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AfD-StrategieInnen extrem, außen weichgespült

Sabine am Orde
Kommentar von Sabine am Orde

Beim AfD-Europa-Parteitag setzen sich die Extremisten durch. Doch bei Dexit und Nato-Austritt bleibt die Partei unverbindlich – mit Kalkül.

Bei Fragen zur Nato hat sich der Höcke-Flügel durchgesetzt Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

A uf dem AfD-Parteitag, der an den vergangenen zwei Wochenenden in Magdeburg getagt hat, war eine bemerkenswerte Dissonanz festzustellen. Wer bei der Aufstellung der Kan­di­da­t*in­nen für das Europaparlament am radikalsten auftrat, bekam den meisten Applaus und hatte die größte Aussicht auf einen sicheren Listenplatz. Beim Programm aber war man deutlich vorsichtiger. Das ist Strategie.

Da wurde einerseits vier Tage lang von Kandidaten lautstark vom „großen Austausch“ schwadroniert, einer rechtsextremen Verschwörungserzählung. Da war von „globalisierten Eliten“ die Rede, ein antisemitischer Code. Da wurde „Remigration“ gefordert, also die Deportation einer großen Anzahl von Ein­wan­de­r*in­nen und ihrer Nachkommen. Eine Kandidatin verlangte Pushbacks, „egal was der Europäische Gerichtshof dazu sagt“, und landete auf Listenplatz 7. Ein anderer behauptete, Schwule und Transmenschen seien „staatlich geduldete Kinderficker“, und bekam Applaus dafür.

Auf der Liste haben sich die besonders Extremen durchgesetzt. Beim Programm aber hat die Parteispitze erfolgreich dafür gesorgt, die radikalsten Forderungen weichzuspülen. Gefordert wird nicht, wie ursprünglich vorgesehen, die Auflösung der Europäischen Union. Eine europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, ein „Bund europäischer Nationen“ soll nun neugegründet werden. Bedeutet auch das Ende der EU, klingt aber weniger radikal.

Der Dexit, der deutsche Austritt aus der EU, der im Bundestagswahlprogramm steht, kommt nicht vor, obwohl die EU als „nicht reformierbar“ und „gescheitert“ bezeichnet wird. Zu Ende gedacht ist da ein Dexit nicht weit.

Auch ein Austritt aus der Nato, der in der AfD umstritten ist, wird nicht klar thematisiert. „Es ist notwendig, dass Europa seine Verteidigungsfähgkeit in die eigene Hand nimmt“, heißt es nun im Wahlprogramm, der Höcke-Flügel hat diese Formulierung durchgesetzt. Für Putin-Freund*innen lässt sie die Deutung zu, dass man sich von der Nato abwende.

In entscheidenden Passagen Deutungsmöglichkeiten offenzuhalten, hat in dem Wahlprogramm der AfD System. So will die Parteispitze auch die bei der Stange halten, die zu radikale Forderungen abschrecken könnten – wenn es um ihre wirtschaftliche Lage oder die eigene Sicherheit geht. Gute Umfragen sind schließlich noch keine Wahlergebnisse. Vielleicht würde es dem einen oder der anderen dann doch dämmern: Ein Ende der EU hätte für die deutsche Wirtschaft dramatische Folgen, Industrie, Arbeitsplätze und Wohlstand wären in Gefahr.

Dies aufzuzeigen könnte für die demokratischen Parteien im Übrigen sinnvoller sein, als auf die hohen Umfragewerte der AfD zu starren und sich gegenseitig dafür die Schuld zu geben.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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12 Kommentare

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  • Gibts da inhaltlich noch Unterschiede zur NPD? Ok, war eine rhetorische Frage ...

  • Der Zug ist abgefahren.



    Da helfen auch keine Ratschläge mehr.



    Habe ich hier in einem anderen Zusammenhang schon mal gepostet:



    taz.de/Neuwahlen-i...bb_message_4557441

  • Es reicht vermutlich nicht mehr aus, die AFD nur peinlich berührt zu belächeln. Mitsamt dem Geschwurbel ihrer Fanboys und Fangirls, welches dank sozialer Netzwerke leider auch in meine Inbox gespült wird.

