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Hunderttausende Kitaplätze fehlenIn jeder Hinsicht systemrelevant

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Den Rechtsanspruch auf einen Kita­platz kann der Staat nirgends einlösen. Das geht auf Kosten der Chancen von Kindern benachteiligter Familien.

Buntstifte in einer Berliner Kita Foto: Christoph Soeder/dpa

S chon wieder eine Horrorzahl aus dem Bildungsbereich. Sage und schreibe 429.000 Kitaplätze fehlen bundesweit, rechnet die Bertelsmann Stiftung vor. Auch wenn sich manche Länder in den letzten Jahren ordentlich ins Zeug gelegt haben, um möglichst alle Kinder betreuen zu können – den Rechtsanspruch auf einen Kita­platz kann der Staat so gut wie nirgends einlösen. Auch zehn Jahre nach seiner Einführung nicht. Es reicht aber nicht, dass Bund und Ländern dieses Versagen peinlich ist. Sie müssen mehr für eine gute Kinderbetreuung tun.

Da ist zunächst die Attraktivität des Berufes. Es ist kein Wunder, dass Er­zie­he­r:in­nen in Berlin gerade für bessere Arbeitsbedingungen streiken. Wer verhindern möchte, dass überlastete Kita-Fachkräfte sich irgendwann was anderes suchen, sollte seinem Personal ein höheres Gehalt zahlen und mehr Aufstiegschancen bieten. Fehlende (finanzielle) Anerkennung ist ein Grund, warum viele die Kita wieder verlassen.

Dass die Länder in diesem Punkt lernfähig sind, haben sie beim Gehalt von Grund­schul­leh­re­r:in­nen bewiesen. Wenn Kitas also so systemrelevant sind, wie die Politik gerne betont, sollte sich das endlich auch im Geldbeutel derer widerspiegeln, die das auf Kante genähte System zusammenhalten.

Wie dringend nötig mehr Personal wäre, wissen Eltern nur zu gut. Vor allem bei den unter Dreijährigen klafft die Lücke zwischen ihrem Bedarf und dem tatsächlichem Angebot auseinander. Und dort, wo die Lücken kleiner und die Betreuungsquoten höher sind wie im Osten, leidet die Qualität. In Thüringen oder Meck-Pomm muss sich eine Fachkraft im Schnitt um mehr als 10 Kindergartenkinder kümmern. Da bleibt nicht viel Zeit für das einzelne Kind.

Eine flächendeckend gute Kita-Ausstattung muss aber alleine aus Gründen der Chancengerechtigkeit her. Studien zeigen, wie stark Kinder aus sozial benachteiligten Familien bei der Vergabe der knappen Kitaplätze benachteiligt werden. Es braucht also Plätze für alle, damit die Benachteiligten nicht schon zum Schulstart total abgehängt sind.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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2 Kommentare

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  • Ich staune, dass Herr Pauli nicht anspricht, dass Erzieher typischerweise ihre Ausbildung selbst bezahlen müssen.

    Eine betriebliche Ausbildung bzw. Duales Studium mit Gehalt könnte den beruflichen Einstieg attraktiver machen.

    Die Leute wollen eben nicht nur "Fachkraft" sein, sondern auch essen, trinken und wohnen.

    Leben halt.

    Möglichst bereits in der Ausbildung.

  • Solange am Fließband bei VW und Porsche jährliche Sonderzahlungen im hohen 4stelligen Bereich winken und das bei null sozialer Verantwortung und 35 Stunden Woche, und irgendwas mit Medien zu tun mehr Prestige bringt, als jeder soziale Beruf, wird sich nichts ändern.



    Der Beruf des Erziehers hat sich ähnlich wie die Pflege zu einem Bürokratiemonster entwickelt, wo es wichtiger scheint Papier zu beschäftigen, als alles andere.



    Vom der Anspruch der Eltern ganz zu schweigen.



    Mein Vorschlag: Alle Gewerkschaften unter das Dach der IG Metall oder der GDL und mit richtig harten Bandagen kämpfen!