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Das Neubauziel von Schwarz-RotBerlins große Betonkoalition

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Umbau und Bauwende sind das Gebot der Stunde. Doch CDU und SPD setzen in ihren Koalitionsverhandlungen lieber auf Beton.

Helm auf zum Bauen: Franziska Giffey Foto: dpa

E s ist schon erstaunlich, dieses Festhalten an Zahlen. So vehement sich der Baukulturbericht der Bundesstiftung Baukultur für eine „Bauwende“ und eine „Umbaukultur“ ausspricht, so starrköpfig halten CDU und SPD an Neubauzielen fest, die sie sowieso nie erreichen werden. Höflich formuliert ist das das Erwecken falscher Hoffnungen, tatsächlich ist es Betonpopulismus.

7.000 neue Wohnungen sollen die landeseigenen Wohnungsunternehmen also auch in einer Koalition von CDU und SPD bauen. So haben es die beiden Parteien vereinbart, berichtet der Tagesspiegel. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sollen am Freitag vorgestellt werden.

Bereits im vergangenen Jahr war der Bausenator an den selbstgesteckten Zielen gescheitert. Hieße der nicht Andreas Geisel und wäre ein treuer Parteigänger von Franziska Giffey, hätte ihn die Noch-Regierende vielleicht vom Hof gejagt. Chefinnensache sei der Wohnungsbau, hatte sie nach der vorletzten Wahl 2021 stolz verkündet. Die Latte, die seitdem gerissen wird, ist auch die ihre.

Und weitere werden folgen. Wegen steigender Baupreise stornieren immer mehr Investoren ihre Wohnungsbauvorhaben, da wird auch ein bisschen mehr Geld in den Fördertöpfen nicht helfen. Aber die Betonideologie mal hinterfragen, mutig sein, neue Wege gehen, das ist von Schwarz-Rot eher nicht zu erwarten.

Wo bleibt der Abrissstopp?

Dabei ist es das Gebot der Stunde, das Ruder auch in der Wohnungspolitik rumzureißen. Eine Bauwende würde auch bedeuten, endlich ein Abrissmoratorium zu verhängen, den Umbau leerstehender Gebäude oder nicht mehr gebrauchter Büroräume in Wohnraum zu fördern. All das sind Eingriffe in Eigentumsrechte, klar. Aber der Wohnungsmarkt, den die Betonparteien CDU und SPD so gerne bemühen, hat nicht nur nichts gerichtet. Er hat alles nur noch schlimmer gemacht.

Ein Gutes hat der Betonpopulismus wenigstens. Um die Bau- und Mietenpolitik der nächsten Jahre wird nicht nur im Abgeordnetenhaus gestritten werden, sondern auch auf der Straße.

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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1 Kommentar

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  • »Betonpopulismus« — sehr treffender Begriff. Abrissstop, das wird die wichtigste Forderung.