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Gewalt im Nahen OstenMit Bildung Brücken bauen

Gastkommentar von Ron Prosor

Die Diskussion über die erneute Eskalation zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten hält an. Ein Einwurf des Botschafters Israels in Deutschland.

Die israelische Polizei sichert den Ort eines erneuten Angriffs in Ost-Jerusalem, im Stadtteil Silwan Foto: Ilia Yefimovich/dpa

W as bringt einen 13-jährigen Jungen dazu, Menschen ermorden zu wollen? Muhammad Aliwat ist Samstagmorgen aufgestanden, hat sich eine Waffe genommen und auf eine Gruppe Juden geschossen. Was ist hier schiefgelaufen? Die Antwort ist tagtägliche Hetze. Wenn Straßen, Schulen und Sportturniere nach Terroristen benannt werden, sind nicht Spider-Man und Batman die Helden solcher Jungen, sondern Terroristen wie Dalal Mughrabi und Karim Junis. Die einen retten in den Comics Menschenleben, die anderen löschen sie auf grausamste Art und Weise aus.

Bei dieser Gehirnwäsche wundert es kaum, dass während der Terrorwelle 2015 24 Minderjährige loszogen, um einen Juden zu ermorden. Selbst in den Physikbüchern der Palästinenser fällt Isaac Newton kein Apfel auf den Kopf.

Die Schwerkraft wird am Beispiel von Raketen gelehrt, die auf Soldaten gerichtet sind. Die Schüler werden gefragt: „Welche Kräfte wirken auf das Objekt ein, nachdem es abgeschossen worden ist?“ Aliwat hinterließ zwischen den Seiten eines solchen Lehrbuchs eine Notiz für seine Mutter – „Sei stolz auf mich“, als er seine Entscheidung, Attentäter zu werden, getroffen hat.

Der Judenhass grassiert seit Langem in den palästinensischen Gebieten und der arabischen Welt. Deutschland hat wie kein anderes Land Erfahrung mit der Bekämpfung von Antisemitismus. Es wäre viel getan, wenn Deutschland seine Expertise einbringt und palästinensische Kinder nicht von klein auf lernen, dass Juden ihre Todfeinde sind. Deutschland kann zeigen, wie man mit der Kraft der Bildung Brücken baut und keine Terrortunnel finanziert.

Märchenstunde Brunnenvergifung

Deutschland will mit seinen Hilfsgeldern ein Gleichgewicht im Nahen Osten herstellen. Tatsächlich wird das genaue Gegenteil erreicht. Jeder offizielle Repräsentant Deutschlands, der nach Israel reist, hat keine andere Wahl, als Onkel Abbas in Ramallah zu besuchen. Statt dort seiner Märchenstunde zu Brunnenvergiftungen und Organraub durch Juden beizuwohnen, sollten ihn die Besucher mit seinen Geldgeschenken an Terror-Familien konfrontieren. Denn die kommen direkt aus dem Budget der deutschen und europäischen Hilfsgelder.

Boaz Arad
Ron Prosor

ist Botschafter des Staates Israel in Deutschland.

Es ist kaum zu fassen, aber die Kohle geht für die Kampagne „pay to slay“ drauf. Sie bedeutet: Je mehr Juden man tötet, desto mehr Geld bekommt man. Glauben Sie, dass das wirklich eine Grundlage für Frieden und Toleranz schaffen kann?

Gegenwärtig landen die Gelder aus Europa in einem Sparschwein, das die Palästinensische Autonomiebehörde nach Lust und Laune schlachten kann. Sie sollten aber auf ein Konto fließen, zu dem die Palästinenser nur den PIN-Code erhalten, wenn sie demokratische Standards einhalten. Das Geld sollte für ein echtes friedliches Miteinander eingesetzt werden.

Wenn Deutschland von der Zwei-Staaten-Lösung spricht, fordert es ganz selbstverständlich einen jüdischen und demokratischen Staat ein. Es sollte gleichermaßen auch öffentlich die Forderung nach einem palästinensischen und demokratischen Staat stellen.

Grundlagen von Toleranz und Frieden erlernen

Konkrete Bedingungen einzufordern ist nicht schwer: Beihilfe zur Errichtung von Schulen? Gerne, solange Schüler dort Grundlagen von Toleranz und Frieden erlernen. Unterstützung für Familien in Not? Natürlich, solange sichergestellt wird, dass sie keinen Terrorismus unterstützen. Jugendzentren gründen? Definitiv. Nur sollte dort der Gebrauch der Waffe nicht gelehrt ­werden.

