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Urteil zu Katjes-Reklame„Klimaneutrales“ Süßes erlaubt

Katjes täuscht Kun­den, klagte die Wettbewerbszentrale. Das Unternehmen stelle aber genügend Informationen bereit, hat nun ein Gericht geurteilt.

Katjes darf seine Fruchtgummis und Lakritze als klimaneutral bewerben Foto: Ralf Hirschberger/dpa

Berlin taz | Katjes darf seine Fruchtgummis und Lakritze als „klimaneutral“ bewerben. Das entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf am Donnerstag und wies damit auch in der Berufung eine Unterlassungsklage der Frankfurter Wettbewerbszentrale ab. Die Wettbewerbszentrale hatte den Fruchtgummihersteller Katjes und den Marmeladenproduzent Mühlhäuser verklagt, weil diese ihre Produkte nicht klimaneutral herstellen, aber damit in einer Lebensmittelzeitschrift geworben hatten.

Die beiden Unternehmen gleichen die klimaschädlichen Emissionen allerdings lediglich durch die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten aus. Die Wettbewerbszentrale hielt es daher irreführend, die Produkte als klimaneutral zu verkaufen.

Während Katjes das Label weiterhin verwenden darf, verlor der Marmeladenhersteller den Prozess. Entscheidend sei, ob die Unternehmen die Ver­brau­che­r:in­nen ausreichend darüber informiere, wie das Label zustande kommt, argumentierte Richter Erfried Schüttpelz.

Da Katjes auf der Internetseite „ClimatePartner.com“ angibt, dass sie ihre Emissionen durch die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten kompensieren, habe das Unternehmen seine Informationspflicht gegenüber den Ver­brau­che­r:in­nen nicht verletzt. Der Konfitürenproduzent aus Mönchengladbach habe das dagegen nicht transparent gemacht.

Foodwatch kritisiert das Urteil

Die Kun­d:in­nen seien sich in der Regel bewusst, dass Klimaneutralität entweder durch die Vermeidung von Emissionen bei der Produktion oder durch einen Emissionsausgleich erreicht wird. Da manche Produkte und Dienstleistungen wie Flugreisen nicht ohne Treibhausgase zur Verfügung gestellt werden können, könne man davon ausgehen, dass Ver­braue­r:in­nen das Label „klimaneutral“ auch im Sinne der Kompensation von Emissionen verstehen. Deshalb sei die Werbung an sich nicht irreführend, urteilte das Gericht.

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch dagegen findet weiter, dass die Bezeichnung „klimaneutral“ Ver­brau­che­r:in­nentäu­schung ist. „Das Gericht behauptet zwar, Klimaneutral-Werbung würde von Ver­brau­che­r:in­nen korrekt verstanden. Das ist laut aktuellen Forschungsergebnissen jedoch falsch: Nur etwa zehn Prozent der Menschen verstehen den Begriff „klimaneutral“ korrekt“, sagt Manuel Wiemann von Foodwatch und beruft sich dabei auf einen Bericht der Universität Göttingen.

Das Unternehmen Katjes gibt auf seiner Website an, dass es seit 2020 seine Emissionen ausgleicht, indem es unter anderem vier Klimaschutzprojekte mitfinanziert. „Es braucht dringend ein gesetzliches Verbot von Klimaneutral-Werbung, damit auch Katjes den irreführenden Claim einstellt“, fordert Wiemann. „Klimaneutrale Lebensmittel gibt es nicht.“ Auf die Kompensationsprojekte sei kein Verlass. So sei etwa im April dieses Jahres eines der Waldschutzprojekte von Katjes vom Landgericht Düsseldorf als nichtig erklärt worden.

Im Fall von Katjes hatte das Landgericht Kleve bereits im Juni 2022 die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen. Im Fall von Mühlhäuser hatte das Landgericht Mönchengladbach im Februar 2022 der Klage der Wettbewerbszentrale stattgegeben. Das OLG ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung in beiden Fällen die Revision zum Bundesgerichtshofs zu.

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8 Kommentare

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  • Was waere die Alternative? Das Unternehmen darf nicht damit werben und kann es sich sparen. Merkt ja in beiden Faellen keiner. Solche, wenn auch kleinen Schritte auch noch zu kritisieren ist nun echt nicht hilfreich.

