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Vorwürfe gegen FotojournalistenJour­na­lis­ten in Gaza im Verdacht

Die Rolle der Fotojournalisten beim Massaker am 7. Oktober ist laut des Blogs „HonestReporting“ fragwürdig. Worauf stützt sich der Verdacht?

Dieses von Hassan Eslaiah aufgenomme Foto entstand am Zaun des Gazastreifens östlich von Khan Younis Foto: Hassan Eslaiah/AP

Die unbelegten Vorwürfe gegen freie Jour­na­lis­t*in­nen, die die Taten der Hamas am 7. Oktober fotografiert und gefilmt hatten, ziehen immer weitere Kreise. Losgetreten hatte die Vorwürfe der Blog „HonestReporting“ letzte Woche.

In dem Text, der dort veröffentlicht wurde, waren keinerlei Indizien, geschweige denn Beweise vorgelegt worden, sondern lediglich Vermutungen angestellt worden, ob die Fotojournalist*innen, die für AP und Reuters arbeiteten, von der Hamas zuvor über die Planungen des Massakers informiert worden waren.

Anhaltspunkte für ihre Frage: Die Jour­na­lis­t*in­nen seien verdächtig schnell zur Stelle gewesen und hätten die Gräueltaten aus nächster Nähe fotografieren können. Außerdem hätte einer sich vor einem brennenden Panzer fotografiert und das auf X geteilt, danach aber wieder gelöscht.

Keinerlei Indizien oder Beweise

Die israelische Regierung nahm diesen Text zum Anlass, von Reuters und AP eine Klärung der Rolle von freiberuflichen Mitarbeitern im Zuge der Terrorattacke zu fordern, und bezeichnete die Journalisten als „Komplizen bei Verbrechen gegen die Menschheit“. Die beiden Nachrichtenagenturen sowie CNN und New York Times bestritten vehement, im Vorfeld von den Mordtaten der Terroristen gewusst zu haben.

Auf den Fotos vom 7. Oktober, so „HonestReporting“, würden die Namen von vier als Freelancer tätigen Journalisten auftauchen: Hassan Eslaiah, Yousef Masoud, Ali Mahmud und Hatem Ali. Von Hassan Elslaiah wiederum tauchte nach der Veröffentlichung des Textes von „HonestReporting“ ein Foto auf, worauf er mit einem der Anführer der Hamas Yahya Sinwar, der ihn auf die Wange küsst, zu sehen ist.

CNN erklärte, man habe die Zusammenarbeit mit Eslaiah daraufhin beendet, dieser sei aber am 7. Oktober ohnehin nicht für den Sender tätig gewesen. Nähere Informationen über die Echtheit, Ort und Zeit dieses Fotos sind bisher nicht bekannt.

Nach Angaben von tagesschau.de haben die deutschen Rechtsanwälte Hans-Jürgen Förster und Thomas Walther Anzeige gegen die Fotojournalisten erstattet. Laut Anzeige, so die Tagesschau, bestehe gegen die Reporter der Verdacht der psychischen Beihilfe zu den Taten der Terroristen – unter anderem wegen Mordes und Geiselnahme. Auch der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Mika Beuster, sprach von „unglaublichen Vorwürfen von immenser Tragweite“, die umfassend aufgeklärt werden müssten.

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9 Kommentare

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  • Ist solcher Art von "Berichterstattung" wirklich so außergewöhnlich? Wieviele Verantwortliche bei den verschiedensten Medien bemühen sich denn um solche Photos? Wird nicht in den unsozialen Medien dazu aufgerufen, von jedem Unfall, von jedem Überfall oder jeder Schlägerei Photos an die Redaktion zu schicken? Gibt es nicht "Journalisten", die sich unter betrügerischen Absichten und gesetzeswidrig an trauernde Familien heranmachen, möglichst viel Verzweiflung auf Tonträger und/oder Filme zu bekommen? Und wer konsumiert das alles, bezahlt dafür?

  • "Embedded Journalists" werden zum organischen Bestandteil der jeweiligen Truppe, in die sie eingebettet sind. Sie sind auf den Schutz dieser Einheit angewiesen.

    Und wenn diese Einheit diesen Schutz nicht bieten kann, dann haben sie letztlich dieselben Rechte wie andere Kombattanten auch -- zu welchen Rechten eben gerade nicht gehört, Kampfhandlungen unversehrt zu überstehen.