Bescheidwisser trompeten jetzt gerne heraus, dass Israel bei militärischen Aktionen wie in Dschenin in der letzten Woche unverhältnismäßig handelt. Ihnen soll gesagt sein: Wenn Israel nicht handelt, werden in Tel Aviv und Jerusalem wieder unschuldige Menschen in Bussen und Straßencafés in die Luft gejagt. Eine Aktion der israelischen Verteidigungskräfte wie in Judäa und Samaria wendet Schaden von der Zivilbevölkerung ab. Das kann niemand bei Verstand auch von den Terroranschlägen der Palästinenser behaupten.

Gutmeinende Menschen in Deutschland dürfen nicht akzeptieren, dass ihr Geld dafür verwendet wird, 13-Jährige zu Mördern zu erziehen. Das muss nicht erst morgen, sondern bereits heute gestoppt werden.

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9 Kommentare

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  • der x-te Neuaufguß dieses Narrativs. Dabei gibt es doch schon längst Studien, die auch mal die Gegenseite unter die Lupe nehmen.

    www.theguardian.co...chool-racism-claim

    www.nytimes.com/20...stinian-texts.html

    auch interessant: edition.cnn.com/20...me-intl/index.html

    Israel hat sich also schon in großem Stil daran gemacht, paläst. Schulbücher in Ost- Jerusalem zu redigieren und dabei Diskussionen über die Besatzung wegzuredigieren.

    aber mal davon ab: Wie wahrscheinlich ist es, dass Kinder und Jugendliche völlig losgelöst von der Realität ihren Nächsten anfangen zu hassen u anzugreifen, wenn doch in Wirklichkeit die Realität vor der Tür eitel Sonnenschein ist. Hier kann nur rumrätseln wer die Realität der Besatzung ignoriert und versucht unter den Teppich zu kehren. Letztes Jahr sind 146 Palästinenser erschossen worden, durchschnittlich jede Woche mehr als 2. und allein in diesem Januar schon 30.

    www.washingtonpost...-west-bank-israel/



    darin:



    “No one is being held accountable in most cases where Palestinians are killed,” said Dror Sadot, spokesperson for the Israeli human rights group B’Tselem, which also tracks Israeli and Palestinian casualties and military violations. “There is no one demanding accountability.

    Israel behauptet zwar immer die Mehrheit der Getöteten wären Terroristen ist aber nicht transparent in seinen Ermittlungsergebnissen, wenn es überhaupt ermittelt. hinzu kommt, dass es aller Nase lang dabei erwischt wird einen unbewaffneten Palästinenser über den Haufen zu schießen. btselem.org/topic/firearms anschauen. Überhaupt bietet die ganze Seite viel Wissenswertes. Stichwort open fire policies

    Die neue Regierung strebt übrigens laut Haaretz an die Basis Laws abzuändern u es NGO's wie Btselem zu verbieten für ihre Klienten zu klagen.

  • Sicherlich wird der Herr Botschafter nicht erwähnen, dass seine Regierung im Jahr 2022



    •952 Häuser und Eigentum von Palästinensern, davon 140 durch Spenden finanzierte Einrichtungen, zerstörte und 1031 Personen vertrieb



    •Insgesamt wurden 28.450 Personen von dieser Zerstörung betroffen



    Diese jungen Leute in Palästina sehen jeden Tag, wie deren Häuser zerstört werden, wie deren Eltern demütigt werden.

  • Sehr geehrter Herr Prosor, vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte fällt es schwer Ihrem Kommentar in Teilen zu widersprechen. Sie haben sicher mit vielem Recht und eine besser informierte Sicht auf die Regierung in Ramallah als ich es je haben werde. Ich bemühe mich um eine vorsichtige Formulierung.



