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Die WahrheitBeworfen und ausgelacht

Nächster Schritt Traumabewältigung: So schlimm war die Räumung in Lützerath. Ein Betroffener berichtet.

Parkender Peterwagen vor Paula Foto: dpa

Kevin M. (Nachname abgekürzt) weint. Heiße Tränen laufen über sein Gesicht und tropfen auf das Holzparkett, wo sich bereits eine kleine Pfütze gebildet hat. Vornübergebeugt sitzt er auf dem schlammbraunen Sofa im Wohnzimmer, seine Mutter (bei der er seit der Trennung von seiner Freundin wohnt) hat ihren Arm um ihn gelegt.

Mütterlicher Trost, den er gut brauchen kann. Denn am Wochenende war er mit Freunden in Lützerath und hat die Räumung hautnah miterlebt. Ein traumatisches Erlebnis, obwohl er bereits öfter an Demos, Besetzungen, Räumungen, zwei Beerdigungen und einer Kommunion teilgenommen hat.

„Der Junge war ganz fertig und schmutzig“, berichtet die rüstige 68-Jährige kopfschüttelnd und reicht ihm ein Taschentuch. „Er hat gehumpelt, war total übermüdet und alles tat ihm weh.“

Sie ist entsetzt über die brutale Gewalt während der Räumung des verlassenen Dorfes am Randes des Tagebaus. „Ich hab ja am Wochenende alles am Fernseher und im Internet verfolgt, einmal hab ich den Bub sogar gesehen, glaube ich“, sagt sie und wendet sich jetzt direkt an ihn, „aber man kann euch ja kaum auseinanderhalten, ihr seht ja alle gleich aus, so eingemummelt wie ihr bei diesen Demos immer seid.“

Die Worte kommen erst nach und nach

Kevin nickt und schluchzt. Es fällt ihm sichtlich schwer, über das Erlebte zu berichten. Erst nach und nach findet er die Worte, um zu erzählen, was passiert ist.

„Die Demonstranten haben ganz böse gekuckt“, sagt er schließlich, „und uns mit schlimmen Wörtern beschimpft.“ Wörter wie Doofkopp, Dummbande und Arschloch, die der 44-jährige Polizist im Beisein seiner Mutter nicht wiederholen möchte.

„Viele haben auch gerufen: Schließt euch uns an!“, erzählt Kevin M. mit tränenerstickter Stimme.

„Ogottogott!“, entfährt es seiner Mutter.

„Am schlimmsten waren aber die Besetzer, die in Massen auf uns zugerannt kamen und die ihre Gesichter immer wieder gegen unsere erhobenen Schlagstöcke und unsere Fäuste geknallt haben.“

„Seine ganze Uniform war voller Blut“, bestätigt seine Mutter, „das krieg ich im Leben nicht wieder raus.“

Eine der Aktivistinnen hat ihn sogar so geschubst, dass er beinah hingefallen wäre. Er könnte noch mehr erzählen, zum Beispiel von dem Kollegen, den ein als Mönch verkleideter Demonstrant mit einem „Buh!“ erschreckt hat, von dem Kollegen, der sich bei der Räumung der Scheune einen Splitter eingezogen hat. Im kleinen Finger! Oder von dem Kollegen, der seit dem Wegtragen von Greta Thunberg einen Hexenschuss hat.

Gesetzte Sternchen

Frau M. (Nachname abgekürzt, heißt so wie der Sohn) hält sich die Hand vor den Mund, als sie hört, was die Klimaterroristen mit ihrem Sohn und seinen Freunden gemacht haben. Dann geht sie in die Küche und holt ihm eine heiße Schokolade. Kevin M. schluchzt auf, als er die Tasse mit der braunen Flüssigkeit sieht. „Am schlimmsten war das mit dem Schlamm“, erinnert er sich. Mit seinen Kollegen versuchte Kevin M. stundenlang aus einem sehr schlammigen Feld herauszukommen, in das die „Kli­m*a­ak­ti­vis­tin­*nen“ (Sternchen nach gemachten Sprechpausen gesetzt) sie gedrängt hatten. Immer wieder blieben sie stecken, rutschten aus, fielen hin, versuchten sich gegenseitig zu stützen und aufzuhelfen, fielen aber immer wieder um und rissen Kameraden mit in den Schlamm. „Die Demonstranten, die drumrum standen, haben uns ausgelacht“, sagt Kevin M.

