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Wohnraumkrise in DeutschlandUmverteilung von unten nach oben

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Das geforderte Sondervermögen für Wohnungsbau ist unrealistisch. Es braucht eine neue Gemeinnützigkeit beim Wohnungsbau.

In Großstädten entstehen immer öfter Wohnungen, die man sich ohne Erbschaften nicht leisten kann Foto: Sören Stache/dpa

G anze 50 Milliarden Euro Sondervermögen aus den öffentlichen Haushalten fordert ein Verbändebündnis „Soziales Wohnen“. Man müsse damit mehr so­zia­len Wohnungsbau finanzieren, um der „neuen und in ihrer Dimension beängstigenden Sozialwohnungsnot“ zu begegnen, erklärt das Bündnis.

Die Forderung ist sicher berechtigt – nur schleicht sich sofort der Gedanke ein, dass diese 50 Milliarden Euro aus Steuergeldern nicht kommen werden. FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner hat bereits erklärt, dass in Zukunft eher Sparrunden drohen, angesichts der Verschuldungen durch die Entlastungspakete, der Folgen des Ukrainekriegs – und außerdem sei der Bundeshaushalt klamm. Schon die Finanzprobleme in der Pflege, bei der Rente liegen auf Eis und werden nicht angegangen.

Dabei wird die Dramatik der Wohnungsfrage immer sichtbarer: In Berlin etwa wohnen Tausende Geflüchtete mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus schon seit Jahren in Heimzimmern, ohne Aussicht auf eine eigene Wohnung. In ihrer Nachbarschaft entstehen Drei-Zimmer-Neubauwohnungen für 750.000 Euro, die man sich ohne Erbschaft kaum leisten kann.

Wohnungsneubau in den Metropolen ist eine Art Umverteilung von unten nach oben geworden: Versiegelt werden dabei kostbare Flächen, was alle betrifft – um aber Wohnraum zu schaffen, den sich meist nur eine finanzielle Oberschicht leisten kann.

Kleinstadtleben als Alternative

Neben einer stärkeren finanziellen Förderung sind daher Maßnahmen sinnvoll, die diesen Ausverkauf begrenzen. Landeseigene Flächen sollten nur noch in Erbbaupacht für den Wohnungsbau mit langer Sozialbindung freigegeben werden, wie es mancherorts schon geschieht. Eine neue Gemeinnützigkeit beim Wohnungsbau muss entstehen, das sieht auch der Koalitionsvertrag vor. Doch das reicht natürlich nicht.

Darüber hinaus wäre es hilfreich, die Fixierung auf die Metropolen zu überdenken und das Wohnen im Umland und in kleineren Städten nicht mehr als eine Art „Provinzialismus“ abzutun. Die Zeit dafür ist günstig: Arbeitskräfte werden in vielen Regionen gesucht. Das Arbeiten im Homeoffice in vielen Berufen, wenn man nur noch zwei Tage in der Woche in die Firma fahren muss, eröffnet neue Perspektiven für die Wohnraumsuche in billigeren Gegenden.

Es ist eine Überlegung wert, ob man fast die Hälfte seines Einkommens für die Miete ausgeben will, nur um in einer kleinen Wohnung in der Metropole zu sitzen, im Homeoffice zu werkeln und am Abend die Wahl zu haben, ins vegane ­Hipsterrestaurant oder ins Arthouse-Kino gehen zu können. Also Optionen zu haben, die man so oft dann auch nicht nutzt.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).