    Eine dauerhafte, echte Friedenslösung wird sich meiner unerheblichen Meinung nach nicht nur mit Veränderungen auf palästinensischer Seite ergeben. Israel hat ein Existenzrecht. Das gleiche gilt für die Palästinenser. Es muss einen glaubwürdigen Friedensprozess geben, mit einer langfristigen Perspektive auf Sicherheit für beide Seiten, aber auch eine Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit für die Bewohner der palästinensischen Gebiete. Israel wird im Zuge dieses Prozesses Gebiete, die jetzt völkerrechtswidrig durch Siedlungen befestigt werden, aufgeben müssen. Hamas und Fatah werden den bewaffneten Kampf aufgeben und abrüsten müssen. Der Nordirlandprozess könnte ein Vorbild sein. Dann wird auf lange Sicht sicherlich eine Deradikalisierung erfolgen und einhergehend damit die von Ihnen geforderten Veränderungen in den Schulen und anderen staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen. Unglücklicherweise wird dies mit den momentanen politischen Verhältnissen in Israel und in Ramallah wohl nicht möglich sein.

    • @Bluewater:

      Was ist mit den Siedlungen die legal ( Grundstücke) gekauft worden sind? Soll der neue hoffentlich demokratische Staat Palästina auch Juden offen stehen? In Gaza hätte man ja schon mal vernünftige Verhältnisse mit dem ganzen Geld von Katar und der EU schaffen können und der Gewalt abschwören können. Ich befürchte das bei der nächsten Wahl im Westjordanland die Hamas und oder andere radikale islamistische Gruppen die Mehrheit stellen werden. Israel wird aus gutem Grund, und zwar um seine Bevölkerung zu schützen, dies zu verhindern wissen. Auch Jordanien hat kein Interesse an einem Terrorstaat in seiner Nachbarschaft. Aus diesem Grund haben sie auch eine Staatsgründung Palästinas zwischen 1948 und 1968 nicht zugelassen.

      • @Klempner Karl:

        Ja, ein demokratischer Staat Palästina soll auch Juden offenstehen. Genauso wie der Staat Israel auch Palästinensern offenstehen sollte. Ich habe bewusst von völkerrechtswidrigen Siedlungen gesprochen, legal erworbene Grundstücke werden nach der Festlegung einer Grenze dann im Nachbarland sein und den dortigen Gesetzen unterliegen. Der Grundstückseigner wird sich nicht aussuchen können, ob sein Stück Land, das nach der Staatsgründung in einem palästinensischem Staat liegt, bei Israel bleibt. In einem demokratischen Staat sind selbstverständlich die Eigentumsrechte zu achten.



        Das Argument, Israel wird eine der neuen ultrarechten Regierung missliebige Wahl in Ramallah zu verhindern wissen halte ich für fragwürdig. Das Argument kann man auch umdrehen, wenn den Palästinensern die Wahl in Israel nicht passt, dürfen Sie dann auch diese verhindern? Nein, dürfen sie nicht und sie dürfen auch keine Gewalt einsetzen, um eine Wahl zu verhindern. Ebenso darf Israel keine Wahl in den Palästinensergebieten verhindern. Wenn der Regierung in Israel der eventuelle Wahlausgang nicht passt, dann müssen sie sich erstmal selbst an die eigene Nase fassen. Die israelische Regierung steht nicht gerade für den Wunsch nach Entspannung und Einigung mit den Palästinensern, im Gegenteil, der völkerrechtswidriger Siedlungsbau soll vorangetrieben werden. Terror von Palästinenserseite ist kein Mittel der Politik, Bomben aus Israel aber auch nicht.

  • Meines Wissens, wohnt der 13-jährige Junge mit seiner Familie in Ostjerusalem, welches unter israelischer Verwaltung steht. Warum hat er dann ein Schulbuch, in dem mit Raketen auf Menschen geschossen wird?

    • @Abid Kidoh:

      Es gibt Schulen, die nach israelischen Lehrplänen unterrichten und solche, die nach palästinensischen unterrichten.

      Für die ideologische Schulung in Sachen Hass sind die palästinensischen zuständig, geht man auf eine israelische, verbessern sich die Zukunftschancen.

      www.deutschlandfun...jerusalem-100.html

      • @Jim Hawkins:

        Danke. So ganz verstehe ich trotzdem nicht, warum die israelische Schulbehörde sich da nicht einmischt. Man muss ja nicht gleich die Ledernacken schicken.

        • @Abid Kidoh:

          Das Problem mit den Unterrichtsmaterialien besteht schon lange.

          Mena-Watch hat zu dieser Problematik ein Dossier verfasst.

          Wenn man sich diese Dinge vor Augen führt, scheint es nicht mehr so abwegig, dass schon 13-jährige zu Mördern werden.

          Finanziert wird das Ganze von der Europäischen Union.

          www.mena-watch.com...-hass-schulbucher/