    Auch Journalisten, die sich in der Nähe militärischer Ziele aufhalten (die es im Gazastreifen anscheinend überall gibt), haben keinen rechtlichen Schutz davor, als Kollateralschaden zu enden. Niemand hat den.

    Das klingt grausam, und ist es auch. Aber so ist die Realität.

  • Es gibt ein Bild, wo der Fotojournalist Hassan Eslaiah von Yahya Sinwar, dem berüchtigten Chef der Hamas in Gaza, einen Kuss auf die Wange bekommt.

    Ebenso wie er mit Plünderern auf einem Bike nach Israel fährt.

    Wenn ich ein Küsschen von Bin Laden bekomme und dannach "zufällig" in NewYork die Einschläge in den TwinTower filme, würden wohl auch Fragen gestellt werden.

    • @Oliver Schwarzenbach:

      Ja, Fragen kann man ja stellen. Hier wird aber umgehend entlassen, scheinbar ohne die Betroffenen anzuhören (zumindest wird davon nichts berichtet).

      Vielleicht handelt es sich hier ja um 'Kollateralschäden' im Informationskrieg?

  • Jour­na­lis­ten in Gaza im Verdacht?



    ----



    Hmm...erschlagt den/die Boten 2.0?



    .



    Btw. Das 1. Opfer in jedem Krieg ist die Wahrheit!



    DER alte Lehrsatz wird immer nei belegt! :-((

  • Wenn die Vorwürfe zutreffen, wäre dies ein absoluter und skandalöser Tabubruch, wohl einmalig bis dato.



    Inwiefern die Journalisten einem Plan der Hamas auf dem Leim gingen, ist wohl noch nicht exakt recherchiert. Was aber sicher ist, ist die Überschreitung einer ethischen Grenze.



    Alles in jedem Fall unglaublich.

    • @Klaus Waldhans:

      Wenn die Vorwürfe zutreffen, wäre dies ein absoluter und skandalöser Tabubruch, wohl einmalig bis dato.



      ----



      Wenn ich als "Freier oder Fester" Reporter, Journalist, usw einen Tipp bekomme:



      "Am "Datum", um "Uhrzeit", passiert was "Ort"... Sei mal da in der Nähe & vergiss dein Werkzeug nicht! ... ist das Alltag in der Innung!



      Wer "wo was warum" auf geschnappt hat. ist total unklar. Ob das in der Kneipe, im Bus,... war, ne "Quelle" was "munkelte"! Nur Allah weis es! :-((



      Wie stellst Du Dir denn die Arbeit eines "Reporters" vor?



      Der erfährt s.o. kurzfristig "irgend was unklares!" Soll der dann zur Polizei, zum Geheimdienst usw gehen, mit denen reden & das abklären, oder erst einmal nachschauen, was da dran ist?



      Btw: Es gibt viele Situationen in denen ein Reporter vor der Wahl steht, seine "Arbeit zu machen" oder die Kamera fallen zu lassen & zu helfen, doch bei "Kriegsberichterstattung" ist es wohl besser & gesünder "neutral" zu bleiben & "Nachrichten für die Welt" zu dokumentieren ! Was die "Redaktion daraus macht.darauf hat der "Reporter" vor Ort gerade heute, wenn es für "die Dienste" arbeitet, wenig, besser keinen Einfluss!



      .



      Ps. In einer Welt, in der bei jedem "Notfall usw." X Leute mit Smartphone die "Helfer usw" behindern, scheint mir Dein Vorwurf ein wenig "weltfremd"! :-((



      So sorry, aber berichtet die "Presse" nicht, ist sie "Partei", tut sie das doch ist sie "unethisch"! :-(



      Ein mMn. typische "Doubel Bind Forderung"! Mal höflich gesagt, :-(

      • @Sikasuu:

        Ich verweise mal auf den Kommentar von Oliver Schwarzenbach:

        "Es gibt ein Bild, wo der Fotojournalist Hassan Eslaiah von Yahya Sinwar, dem berüchtigten Chef der Hamas in Gaza, einen Kuss auf die Wange bekommt.

        Ebenso wie er mit Plünderern auf einem Bike nach Israel fährt.

        Wenn ich ein Küsschen von Bin Laden bekomme und dannach "zufällig" in NewYork die Einschläge in den TwinTower filme, würden wohl auch Fragen gestellt werden."

        Damit ist die Problematik wohl klar, oder?

    • @Klaus Waldhans:

      Gab solche Sachen schon im Iraq, so ganz neu ist das nicht. Journalisten in Nahost hatten schon öfters zu wenig Berührungsängste mit Terroristen.