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Reform der Agrarsubventionen gefordertStaatsknete für Umweltleistungen

Subventionen sollen Bauern nur noch für Öko- und Tierschutzleistungen bekommen, so Umweltschützer. Ein EU-Beitritt der Ukraine erhöhte den Druck.

Subventionen nicht mehr nach Fläche: Maisernte in Schleswig-Holstein Foto: Marcus Brandt/dpa

Berlin taz | Deutschlands größte Umweltverbände verlangen, dass die Landwirtschaft EU-Agrarsubventionen nur noch bekommt, wenn sie mehr für Natur, Klima oder Tierschutz leistet. Statt das Geld wie bisher überwiegend nach Fläche zu zahlen, solle es ab 2028 für „eine einkommenswirksame Honorierung klar definierter Leistungen der Bäuerinnen und Bauern im Bereich des Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutzes“ eingesetzt werden. So heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme von Naturschutzbund, BUND, Greenpeace und anderen Organisationen wie der Biolobby BÖLW. Die „ökologische Wirksamkeit“ müsse erhöht werden. 2028 will die Europäische Union neue Regeln in Kraft setzen, über die jetzt verhandelt wird.

So eine Reform werde noch dringender, wenn die EU die Ukraine aufnehme, sagte Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Sonst würde der Agrarhaushalt explodieren, da ein Beitritt der Ukrai­ne die landwirtschaftliche Fläche der Staatengemeinschaft um ein Viertel vergrößerte.

Die Bauern beispielsweise in Deutschland liefern den Großteil der hier verbrauchten Nahrungsmittel. Sie belegen aber auch die Hälfte der Landfläche und sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben sowie Grundwasser verschmutzt wird.

14 Prozent der Treibhausgase kommen laut Umweltbundesamt aus der Branche, inklusive der Emissionen aus Agrarböden und landwirtschaftlichem Verkehr. 2021 bis 2027 wird die Europäische Union rund 385 Milliarden Euro für die Gemeinsame Agrarpolitik ausgeben, was etwa einem Drittel des EU-Haushaltes entspricht. Dennoch müssen immer mehr Höfe schließen.

Mehr Vielfalt auf dem Acker

Die Umweltverbände plädieren dafür, dass Subventionsempfänger erstens künftig „deutlich“ mehr Pflanzenarten, als bisher verlangt, anbauen müssen. Das soll eine hohe „Kulturartenvielfalt“ sicherstellen. Zweitens sollen sie auch Grünland – also die besonders artenreichen Wiesen und Weiden – erhalten, und drittens einen Mindestanteil von Flächen wie Blühstreifen bereitstellen, auf denen nichts produziert wird. Um den Treibhausgasausstoß aus trockengelegten Mooren und Feuchtgebieten zu reduzieren, sollen die Landwirte viertens solche Flächen nicht mehr entwässern dürfen.

Nur wer diese vier Bedingungen erfüllt, soll dann Geld für bestimmte Leistungen bekommen können – etwa, wenn er den Ausstoß von Treibhausgasen reduziert. Oder eher kleine Felder hat, auf denen mehr Pflanzen- und Tierarten leben als auf größeren. Oder viele Hecken und Bäume auf den Flächen hat, weniger chemisch-synthetische Pestizide und Dünger benutzt, seine Tiere auf der Weide und nicht nur im Stall hält oder nach den Regeln des Biolandbaus arbeitet.

Die Prämien für diese Leistungen sollen nach dem Willen der Verbände so hoch sein, dass sie nicht nur den Aufwand ersetzen – sondern den Bauern auch Gewinne verschaffen.

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11 Kommentare

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  • Neuseeland hat Agrarsubventionen abgeschafft.



    Bauern leben noch.



    Umweltauflagen in Gesetzesform.



    Fertig.

    • @So,so:

      Das kann man machen.



      Dann müssen die Verbraucher eben doppelt soviel für Lebensmittel ausgeben wie bisher.



