piwik no script img

Bundestag legt Gesetzentwurf vorAfD-Stiftung bleibt aufm Trockenen

Bisher erhält die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung keine Staatsgelder. Nun legt der Bundestag einen Gesetzentwurf vor, mit dem das so bleibt.

Der Bundestag legt ein neues Gesetz vor, um die Finanzierung der parteinahen Stiftungen zu regeln Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Es war im Frühjahr ein klarer Auftrag des Bundesverfassungsgerichts: Der Bundestag müsse ein eigenes Gesetz vorlegen, um künftig die staatliche Finanzierung von parteinahen Stiftungen zu regeln. Vorausgegangen war die Weigerung, der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung Staatsgelder zu überweisen. Nun lösten die Ampel-Parteien den Auftrag aus Karlsruhe ein und einigten sich, zusammen mit der Union, auf einen Gesetzentwurf, der bereits am Freitag im Bundestag debattiert werden soll. Und welcher der Erasmus-Stiftung weiterhin Gelder verweigert.

Der Gesetzentwurf, welcher der taz vorliegt, knüpft eine staatliche Stiftungsförderung an die Bedingung, dass die Parteien, die der Stiftung nahe stehen, dreimal hintereinander in den Bundestag eingezogen sein müssen. Schon das schließt die AfD aus, die erst seit 2017 und zwei Legislaturperioden im Bundestag sitzt.

Zudem wird ein „aktives“ Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung und für Völkverständigung verlangt. Dem widersprächen nicht nur eine „verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung“ der Stiftung, sondern auch entsprechende Veröffentlichungen oder das Mitwirken von Beschäftigten oder Beauftragten, die sich demokratiefeindlich betätigten, so der Gesetzentwurf. Ob eine Stiftung auf dem Boden der demokratischen Grundordnung steht, soll das Bundesinnenministerium festlegen.

„Keine Steuermittel für demokratiefeindliche Arbeit“

SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner erklärte am Dienstag, man werde „mit einer breiten Mehrheit im Bundestag regeln, dass Verfassungsfeinde keine Steuermittel für ihre demokratiefeindliche Arbeit bekommen“. Gleichzeitig werde die wichtige politische Bildungsarbeit gesichert, damit die politischen Stiftungen weiter für Demokratie, Rechtsstaat und eine freie Gesellschaft werben könnten.

Auch der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz erklärte: „Mit dem Stiftungsfinanzierungsgesetz schaffen wir endlich eine solide und transparente gesetzliche Grundlage, um die wichtige gesellschaftspolitische Arbeit der politischen Stiftungen abzusichern. Für alle politischen Stiftungen bedeutet das mehr Rechtssicherheit.“ Das Gesetz sei damit „aus rechtsstaatlicher Perspektive ein echter Fortschritt“.

Bisher erhielten die parteinahen Stiftungen über das Haushaltsgesetz ihre Gelder. Konkrete Kriterien für die Förderung waren dort aber nicht definiert. Die AfD-nahe Erasmus-Stiftung war bisher leer ausgegangen und hatte deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Karlsruhe forderte darauf ein gesondertes Parlamentsgesetz für die Stiftungsfinanzierung ein. Dies sei wegen der Höhe der staatlichen Zuwendungen und deren Auswirkungen auf die Stiftungstätigkeiten notwendig.

Laut Gesetzentwurf sollen die staatlichen Gelder nun im Verhältnis der Wahlergebnisse der vergangenen vier Bundestagswahlen auf die Stiftungen verteilt werden. Außerdem soll es einen Sockelbetrag von einem Prozent der Gesamtmittel geben, den jede Stiftung unabhängig von Wahlergebnissen erhält. Die Gesamthöhe der Stiftungsförderung wird weiter durch das Haushaltsgesetz festgelegt.

700 Millionen Euro für die Stiftungen

Im aktuellen Jahr wurden die politischen Stiftungen von CDU, CSU, FDP, SPD, Linke und der Grünen mit rund 697 Millionen Euro gefördert. Der Gesetzentwurf verpflichtet die Einrichtungen künftig zudem zu mehr Transparenz – etwa mit einer Pflicht, Spenden über 10.000 Euro zu veröffentlichen.

Festgelegt wird in dem Gesetzentwurf ebenso, dass eine Stiftungsfinanzierung weiterläuft, auch wenn die nahestehende Partei für eine Legislaturperiode aus dem Bundestag ausscheidet – so wie 2013 die FDP. Voraussetzung ist, dass die Partei zuvor in zwei aufeinanderfolgenden Legislaturperioden gefördert wurde.

Für den Gesetzentwurf wurde die Zeit zuletzt knapp. Der Bundeshaushalt für 2024 soll am 1. Dezember beschlossen werden – bis dahin musste der Entwurf vorliegen. Die Ampel und die Union wollen den Gesetzentwurf nun gemeinsam einbringen. Auch die Linke war anfangs in Gespräche zu dem Gesetzentwurf involviert. Linken-Innenexpertin Clara Bünger bedauerte, dass ihre Fraktion im Entstehungsprozess zwar um Expertise gefragt wurde, die Ampel und Union am Ende „aber nicht bereit waren, das Gesetz als starkes gemeinsames Signal aller fünf im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien einzubringen“. Das weitere Vorgehen der Linken hänge nun von den Beratungen des Gesetzes ab, sagte Bünger der taz.