    So langsam befürchte ich, die GLAUBEN DAS ALLES WIRKLICH, und dieser Gedanke macht mir wirklich Angst.

    Die üblichen 7% für Neonazis, unschön aber geschenkt.

    Also, das geht wohl an noch denkenden 80%: Fight for your right (to party)

  • Austritt aus der EU, Abwicklung, Neugründung als "Europa der Vaterländer", alles der gleiche Unsinn, der letztlich wirtschaftlichen Selbstmord bedeutet, um einiges schlimmer als der völlig törichte Brexit. Die AfD macht nicht nur keine Wertepolitik wie Herr Chrupalla in irrwitzigem Stolz verkündet, sondern auch keine Interessenpolitik, zumindest keine Politik im Interesse ihrer offenbar beratungsresistenten Mitglieder und Wähler. Austritt aus der EU, Wiedereinführung einer harten DM, schwupps sind deutsche Produkte im Ausland nahezu unverkäuflich, weil schweineteuer. Eine irrationale, irrlichternde rechte Sekte, die vorsätzlich dem Gemeinwohl schaden will, mehr sind diese Herrschaften nicht. Dann braucht man über die katastrophal falschen "Lösungen" im Bereich Atomkraft, Klimapolitik, Soziales uvm gar nicht erst anfangen. Selbst für den kaputtesten Wutbürger absolut unwählbar, wenn die Kernschmelze im Hirn noch ausgeblieben ist.

    • @Bambus05:

      Wenn ich die AfDler von einem neuen Europa schwafeln höre, dann drängen sich mir Bilder von rollenden Panzern auf. Die wollen ein Europa der Vaterländer? Die Vorstellung klingt doch im Grunde nach einer Kriegserklärung, wenn jedes Land plötzlich wieder nur sich im Kopf hat.

  • ".... "Schwule und Transmenschen seien „staatlich geduldete Kinderficker“.



    Um solche Äußerungen sollten sich mal die Staatsanwaltschaften kümmern. Völlig enthemmt Hass und Hetze auf einer Bühne zu verbreiten um sich für politische Ämter zu bewerben muss juristische Folgen haben. Sowas kann eine demokratische Gesellschaft nicht dulden.

    • @Andreas J:

      Das müsste doch locker für eine Verurteilung reichen! Oder wird das bei Rechtsradikalen mal wieder anders gesehen?

    • @Andreas J:

      Da stimme ich ihnen uneingeschränkt zu.

  • Deutschland soll aus der Nato austreten?



    Auch noch jetzt, wo alle gerade das Nato-Bündnis zu schätzen lernen, in Kriegszeiten, wo gerade wir mit nicht so vielen Waffen dastehen, wie es eigentlich erforderlich wäre, als Folge der Merkel CDU/CSU-Politik.

    Aus welcher politischen Richtung kommt diese Putin-nahe Forderung wohl, Deutschland, nachdem man es komplett von Putin abhängig gemacht hat, nun auch noch den Schutzschirm Nato und EU zu nehmen und nun Putin komplett auszuliefern?



    Welche politischen Kräfte und Motivationen dahinter stecken ist doch sowas von deutlich!

  • Korrekte Anlayse mit dem Hinweis deren Positionen inkl. Folgen zu diskutieren anstatt deren Umfragehoch zu beheulen.



    Nix einfacher als das derzeit, ein Blick nach UK genügt inkl. zahlenmäßiger Aufarbeitung wieviel BIP und Arbeitsplätze uns das als Exportnation kosten würde deren 'Ideen', die ja letztlich leere Worthülsen sind.

  • AfD bitte einfach verbieten.

    • @AlexMasterP:

      "AfD bitte einfach verbieten."



      Ja, wenn das so einfach wär...



      ...kämen sie direkt mit nem anderen Namen daher.