Die Filmaufnahmen gingen in den sozialen Netzwerken um die Welt. Bilder, wie wir sie aus alten Slapstick-Filmen mit Stan Laurel und Oliver Hardy kennen, und die wir sicher beim Jahresrückblick 2023 am 10. Dezember bei RTL wiedersehen werden, moderiert von Thomas Gottschalk.

„Der Kevin wollte ja als Kind schon Polizist werden“, wechselt Frau M. das Thema, „nicht wahr? Erzähl doch mal.“

Und dann erzählt Kevin M.: „Ja, alten Frauen über die Straße helfen. Kindern, die im Park vom Fahrrad gefallen sind, Pflaster aufs Knie kleben. Böse Bankräuber fangen. Und schwierige Kriminalfälle lösen wie Die drei???.“

Ein Kindheitstraum, der von einem auf den anderen Tag von gewalttätigen Klimakämpfern zerstört wurde. Ob er je einen Kriminalfall lösen wird, ist ungewiss. Jetzt ist er erst einmal für mehrere Wochen dienstunfähig geschrieben, wie viele seiner Kollegen, die auch in Lützerath waren. Ob er je wieder als Polizist im normalen Dienst arbeiten kann, entscheidet der Amtsarzt. Und sollte er im Frühling wieder fit sein, wird er mit seinen Freunden nach Berlin geschickt, zu den 1.-Mai-Krawallen. Ihn schaudert. Mit etwas Glück wird er in die Verwaltung versetzt, wo er nichts mit Freiluftkriminellen zu tun hat. Aber Protokolle schreiben und abheften – da sieht er sich irgendwie auch nicht.

„Mit dem Lesen hat der Bub es nicht so“, erklärt seine Mutter. „Aber du könntest doch Schießunterricht geben. Du übst doch am Wochenende im Wald mit deinen Freunden immer so schön.“

„Jaja“, sagt Kevin, das Lob seiner Mutter ist dem 44-Jährigen sichtlich peinlich. Müde und traurig nippt er an seiner heißen Schokolade.

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32 Kommentare

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  • Nett geschrieben. Auch mir ist beim Lesen, das eine oder andere hämische Grinsen entfleucht...



     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • taz: "Er könnte noch mehr erzählen, zum Beispiel von dem Kollegen, den ein als Mönch verkleideter Demonstrant mit einem „Buh!“ erschreckt hat, ..."

    Bei dem Mönch hat die "Reul-Polizeitruppe" wohl doch Skrupel gehabt, den Schlagstock schwingen zu lassen. Es hat ja auch schon gereicht, dass überall auf der Welt TV-Sender gezeigt haben, wie Greta Thunberg von Reuls "Ordnungshütern" abgeführt wurde; da muss man nicht noch der Welt vorführen, dass man in Deutschland Mönche von der Polizei niederknüppeln lässt. Ja, ich weiß, dass es kein echter Mönch war, aber solche Bilder gehen dann trotzdem um die Welt. Vielleicht sollte man den 70-jährigen Herbert Reul endlich mal in Rente schicken, damit er nicht noch mehr Schaden anrichtet. International zeigt man doch jetzt schon mit dem Finger auf Deutschland. Ein Land wo man immer noch Dörfer für den CO2-Kohleabbau räumen und dann abreißen lässt.

  • Ach Schade - die Grundidee ist toll, aber aber die Umsetzung nur gewollt. Der Text entlarvt eher den Schreiber als die Staatsgewalt. Einzig der Hexenschuss hat getroffen.

  • Vielleicht kann man es Satire nennen, aber es ist doch recht plump und... einfach.

  • Naja, dieser Polizist ist immerhin mit hehren Zielen zu seinem Beruf gekommen (Omas über die Straße helfen usw.).



    Im Grunde müssen diese Einsatzkräfte ihren Kopf für eine verfehlte Politik hinhalten.



    Besser sollte man die Politiker verspotten.