Das Ansinnen des Vorhabens aber teilt sie: „Demokratische Bildungsarbeit ist ein zentraler Baustein für eine in Zukunft noch funktionierende Brandmauer gegen rechts. Der Schutz der Demokratie vor rechten Angriffen auf unsere Grundwerte, wie Menschenwürde und Diskriminierungsschutz müssen oberstes Ziel des Stiftungsfinanzierungsgesetzes sein.“

Aktualisiert und ergänzt am 11.10.2023 um 09:10 Uhr. d. R.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Auch dieses Gesetz wird vor dem Bundesverfassungsgericht enden.

    Was ist "demokratiefeindliche Arbeit", die Verweigerung von Volksentscheiden, die Beschneidung von Rechtswegen durch beschleunigte Planungsverfahren?

    Bis zu einem Verbot durch das oberste Gericht ist die AfD eine Partei im Sinne des Rechts und als solche zu behandeln.



    Erinnern wir uns wie Adenauer die KPD beseitigt hat, wie SPD und Grüne verunglimpft wurden und in neuerer Zeit die Linke.



    Eine Gefahr für die Demokratie und Verfassung ist immer nur der politische Gegner, was für ein Zufall.

    Über die Komplexität eines Ausschlusses gibt es einen guten Artikel: taz.de/AfD-nahe-Er...Stiftung/!5956995/

  • Angeblich dient das Geld der Demokratieförderung, scheint aber völlig wirkungslos zu sein und eher das Gegenteil zu bewirken.

  • Auf der anderen Seite... die AfD kriegt ihr Geld ja eh' aus der Schweiz.

  • „Im aktuellen Jahr wurden die politischen Stiftungen von CDU, CSU, FDP, SPD, Linke und der Grünen mit rund 697 Millionen Euro gefördert“

    Leider wird dieser Gesetzesentwurf das Narrativ der AfD unterstützen, dass die etablierten Parteien sich selber mit Steuergeldern die Taschen voll stopfen und probieren lästige Konkurrenz undemokratisch zu verhindern.

    Es ist Wählern der AfD kaum zu vermitteln, dass die anderen Parteien bzw deren Stiftungen über diese Gelder verfügen können, aber die AfD nicht

    • @Paul Rabe:

      Dann sollen die Wähler*innen die Begründung lesen. Vielleicht !!!! merken sie dann was sie da wählen...

    • @Paul Rabe:

      Den Wählern der NSDAP war es auch kaum zu vermitteln, dass Jüd*innen Menschen wie du und ich sind. Krass, nicht wahr?

      Wenn eine Demokratie auf die paranoiden Wahnvorstellungen ihrer Feinde hört, ist sie verloren.

    • @Paul Rabe:

      Sowas ist nicht nur den AfD Wähler nicht mehr zu vermitteln.



      Die Stiftungen abzuschaffen wäre ein Paukenschlag gewesen.

    • @Paul Rabe:

      Den Wählern und -innen der AfD ist einiges "kaum zu vermitteln", was 1. auch an deren Vernunftresistenz liegen mag und 2. kein Kriterium für ein Gesetz ist, das die Verfassungskonformität zur Grundlage parteinaher Stiftungen festsetzt.

  • Es wäre besser gewesen das Abklingbecken für abgehalfterte Expolitiker ganz abzuschaffen. 700 Mio Steuergelder jährlich ohne echten Benefit für die Gesellschaft ist doch ein Wahnsinn.

    • @Šarru-kīnu:

      Das ist pauschales Politikerbashing auf AfD-Niveau.



      Mit diesem Geld werden unter anderem Studienstipendien finanziert.



      Die Stiftungen kanalisieren das Geld außerdem in allerlei Kanäle zur Pflege und Weiterentwicklung der Demokratie. Selbstverständlich im Sinne der eigenen Partei. Aber letzteres dürfte nicht weiter überraschen.

      Wesentlich mehr als diese 700Mio fließt in verschiedenen Formen aus der "Wirtschaft" in die Politik und die Meinunsbildung. Und dieses Geld dient nicht der Gesellschaft sondern soll einzig und allein die Interessen weniger durchsetzen. Was es auch tut.



      Unter anderem um zu vermeiden, dass höhere Steuereinnahmen durch Besteuerung von Vermögen und Erbschaft entstehen.

    • @Šarru-kīnu:

      "ohne echten Benefit für die Gesellschaft"

      Sie lesen nicht gerne, oder?

      Es sind nicht nur Fake-Doktorarbeiten und Altfunktionäre, die mit diesem Geld finanziert werden, sondern vor allem anderen eine Masse an Metaanalysen und sonstigen Studien, die für eine Publikation in der wissenschaftlichen Fachliteratur nicht "innovativ" genug sind, da sie "nur" eine Gesamtdarstellung des Wissensstandes geben, und die in Umfang und/oder Thematik die Kapazitäten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags überschreiten.

      • @Ajuga:

        Ich lese allerdings aktuell weniger als ich es selbst für wünschenswert halte. Mehr als 3-4 Fachbücher im Jahr sind da leider momentan nicht drin um den Kontakt zum aktuellen Stand nicht komplett zu verlieren. Allerdings lese ich da inzwischen ausschließlich Literatur aus dem angelsächsischen Sprachraum. In welchen Fach und Themengebieten reüssieren den von den deutschen Stiftungen geförderte Wissenschaftler und welcher Mehrwert entsteht dadurch für den Steuerzahler? Bei Stiftungen eingesparte Mittel könnten ja auch direkt in den Wissenschaftsbetrieb gehen.

      • @Ajuga:

        Was ist denn so eine kapazitätenüberschreitende Thematik?

    • @Šarru-kīnu:

      Das sehe ich genau so.