      Das sollte machbar sein.!

  • Die Reform wird ein schönes Chaos werden.



    "...liefern den Großteil der hier verbrauchten Nahrungsmittel. Sie belegen aber auch die Hälfte der Landfläche ..."



    Wieso "aber auch"? Nun sollen sie also Flächen für die Nahtrungsmittelproduktion stilllegen, aber mehr Geld bekommen. Wie funktioniert dann die Ernährungssicherheit? Per Ukraine, die 25% mehr Landwirtschaftsfläche in die EU einbringt?! Dann wird muss die Etat drastisch erhöht werden, damit in D für die Bauern mehr ausgegeben werden kann. Die Ukraine wird über lange Zeit grßoße Geldmengen abziehen,



    Ja, die Naturflächen müssen vergrößert werden, das aber mit der Geldverteilung und Vergrößerung der EU in EInklang zu bringen, wird viel EU-Frust produzieren.

  • Mal schaun wann der Punkt erreicht ist, an dem die Bauern lieber auf die Subventionen verzichten als die Buerokratie dafuer stemmen, die dann die Subvention fast wieder auffrisst.



    Ich seh die Polizei schon die Hecken abmessen wie damals den Abstand auf Corona-Demos.

    • @elektrozwerg:

      Der Punkt ist ab nächsten Jahr schon erreicht. Für 139 € pro ha lohnt es sich nicht mehr die Nachteile in Kauf zu nehmen, die die EU den Landwirten auferlegt um die paar € Subventionen zu erhalten.

    • @elektrozwerg:

      Der Punkt ist schon jetzt teilweise überschritten. Die Grundvoraussetzungen, im Fachchinesisch als "Konditionalität" bezeichnet, sind für viele Betriebe nicht mehr kostendeckend, kaum ein Bauer kann bei dem zusätzlichen Aufwand auch nur ansatzweise den Mindestlohn erwirtschaften. Etwa 25 Prozent der Betriebe beantragen die sogenannte Einkommensgrundstützung nicht mehr, Tendenz steigend.



      Die Polizei ist nicht für die Kontrollen zuständig, das erledigen Satelliten, die jede Woche Fotos von den Feldern machen. Und bei Unstimmigkeiten erhält der Landwirt den Auftrag, georeferenzierte Fotos zur Klärung zu schicken... also um sich möglicherweise selbst zu belasten....

    • @elektrozwerg:

      Der war gut !



      Die Bauern würden auf EU-Subventionen verzichten ? Nie im Leben.



      Es wird Zeit, daß genau diese Herrschaften an die Leine genommen werden. Geld nur noch für ökologisches Arbeiten - perfekt ! Nur so kann es funktionieren.

      • @Zebulon:

        Gar kein Problem. Dan. Aber die Lebensmittel zur Vollkostenrechnung.



        Die Beihilfen sind und waren ein wichtiges Werkzeug um den Verbraucherpreis ( ja auch ihren) zu senken…

        • @Edzard Dralle:

          Gerne Vollkostenrechnung.



          Angeblich soll hier ja Marktwirtschaft existieren.



          Aber die subventionierten Produktionskosten werden durch die Nachfrageoligopole durch Kartellstruktur des "Einzel"-handels mehr als aufgefressen.



          Bundeskartellamt macht nix.



          Siehe auch Kraftstoffkartell.

      • @Zebulon:

        Dazu gehört natürlich ein Einfuhrverbot für Lebensmittel die nicht dem deutschen Standard der Erzeugung entsprechen.



        Also keine Lebensmittel Einfuhren aus Südamerika, Afrika und Asien. Dort werden Pestizide genutzt die schon seit 30 Jahren in Deutschland verboten sind. Das heißt, dass Mercosur nicht in Kraft treten darf!!!



        Glyphosat verseuchtes Soja brauchen wir hier nicht.

        • @Martin17:

          Einverstanden.



          Oder man kauft gleich Bioprodukte.