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Protest gegen Geflüchtete in SachsenRechte Hetze in Strelln

In Strelln soll eine Unterkunft für Geflüchtete entstehen. Dagegen haben 200 Menschen demonstriert, darunter „Freie Sachsen“.

Rechtsextreme mobilisieren gegen Geflüchtete: Demo in Strelln am Dienstagabend Foto: Bernd März/dpa

Leipzig taz | Die rassistischen Proteste gegen Geflüchtetenunterkünfte in Sachsen gehen weiter. Im nordsächsischen Strelln haben am Dienstagabend 200 Menschen gegen eine geplante Asylunterkunft demonstriert, in der 100 Schutzsuchende untergebracht werden sollen. Aufgerufen zu dem Protest hatten die „Freien Sachsen“. Die rechtsextreme Kleinstpartei mobilisiert maßgeblich zu den Demos gegen Asylunterkünfte im Freistaat.

Nach einem von den „Freien Sachsen“ auf Telegram veröffentlichten Video protestierte die Menge vor einer Gaststätte in Strelln, in der der Bürgermeister Peter Klepel (parteilos) einen Informationsabend zur geplanten Unterkunft veranstaltete. Die Demonstrierenden trugen Fahnen der „Freien Sachsen“ mit sich und skandierten mehrfach „Wir wollen keine Asylantenheime“. Unter den Demonstrierenden war die Rechtsextreme Uta Hesse, die bei der Landratswahl 2022 für die „Freien Sachsen“ antrat und 20 Prozent der Stimmen bekam.

Darüber hinaus ist in dem Video zu sehen, wie Po­li­zis­t:in­nen die Menge daran hinderten, die Gaststätte zu betreten. „Da sich die Informationsveranstaltung nur an Bür­ge­r:in­nen aus Strelln richtete, die Demonstrierenden aber großtenteils nicht ortsansässig waren, durften sie nicht daran teilnehmen“, teilte eine Sprecherin der Leipziger Polizei auf Anfrage mit. Die „Freien Sachsen“ hingegen verbreiten in ihrem Telegram-Kanal gezielt die Fehlinformation, dass „missliebige Bürger offenbar ausgesperrt“ würden.

Bürgermeister Peter Klepel (parteilos) sagte gegenüber der taz, dass die Stimmung in der Gemeinde wegen der geplanten Asylunterkunft „sehr aufgeheizt“ sei und unter den Strellner Bür­ge­r:in­nen „große Unsicherheit“ herrsche. Zum rassistischen Protest am Dienstagabend sagte er: „Das Recht und die Möglichkeit zu Bürgerprotesten besteht, und so lange diese in geordneten Verhältnissen durchgeführt werden, ist dem nichts entgegenzusetzen.“

Sachsenweit Proteste seit Wochen

Die Geflüchtetenunterkunft, gegen die die Demonstrierenden protestierten, soll bis April auf dem Areal des ehemaligen Strellner Munitionsdepots errichtet werden. Geplant sind temporäre Wohncontainer. Eine solche Unterkunft will der Landkreis Nordsachsen auch im 15 Kilometer entfernten Eilenburg aufbauen.

„Wir betrachten das als Zwischenlösung für maximal zwei Jahre, um kurzfristig Asylsuchende menschenwürdig unterbringen und dann weiter verteilen zu können“, sagte Landrat Kai Emanuel (CDU). Weil die Kapazitäten schon jetzt kaum ausreichten, habe Nordsachsen bereits zwei ehemalige Asylunterkünfte reaktiviert sowie Plätze in bestehenden Unterkünften aufgestockt. Der Landkreis berät außerdem über mögliche Geflüchtetenunterkünfte in drei weiteren Orten – unter anderem in Laußig, wogegen Mitte Januar 280 Menschen demonstrierten.

Schon seit Wochen finden in Sachsen Proteste gegen Asylunterkünfte statt, die die Landkreise angesichts der steigenden Geflüchtetenzahlen errichet haben oder errichten wollen – etwa in Chemnitz-Einsiedel, Dresden-Sporbitz, Kriebethal oder Laußig. Auch am Mittwoch werden wieder Rechtsextreme durch die Straßen Sachsens ziehen und gegen Geflüchtete hetzen.

Aktualisiert und ergänzt am 1. Februar 2023 um 10:25 Uhr. d. R.

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2 Kommentare

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  • Die ganzen Skins und Neonazis der 1990er Jahre im Osten sind alle noch da. Heute, deutlich älter, machen sie auf biedere, besorgte Bürger.

  • Je rechter der lokale Mobb, desto eher keine Unterkunft für Flüchtlinge?

    Das kann es ja dann auch nicht sein. Denn hat der rechte Mobb in Strelln mit seinem Ausländerfeindlichen Auftreten Erfolg, dann reißt die Masche auch schnell in anderen Städten ein.



    Auf der anderen Seite ist den Flüchtlingen auch nicht geholfen, wenn man sie in einer Stadt unterbringt, in der ihnen vom ersten Tag an nur Hass entgegen schlägt.

    Trotzdem, dem Mobb nachgeben heißt kapitulieren, und das darf nicht sein!