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Vom Blick aufs Essen in der FremdeEinen Olden-Burger, bitte

Wer an US-amerikanisches Essen denkt, hat häufig Burger im Kopf. Zeit für einen Roadtrip, um ein paar kulinarische Lücken zu schließen.

Klassiker Burger: Auf fast der Karte von fast jedemm US-amerikanischen Restaurant zu finden Foto: Pond5/imago

S ie machen warmen Kartoffelsalat in Oldenburg! Bevor sich hier falsche Gerüchte über meine niedersächsische Heimatstadt verbreiten: die Rede ist von Oldenburg in Indiana, das ich neulich auf einem Roadtrip durch die USA besucht habe. Gegründet 1837, ist es heute eine niedliche Kleinstadt mit Nonnenkonvent und viel Sinn für seine heritage. Im Straßenbild finden sich zahlreiche Bezüge zum Original-Oldenburg.

Nur sind in den letzten 180 Jahren die Bezugspunkte ein wenig verrutscht. Das Deutschland, das hier liebevoll konserviert und jeden September beim „Freudenfest“ gefeiert wird, sieht eher nach Oberbayern als Niedersachsen aus, mit Dirndln, Jagdhörnern und einem Maibaum. Und im „Brau Haus“ fand ich zwar Bratwurst mit Sauerkraut auf der Karte, aber keinen Grünkohl mit Pinkel.

Das ist nicht als Kritik zu verstehen! Schließlich blicken wir auf andere Esskulturen immer durch ein schmales Fenster, wobei wir zwar meist das Richtige, aber eben bei Weitem nicht alles sehen. Oder glaubt noch irgendwer, dass die standardisierten 30 bis 60 Gerichte, die es in Deutschland beim „Griechen“, „Italiener“ oder „Vietnamesen“ gibt, die kulinarische Bandbreite dieser Länder abbilden?

Das Fenster in die USA ist für viele Leute McDonald’s, und dadurch sehen sie: Hamburger und Pommes. Und das stimmt natürlich auch, einen Burger fand ich auf meiner Reise auf fast jeder Speisekarte. Aber es ist eben längst nicht alles. Deshalb wollte ich unterwegs auch einige kulinarische Lücken schließen. Wie Buffalo Wings: unpanierte frittierte Hähnchenflügel, gebadet in scharfer Sauce, dazu gibt es als abmildernden Antagonisten einen Blauschimmelkäse-Dip und knackigen Sellerie. Extrem lecker!

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Weniger gut war mein Philly Cheesesteak, ein Hotdog-Brötchen mit geschmolzenem Provolone, Paprika und Fleisch, das bei mir leider die Qualität von Formfleischdöner hatte. In Chicago wiederum hatte ich das nur dort populäre Italian Beef Sandwich (bekannt aus der TV-Serie „The Bear“) mit viel im eigenen Saft geschmortem Roastbeef und etwas eingelegtem Gemüse. Zum Reinlegen.

Es ist bewunderswert, mit welcher Hingabe in den USA tierische Proteine und Fette zu immer neuen Speisen kombiniert werden. Schöne Beispiele dafür sammelt der Twitter-Account @RegionalUSFood. Etwa Cincinnati Chili: Spaghetti mit Hackfleischsoße, Bohnen, rohen Zwiebeln und geriebenem Käse. Oder die in Utah beliebten Funeral Potatoes, ein Auflauf aus Kartoffeln, Käse, Cremesuppe, Zwiebeln, Schmand und Cornflakes oder Kartoffelchips.

Apropos Kartoffeln. Der warme Salat in Oldenburg war süddeutsch mit Essig statt Mayo angemacht und recht lecker. Dazu aß ich einen Olden-Burger. Typisch Amerika halt!

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Michael Brake
wochentaz
Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.
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1 Kommentar

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  • Grünkohl stammt witzigerweise ursprünglich aus Umbrien. In den USA war er weitgehend unbekannt, und wird erst in neuster Zeit angebaut (zum Gefriertrocknen für Grünkohlchips).



    Es gibt noch nicht mal ein (US-)englisches Wort dafür; "kale" fasst alle Nicht-Kopfkohle zusammen (einschließlich portugiesischem Couve und toskanischem Schwarzkohl), aber bedeutet in USA in der Regel "Blattraps", und zwar konkret die lila Variante, die im frühen 18. Jahrhundert aus Moskau über Hannover nach England und anschließend Nordamerika kam.



    Grün/Braunkohl kann man daraus nicht machen, aber einen ganz guten "Scheerkohl" wie in Bremen - das ist fast dieselbe Pflanze, nur mit rundlichen Blättern und weniger Anthocyan. Aber es ist ein anderes Gericht, ähnlicher Geschmack - etwas würziger und "senfiger", weniger süßlich -, aber die Konsistenz ist eher wie Blattspinat, und man nimmt auch lieber geräucherte Rippchen dazu als Wurst.



    Man sollte den Leuten in Indiana mal "Oldenburg kale with spareribs" nahelegen. Es ist das Nächstbeste zu einem echten Braunkohl mit Pinkel, was man aus den dort erhältlichen Zutaten herstellen kann, und es ist zwar nicht "okenoal" oldenburgisch, aber immerhin regional - bis Bremen sinds ja nur 40 Kilometer.