    • @Diogeno:

      Naja, diese Polizisten sind erstmal freiwillig dort und stellen sich bereitwillig dazu bereit, die "verfehlte Politik" durchzusetzen.

      Natürlich verdienen die Politiker und Konzernchefs, die diese Entscheidung treffen, verspottet zu werden, aber genau so die Menschen, die sich dazu bereit erklären, diese Entscheidungen zu verteidigen.

    • @Diogeno:

      Richtig!



      Die Polizei als Prügelknaben für verfehlte grüne Politik - so sieht es doch aus.

      • @Rudi Hamm:

        ee Rudi - so sieht es überhaupt nicht aus:



        Die Grünen haben zwar nichts mehr dagegen unternommen - aber es nicht verfehlte grüne Politik, die dort durchgesetzt wird, sondern die von Reul und Konsorten.

        Und die Grünen:



        Die werden sich wohl bald von den neuen "wahren Grünen" herausgefordert sehen - also von solchen, die das "grün" noch ernst meinen und nicht mit Papayas verwechseln (außen grün und innen gelb wie die neoliberale FDP)..

  • Sowas von schlechter Satire....ich musste mich nochmals versichern, daß ich auf taz online bin.

    • @Klarer Verstand:

      Da kann ich helfen. Das Lächerlichmachen und Infantilisieren von gefühlten politischen Gegnern ist immer ein guter Indikator.

  • Taz verlässt hier das Terrain des Journalismus....

    • @FloMe:

      lustig und gut :)

  • ".......von dem Kollegen, der seit dem Wegtragen von Greta Thunberg einen Hexenschuss hat."

    Also die Vorstellung ist süß. Merke:

    Wer Greta abtansportieren möchte, wird einen Hexenschuss davontragen.

    ZACK

    • @Moon:

      Schöne Vorstellung, HEXENSCHUSS - ZACK !

      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        Naja - die!! BROCKENHEXE - 🙀🥳 -

        Remember - Season of the Witch -



        m.youtube.com/watch?v=Hb3fzaPgZ3o



        (& btw



        "Laughing"



        m.youtube.com/watch?v=e4tLiAjmYAk



        David Crosby & Friends - 💤 💤💤 ;)

        • @Lowandorder:

          Danke für den Donovan. Meine Lieblingsversion von Julie Driscoll mit Brian Auger und the Trinity



          youtu.be/uLDNNqDhp8w

          • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

            Ja schön.



            &



            Hier mein Liebling-Donovan - ;)



            live.staticflickr....0_1c8daa5a51_b.jpg by “Rock Dreams“



            - Fool on the Hill -



            Nik Cohn/ Guy Peellaert

            • @Lowandorder:

              Für die Abteilung schönstes Album Cover: ABRAXAS



              images.app.goo.gl/1WfKRKmRpzDeWnRTA

              • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                Ferkel - aber auch mein Favorite!

                • @Lowandorder:

                  Nix Ferkel - HÖCHSTE KUNST!

                  • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                    Na aber Si’cher dat. Dat wüßt ich ever. Da mähtste nix. Meine 2te nach Memphis Underground - bewundert gehütet!



                    Der Herr weiß aber auch Vater “ Ferkel! Weißt du - was ein Ferkel 🐷 ist?“



                    😭 “Ja. Schwein 🐖 sein Sohn!“ ( 🤣 )



                    (Näheres beim nächsten Jammen!;))



                    un - Scheunen Sündach ook -

                    • @Lowandorder:

                      Schöne Sonntagstrouvaille



                      youtu.be/A_nqQCoGMqA

                      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                        Booey - geil! Danke. Kannt ich nicht - Live gibt echt Druck: bluetoothearsbuds einstöpseln & die Haynes läßt die Luzy abgehn!;))



                        (🤫 so von Haynes zu Haynes 🤫;))

                  • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                    OINK!

  • Es liest sich ein wenig wie aus dem Postillon...



    „Viele haben auch gerufen: Schließt euch uns an!“, erzählt Kevin M. mit tränenerstickter Stimme.

    „Ogottogott!“, entfährt es seiner Mutter.

    „Am schlimmsten waren aber die Besetzer, die in Massen auf uns zugerannt kamen und die ihre Gesichter immer wieder gegen unsere erhobenen Schlagstöcke und unsere Fäuste geknallt haben.“

    Und dann seine Mutter zum Schluss...