  • Dann dürfen das Fluggesellschaften also auch bald machen "in teilen klimaneutral" da ja manche den Ausgleich zahlen und so?



    Ohh man, Ausgleichzahlungen der neue Ablaßhandel...solange genug dabei verdienen ist alles ok....und naja das mit der Umwelt, das kriegen wir vielleicht dann auch noch irgendwann hin....ich hoffe bevor wir alle krepiert sind.

    • @Chris Ehl:

      Das kann man schon kritiseren. Ziemlich viele Sachen gelten wegen genau solcher ausgleichszahlungen als klimaneutral. Zumindest sollte man das offener kennzeichnen.



      Kann mich aber auch noch gut erinnern, wie die beiden Mitgerlieder der LG, die nach Bali geflogen sind, damit argumentiert haben, sie hätten mit ihrem Flug lediglich 1,4 Tonnen CO2 pro Person verbraucht. Das rechnet sich aber auch nur so, wenn man diesen "Ablasshandel" bemüht..

      • @Deep South:

        Was die beiden von LG angeht, ist mir das schnuppe. Das sind Einzelpersonen, wieso weshalb ist mir wurscht. Sie sind nachweislich nicht als LG dahingeflogen!

        Ich finde das was Sie ansprechen mit genauerer deklarierung viel besser. Nur das haben wir in diesem Fall ja nicht. Und das Thema greenwashing und ungeklärter, selbstdeklarierter Normen/Zertfikate/Enbleme ist ja nicht erst seit gestern bekannt. Dann sollte aber die Politik endlich was ändern und klar machen, was darf und was nicht. Aktuell könnte man auferlegen das solche "Werbeslogans und irgendwelche Symbole auf den Produkten" immer als deklariert werden müssen, was sie sind Werbefirlefanz.

  • ich verklage katjes, weil sie die katzen ohren nach ueber 50 jahren aus dem programm genommen hat. bestes lakritz produkt in deutschland.



    peinlicher marketing move. angeblich zu wenig absatz. ja wenn man die sowieso fast nirgendwo kaufen konnte...



    jetzt gibt es nur noch produkte fuer 8-jaehrige maedchen, quietschbunte einhorngummis in allen varianten.



    laeuft, leute, laeuft.

  • "Nur etwa zehn Prozent der Menschen verstehen den Begriff „klimaneutral“ korrekt“, sagt Manuel Wiemann von Foodwatch und beruft sich dabei auf einen Bericht der Universität Göttingen."

    Gut, dass das "korrekt" in Anführungszeichen steht. Den Begriff kann man unterschiedlich definieren. Und Herr Wiemann strebt offenbar eine so enge Definition an, dass nichts auf dieser Welt "klimaneutral" ist:

    „Klimaneutrale Lebensmittel gibt es nicht.“

    Steile These würde ich sagen. Wenn nicht mal eine Kartoffel klimaneutral angepflanzt werden kann, haben wir wirklich ein Problem.

    Vielleicht sollte er lieber sagen: Ich mag das Wort "klimaneutral" nicht. Ich frage mich nur, was dann mit dem Ziel Deutschlands ist "klimaneutral" zu werden. Wenn es das nicht gibt, brauchen wir ja nichts mehr tun.

    • @Strolch:

      Hier fehlt Logik.

      Eine logisch korrekte Folge wäre:



      "Wenn es das nicht gibt, können wir so viel tun wie wir wollen, wir werden es nicht erreichen."

      Das klingt zwar erst einmal frustrierend, erzeugt aber ein immerwährendes Ziel: Sich so gut es geht klimaneutral aufzustellen.

      Ger nicht mal so schlecht. Mit so ähnlichen Zielen haben es Religionen über viele Jahrhunderte gebracht. (Je nach Lesart wäre das "Versuche ohne Sünde zu leben" oder aber "Bleibe an der Macht, egal welches politische System gerade herrscht".)

  • Was soll's??? Es geht doch um die Freiheit. Zwar geht es nicht um die Freiheit der Verbraucher NICHT betrogen zu werden, aber um die, Profite zu machen... Richter wählen auch manchmal FDP