst widerlegten fake news, gründlich geklärten Missverständnissen und offener Putin-Propaganda weiterzumachen?



    Nein, Putin und seine Entourage haben sich zu keinem Zeitpunkt durch die USA oder wen auch immer im Westen bedroht gefühlt, ganz im Gegenteil, und nein, der ukrainische Unterhändler hat aus der überraschend netten Verhandlungsatmosphäre leider nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Es ist sehr viel Substanzielles dazu gesagt und geschrieben worden, es ist einfach ermüdend, wenn Leute aus ideologischer Verbohrtheit einfach dichtmachen und dann immer wieder dieselbe dünne Suppe einschenken wollen.

  • Hat ja auch bei Hitler super funktioniert mit dem Verhandeln.

    Wann verstehen eigentlich die „Verhandler“, dass Putin nicht verhandeln möchte und dass die Ukraine als eigenständiger Staat selbst entscheiden kann, welchen Bündnissen sie beitreten möchte?

    Die völkerrechtswidrige Besetzung der Krim muss rückgängig gemacht werden. Die Grenzen der Ukraine sind nicht verhandelbar. Wenn sich Angriffskriege wieder lohnen in Europa, dann werden diese auch geführt werden.

    Wer Putin nachgibt, der gibt sich selbst auf und wird am Ende dafür teurer bezahlen.

    Nur weil man selbst Krieg nicht gut findet heißt das leider nicht, dass Aggressoren wie Putin das auch so sehen. Das zu verstehen is aber leider vielen nicht möglich.

    Wer dem Aggressor nachgibt, wird am Ende durch den Aggressor sterben.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Das denke ich auch oft: Russlands Nachbarn sind souveräne Staaten und können beitreten, ob und wo sie wollen. Da hat auch Russland nichts reinzureden.

      • @Ciro:

        "Das denke ich auch oft: Russlands Nachbarn sind souveräne Staaten und können beitreten, ob und wo sie wollen. Da hat auch Russland nichts reinzureden."



        Zumal Russland im Fall der Ukraine bereits zugesagt hat, dass diese frei ist eventuelle Bündnisse mit wem auch immer einzugehen - einschließlich der NATO.



        Wird gerne verschwiegen.

  • Ich würde mich auch freuen, wenn die Russen gegenüber ihren Nachbarvölkern mehr Diplomatie wagen würden. Leider setzen sie aber weiterhin auf koloniale Abhängigkeiten. Das ist das Grundproblem nicht nur im Krieg mit der Ukraine.