Festnahme in Afghanistan: Rechtsextremist in Taliban-Haft
Der österreichische Neonazi Herbert F. hatte vor seiner Festnahme durch die Taliban ausdrücklich für Urlaub im „sicheren“ Afghanistan geworben.
Inzwischen soll der frühere Lehrer, der inzwischen 84 Jahre alt ist, am 7. Juni in eine Einzelzelle verlegt worden sein. Innerhalb eines Monats wollten die Taliban über F., dem sie Spionage vorwerfen, ein Urteil sprechen, so Der Standard. F. ist Mitgründer der in Österreich 1988 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbotenen Nationaldemokratischen Partei (NDP).
Zur Ironie des Falls gehört, dass F. in der jüngsten Ausgabe der rechtsextremen Postille Info Direkt die Titelgeschichte „Urlaub in Afghanistan“ schrieb. Sie wurde mit den Worten angekündigt: „Afghanistan: heiß umfehdet, wild zerstritten, aber wieder sicher!“
Der von Info Direkt als „Völkerfreund“ bezeichnete Neo-Nazi zeigte sich in seinem Artikel „beeindruckt“ vom regen Leben auf den Basaren. Auch der Autoverkehr in den Städten lasse nicht auf Verzweiflung der Menschen schließen. F. hatte das Land für den Bericht bereits im letzten Herbst bereist und war jetzt offenbar wieder dorthin zurückgekehrt.
Rechtsextremer Verweis auf ein „sichereres“ Afghanistan
Das seit Mitte August 2021 von den radikalislamischen Taliban erneut beherrschte Land als sicher zu verklären, passt ins flüchtlings- und islamfeindliche Kalkül von Rechtsextremisten. Auf diese Weise lassen sich Abschiebungen afghanischer Flüchtlinge wie auch die Verweigerung von politischem Asyl leichter begründen. Doch das ging jetzt dramatisch schief.
Das Außenministerium in Wien warnt denn auch seit Jahren vor Reisen in das von jahrzehntelangen bewaffneten Konflikten gezeichnete Land am Hindukusch.
Österreichische Neonazis fordern von der Regierung in Wien, sich für eine Freilassung von F. einzusetzen. Das Außenministerium erklärte auf Anfrage, es bemühe sich jetzt um eine Lösung des Falls, obwohl konsularische Hilfeleistungen in Afghanistan „nur sehr beschränkt möglich“ seien. Das Ministerium stehe mit F.s Familie in Kontakt. Gegenüber Medien wollte sich die Familie nicht äußern.
F. war schon 1987 und 1989 zu Zeiten des von Islamisten dominierten antisowjetischen Widerstands nach Afghanistan gereist. Mit etwas Glück könnte F. von den Taliban nun bald nach Österreich abgeschoben werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Die Wahrheit
Lindners Plan
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?