    „Mit dem Lesen hat der Bub es nicht so“, erklärt seine Mutter. „Aber du könntest doch Schießunterricht geben. Du übst doch am Wochenende im Wald mit deinen Freunden immer so schön.“

    Das ist doch Slapstick in Reinform, wenn da nicht so ernste Hintergründe wären... Schießübungen im Wald, Kameradschaft ick hör dir trapsen.



    Mit dem Gesicht immer wieder in erhobene Schlagstöcke und Fäuste geknallt... freiwillig wohl gemerkt! Ist klar du Möchtegerntate.

    Also entweder habe ich die Intention des Artikels komplett missverstanden, oder ich habe einfach keine Ahnung.

    Der Artikel lässt mich verwirrt zurück.



    Ich trinke jetzt auch 'n Kakao, aber mit Jägermeister...das hilft enorm dabei Emotionen zu steuern, und schmeckt zudem wie Weihnachten.



    Prost!

    • @Klaus Santa:

      Geht mir ähnlich. Ich kann diese Satire als gelungenen Slapstick nehmen. Der dann aber in seiner gedanklich-hintergründigen Bissigkeit, so wie es m. M. n. Satire soll, die harte, die ernste Problematik anspricht, die dahinter steht, die die Satire aufs Korn nimmt.



      Da ist immer wieder die Frage: Was darf Satire? Wenn sich mir die Frage stellt, fällt mir auf, dass ich sie mir zusammen mit der Frage stelle: Was kann Satire? Zeigt sie z. B. im ganz alltäglichen Wahnsinn (der ist schlimm genug) dass auf, was an wirklichem Irrsinn und Wirr-Sinn drinsteckt? Wovor es mir bloß noch graust und ich keine Antwort finde?



      Ich kann mir z. B. „so ein Kevin“ auch in mancher Gruppe von Demonstranten vorstellen. Aber vorweg nochmal die pol. Seite, die „Staatsmacht“. Da kann man auf die eine oder andere Art bis heute Mentalitäten finden, die in folgendem Zitat zum Ausdruck kam: „Ich bedauere, daß es mir mein hohes Staatsamt verbietet, den Kerlen selbst eins auf die Fresse zu hauen. Früher auf dem Bau hat man solche Dinge mit der Dachlatte erledigt.“ Holger Börner, früherer Hessischer Ministerpräsident in Bezug auf Demonstranten („Startbahn West). Wikipedia, Link. Kann so das Verständnis vom Gewaltmonopol des Staates aussehen…??? Die „Kevin-Demonstranten“ von ganz links-außen jammern und maulen bis heute in meinen Augen ähnlich rum. Es hagelt Pflastersteine u. mehr: Ja aber wieso denn? Wieso wird die Polizei jetzt sooo böse mit uns? Das sind doch „die Steine der Weisen“ und das sind wir! Warum fangen die Polizisten die Steine der Weisen jetzt nicht mit bloßen Händen auf? Um sich bewusst zu werden, dass ihr Staat doch nur der Büttel des Kapitals ist und sie diesbezüglich missbraucht u. getäuscht werden? Womit haben wir „Weisen“ das verdient, jammer, schluchzt…? Da jammert dieselbe Münz-Medaille auf ihren zwei Seiten. Auf was Gescheites einwechseln lässt sie sich deshalb trotzdem nicht.

      (1) Zitat, es gibt zwei Versionen. Wikipedia: de.wikipedia.org/w...Holger_B%C3%B6rner

    • @Klaus Santa:

      "dass es wie im Postillion klingt ..."

      ;) Könnte dran liegen, dass es auf der WAHRHEIT erscheint,

  • Also ich finde das nicht schön, dass das immer ein Kevin ausbaden muss.

    • @Nansen:

      Ja, der arme Kevin. Mir scheint, ein Herbert würde auch gut passen.

  • Hat Olaf Scholz nicht auch gesagt, dass bei ihm mit der Polizeigewalt jetzt eine Grenze überschritten ist?

    • @StefanMaria:

      Ob er sich daran noch erinnern kann?