Zukunft der UN-Mission am Hindukusch: UN beraten über Umgang mit Taliban

Die UN-Afghanistan-Konferenz sorgte für Proteste. Grund war ein angeblicher Plan zur Anerkennung des Taliban-Regimes, was dann aber dementiert wurde.

Frauen mit Kopftüchern warten vor einem verschlossenen Arztzimmer eines Krankenhauses im zentralafghanischen Bamiyan.

Afghaninnen warten vor dem Arztimmer des Krankenhauses in Bamiyan Foto: Ali Khara/rtr

BERLIN taz | Am Dienstag ging in Katars Hauptstadt Doha ein Treffen der Afghanistan-Sondergesandten von über 20 Ländern und Organisationen zu Ende. Eingeladen hatte UN-Generalsekretär António Guterres die Ver­tre­te­r*in­nen der fünf Sicherheitsratsmitglieder, der Nachbarstaaten des Taliban-Regimes, der EU, Deutschlands und einiger anderer Länder. Schon vor Beginn hieß es von teilnehmenden Seiten inoffiziell, hinterher werde es kein Abschlusskommuniqué geben. Guterres kündigte noch ein weiteres Treffen an.

Solche Treffen finden hinter verschlossenen Türen statt. Klar war auch, dass die Taliban in diesem Format gar nicht geladen waren. Allerdings trafen sich laut afghanischen Medien einige teilnehmende Diplomaten mit dem Leiter des Taliban-Außenbüros in Doha, darunter der Brite Andrew McCouwrey. Von britischer Seite gab es dazu bisher aber keine Bestätigung.

Es ging noch nicht um Entscheidungen, sondern laut Guterres darum, ein „gemeinsames Verständnis in der internationalen Gemeinschaft darüber zu erzielen, wie mit den Taliban in Sachen Menschenrechte, besonders Frauen- und Mädchenrechte, inklusive Regierungsführung, Terrorismusbekämpfung und Drogenhandel zusammengearbeitet werden kann.“ Wie, nicht ob.

Die UNO will und muss die Herrscher in Kabul und Kandahar dazu bringen, ihre frauenfeindliche Politik zurückzudrehen, aber, solange das nicht geschieht, weiter direkt oder über Hilfsorganisationen humanitäre Hilfe und möglicherweise auch wieder Entwicklungshilfe zu leisten.

Koordination zwischen Afghanistans Nachbarn und „Westen“

Dazu ist es nötig, möglichst die Haltung von Nachbarstaaten sowie Chinas und Russlands, die im Afghanistan der Taliban diplomatisch präsent sind, mit der westlicher Staaten zu koordinieren, die Abstand halten. Von einem „sehr schwierigen Dilemma“ sprach die Schweizer UN-Botschafterin und derzeitige Präsidentin des Sicherheitsrats, Pascale Baeriswyl.

Die Kontakte der UN zu den Taliban sind so umstritten wie eigentlich unerlässlich

Zuvor hatten die UN für Entrüstung gesorgt. Vizegeneralsekretärin Amina Mohammed, die als höchstrangige Muslima der UN im Januar in Afghanistan war, aber keinen Kontakt zur eigentlichen Taliban-Führung herstellen konnte, sagte nun, in Doha ginge es um „Baby-Schritte“ in Richtung von deren diplomatischer Anerkennung. Das führte zu Protesten in der afghanischen Diaspora.

Am Samstag gingen auch in Kabul sogar einige Frauen dagegen auf die Straße, einige bunt gekleidet und mit Sonnenbrille statt Gesichtsschleier. Teile der Diaspora und des Frauenwiderstands kritisieren die UN dafür, dass sie überhaupt zu den Taliban Kontakte unterhält. Diese sind aber unerlässlich für humanitäre Hilfe und für die Freilassung festgenommener Taliban-Gegner*innen.

Mohammed hatte von einer „auf Prinzipien beruhenden“ Anerkennung gesprochen: Die Taliban müssten zunächst nach dem UN-Prinzip der Nichtdiskriminierung handeln. Zudem erkennen nicht die UN, sondern ihre Mitgliedstaaten individuell andere Staaten oder Regierungen an. Bisher bekamen die Taliban auch nicht Afghanistans UN-Sitz.

US-Sicherheitsrat einig bei Resolution, nicht bei Mandat

Letzte Woche stimmten im Sicherheitsrat Moskau, Beijing und alle anderen Mitglieder einer Resolution zu, welche die Taliban aufruft, ihre Restriktionen gegen Frauen und Mädchen zurückzunehmen und ihnen „vollständige, gleichberechtigte und sichere“ Teilhabe zu gewähren.

Das setzt ein geschärftes UN-Mandat in Afghanistan voraus, über das aber im Sicherheitsrat keine Einigkeit besteht. Am Freitag soll das Ergebnis einer „operativen Prüfung“ vorliegen. Ein UN-Abzug aus Afghanistan scheint aber vom Tisch. Die UN-Programme für Entwicklung und Ernährung wollen ihr Mandat in Afghanistan weiter erfüllen – trotz „politischer Klüfte“.

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