Studie von Greenpeace: Fliegen ist billiger als Bahnfahren
Eine Zugreise ist im Schnitt doppelt so teuer wie ein Trip mit dem Flieger, zeigt eine Greenpeace-Studie. Expertinnen fordern höhere Kerosinsteuern.
Klimaschutz oder Blechen – beim Reisen funktioniert die Zukunftsformel noch nicht. In Europa sind Flugreisen in 70 Prozent der Fälle billiger als Zugreisen, ergab eine Studie von Greenpeace. Die Verkehrsexpertin der Umweltorganisation, Marissa Reiserer, sprach von einer „Bruchlandung für den Klimaschutz“. Für die Studie wertete Greenpeace Flug- und Bahnpreise für eine einfache Fahrt auf 112 beliebten Strecken in Europa aus und berücksichtigte dabei sowohl kurzfristige Buchungen als auch Reisen in einem und in vier Monaten.
Im Durchschnitt seien Zugfahrkarten doppelt so teuer wie Flugtickets, teilte Greenpeace am Donnerstag in Hamburg mit. In Spanien und Großbritannien kosten Zugfahrten sogar viermal so viel wie Flüge. Insgesamt böten nur auf 23 der 112 untersuchten Strecken Bahnunternehmen günstigere Tickets als Fluggesellschaften. Die größte Differenz ermittelte Greenpeace für eine Reise von Barcelona nach London: Mit bis zu 384 Euro zahle man für ein Zugticket dreißigmal so viel wie für einen Flug, der schon für 12,99 Euro erhältlich sei.
Die teuerste Zugstrecke in Deutschland ist Manchester–Köln: Im Durchschnitt kostete hier der Zug fünfmal so viel. Selbst für Strecken wie Amsterdam–London, London–Edinburgh oder Toulouse–Paris, für die es gute Zugverbindungen von etwa 4 Stunden gibt, sind Flüge günstiger als die Bahn. Laut Greenpeace gehören diese Routen zu den Top vier der beliebtesten Kurzstreckenflüge.
Im europäischen Vergleich gebe es in Deutschland eher günstige Zugverbindungen. Hierzulande gilt für Flüge eine Mehrwertsteuer von 19 und für Züge von 7 Prozent. Trotzdem seien Zugreisen hier durchschnittlich um 51 Prozent teuer als Flüge. Nur Fahrten in die Schweiz seien billiger mit dem Zug.
Flugtickets spiegeln nicht die realen Kosten wider
Auch kann die Bahn auf der Strecke Hamburg–München trumpfen: Ein Zugticket koste hier die Hälfte des Flugs. Dennoch seien auf dieser Strecke im Jahr 2022 mehr als 1 Millionen Menschen geflogen und verursachten damit 161.000 Tonnen Treibhausgase. Die Luftverkehrsemissionen sind zwischen 2009 und 2019 um knapp 30 Prozent gestiegen. Damit gehört der Flugverkehr zu den am schnellsten wachsenden europäischen Emissionsquellen.
Greenpeace kritisiert vor allem Billigfluggesellschaften wie Ryanair und Easyjet. „Vermeintliche Schnäppchenflüge sind nur möglich, weil andere die wahren Kosten tragen, etwa durch schlechte Arbeitsbedingungen und die Folgen der Klimakrise“, sagte Reiserer von Greenpeace. Andreas Knie, Mobilitätsexperte beim Wissenschaftszentrum Berlin, erklärt die günstigen Flugpreise damit, dass es im internationalen Raum keine Mehrwertsteuer und eine zu niedrige Kerosinsteuer gebe.
Zudem würden Flughäfen massiv subventioniert. „Der BER hat den Staat schon mehr als 10 Milliarden Euro gekostet, dieses Negativ-Eigenkapital wird der Flughafen nie selbst einbringen können“, sagt Knie. Dagegen würden die Fahrkartenpreise der Bahn die tatsächlichen Kosten einer Zugreise widerspiegeln. Flugtickets müssten vier- bis fünfmal so teuer sein, um die realen Kosten zu begleichen.
Greenpeace forderte eine europäische Kerosinsteuer von 50 Cent je Liter. Pro Jahr könnten damit Einnahmen von 46,2 Milliarden Euro erzielt werden, die europaweit in den Ausbau der Bahninfrastruktur und ein günstiges Bahnticket geleitet werden könnten, sagt Verkehrsexpertin Reiserer. Preise für Flugtickets innerhalb Europas sind in den vergangenen sechs Monaten um 31,9 Prozent angestiegen, teilte das Statistische Bundesamt kürzlich mit. Die Preise der Deutschen Bahn stiegen dagegen nur um 4,9 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar