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Fossile Projekte mit Staatsunterstützung1,5 Grad, nur wenn es passt

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau soll vorübergehend Öl- und Gasprojekte finanzieren. Obwohl sie das 1,5-Grad-Ziel der Bundesregierung unterlaufen.

Finanzierung fossiler Strukturen, wie im Senegal Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Berlin taz | Sie sieht sich als „transformative Förderbank“, für die der „Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft“ zentral ist – so zumindest steht es auf der Website der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Erst im Jahr 2021 hat die KfW Leitlinien für die Finanzierung treibhausgasintensiver Sektoren verabschiedet. Das Ziel: „Finanzierungen im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen“, sprich mit dem 1,5-Grad-Ziel.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Urgewald haben nun den 21 Seiten starken Entwurf einer neuen KfW-Leitlinie für den Sektor Öl und Gas geleakt. Er sieht explizit vor, dass die KfW-Bankengruppe Öl- und Gasprojekte auch dann finanzieren kann, „wenn sie nicht kompatibel mit einem 1,5°C-Pfad sind“. So heißt es in dem Entwurf, der auf der Website der DUH einzusehen ist. Die Begründung: Russische fossile Energieträger müssten ersetzt, Energieunabhängigkeit erreicht und die Versorgungssicherheit gewährleistet werden.

DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner ärgert die „Generalklausel, die jedes klimaschädliche fossile Großprojekt abdeckt.“ Explizit im Entwurf genannt sind Pipelines, Schiffe zur Verlegung von Pipelines, Verflüssigungs- und Importterminals für LNG sowie LNG-Tanker. Zwar ist die Finanzierung solcher Projekte auf einen Ausnahmezeitraum bis September 2024 begrenzt – die Laufzeit der Projekte selbst könne jedoch weit darüber hinaus reichen, sagt Müller-Kraenner.

Laut DUH und Urgewald sei vor allem sei bedenklich, dass die Leitlinie die Finanzierung fossiler Strukturen in Ländern erlaubt, die Energie in europäische Länder exportieren – etwa Senegal oder Ägypten. „Das öffnet Tür und Tor dafür, dass dort Überkapazitäten und Abhängigkeiten geschaffen werden und auch andere Länder lieber in fossile Projekte als in die Energiewende investieren“, so Müller-Kraenner.

Habeck kann Leitlinie ablehnen

Auf Anfrage der taz äußert sich die KfW nicht zu den Vorwürfen der Umweltorganisationen. Sie betont jedoch, dass sie sich zum 1,5-Grad-Ziel bekenne. Die Leitlinie für Finanzierungen im Sektor Öl und Gas, „für die ebenfalls das 1,5-Grad-Ziel gelten soll“, liege bisher nur in der Entwurfsfassung vor. Der Arbeitsprozess sei noch nicht abgeschlossen.

Bei der KfW-Verwaltungsratsitzung am 15. Dezember soll die Leitlinie verabschiedet werden. DUH-Geschäftsführer Müller-Kraenner baut auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Dessen Chef Robert Habeck (Grüne) hat den Vorsitz im Verwaltungsrat der KfW inne. „Wir hoffen, dass sich sein Ministerium öffentlich positioniert und gegen den Entwurf ausspricht“, sagt Müller-Kraenner.

Das Ministerium nennt auf Anfrage der taz keine Details. Es beruft sich ebenfalls darauf, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei, bekräftigt allerdings: Die Bundesregierung wolle, „mit begrenzten und klar definierten Ausnahmen im Einklang mit dem 1,5 Grad-Pfad“ bis Ende des Jahres aus der internationalen öffentlichen Finanzierung fossiler Energieträger aussteigen. Von privaten Investitionen, etwa durch die privatwirtschaftliche KfW-Tochter IPEX, ist nicht die Rede.

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23 Kommentare

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  • Es zeigt sich immer wieder, wie dringend Krisen aller Art benötigt werden. Sie drehen schlagartig das Denken so vieler ins Gegenteil um, sie machen unversehens das, was zuvor noch als höchstschädlich galt, zu etwas besonder umweltfreundlichen, und sie drängen in wundervoller Weise unter den Teppich, daß das, was zuvor wie Sauerbier angepriesen wurde und Hypen entstehen ließ, so gar nicht verwirklichungsfähig ist, weil die Stellen der Einschläge dann lediglich andere sind.

    Zumindest ist Umweltschutz sicher eine sehr sehr langsam ablaufende Sache. Doch es besteht eine gewisse Hoffnung, daß die Umweltziele doch noch erreicht werden, bevor sich die Sache wieder ins Gegenteil umkehrt und die Erde vor der beginnenden neuen Eiszeit geschützt werden muß (vielleicht in ungefähr 5000 Jahren).

  • Der Sprachwirrwarr setzt sich fort.



    "Fossile Projekte" also Projekte, die Mio Jahre alt sind?



    Manomann!

  • Da kommt es völlig unverholen zum Vorschein:



    Den Eliten ist es egal wenn ein Großteil der Menschheit verreckt.

    Sie selbst werden sich schon in Sicherheit zu bringen wissen.

    Aber werden zu spüren bekommen:



    Denn wenn hier ein Brot 10 € kostet wird sich auch hier die "Spreu" vom "Weizen" trennen.

    • @Bolzkopf:

      Ich sach's mal so: Einer gescheiten Elite geht der Brotpreis von 10€ am Allerwertesten vorbei.

    • 6G
      650228 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      Wer ist dann Spreu, wer Weizen?

  • Es ist das, was wir auch im Handeln der Bundesregierung spätestens seit dem Ukraine-Krieg beobachten können: Bei verbaler Bekenntnis zum 1,5 Ziel werden Fakten geschaffen, die einen Ausweg aus der Klimakatastrophe verbauen.

  • Bitte drücken Sie jetzt den grünen Knopf - und Alles wird gut!



    Eigentlich sollte sich herumgesprochen haben, dass wir derzeit eine Versorgungslücke bei Öl und Gas haben.



    Trotz dem Willen zum Ausbau von z.B. Windkraftanlagen, benötigen sie Planung, Genehmigung und Bau.



    Selbst wenn Verfahren vereinfacht werden, liegen wir bei einer Verkürzung der Zeit um die Hälfte immer noch bei drei Jahren.



    Abgesehen davon gibt es, durch fehlende Lieferungen aus Russland und der Ukraine, deutliche Mängel bei der Materiallieferung. Vom Fachkäftemangel war auch schon die Rede. Das, im Zusammenhang mit der Preiserhöhung dürfte das Bautempo eher verlangsamen.



    Was soll denn in der Übergangszeit passieren?



    Warme Gedanken machen?

    • @Philippo1000:

      Der Bau Öl- und Gas-Infrastruktur in Ägypten und Senegal, den die KfW mutmaßlich mitfinanzieren will, dauert ebenfalls ein paar Jahren. Zusätzlich gibt es auch in diesem Bereich einen Mangel an Material und Fachkräften.

      In der Ertüchtigung des europäischen Stromnetzes und dem Ausbau der Erneuerbaren wäre das Geld definitiv besser angelegt.

      Nur: So ein Umbau ist kompliziert. Und provoziert Konflikte. Z.B. mit der CSU.



      Lieber gibt man als das Geld autokratischen Regimes und macht so weiter wie bisher.

      • @Limonadengrundstoff:

        Die Menschen in Deutschland haben noch Öl- und Gasheizungen. Die Industrie arbeitet auch zu großen Teilen mit Gas.



        Damit weiter geheizt werden kann und die Produktion weiter geht, brauchen wir jetzt weiterhin diese fossilen Produkte.



        "Wünsche", dass die Situation anders wäre, kann man haben, sie lösen aber nicht das Problem.



        Dass Konflikte mit der CSU in der Ampel besondere Bedeutung haben, halte ich für eher unwahrscheinlich. Auch wenn die CSU in der GroKo



        die interne Opposition spielte, hat sie mittlerweile doch deutlich an Bedeutung verloren.



        Ihr Informationsstand über den Arbeitsmarkt im Senegal und Ägypten ist beeindruckend.

    • @Philippo1000:

      "Trotz dem Willen zum Ausbau von z.B. Windkraftanlagen, benötigen sie Planung, Genehmigung und Bau."



      Und warum lässt sich Planung, Genehmigung und Bau von LNG-Terminals so beschleunigen, dass das in ein paar Monaten machbar ist, während es sich bei WKA über so lange Zeiträume hinzieht, dass potentielle Investor*innen sich lieber andere Projekte suchen?

      • @Ingo Bernable:

        Wie bekannt ist, wurden die Regelungen für Windkraftausbau seitens des Bundes verändert.



        Ziel soll sein, 2% der Fläche Deutschlands auszuweisen.



        Der Bund ist aber nicht zuständig für Baugenehmigungen. Das obliegt, Ländern, Gemeinden und Städten.



        Da Sie sich für das Thema interessieren, haben Sie sicher mitbekommen, dass in diesem Bereich oft



        " Gegenwind" bläst.



        So ist bekannt, dass NRW mit schwarz-gelb und Bayern in den Letzten Jahren sowohl den Ausbau von Regenerativen generell, als auch Stromtrassen für grünen Strom von der Küste ausgebremst haben.



        Dass potenzielle Investoren andere Projekte suchen, kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen.



        Dass aber im Kommunalen Bereich eine Menge Bremsklötze arbeiten, schon.



        Wenn Sie ernsthaft eine Veränderung der Situation wünschen, engagieren Sie sich doch dort.



        Die Hürden sind niedrig, die EntscheiderInnen ahnungslos. Bereiten Sie sich auf Gegenargumente wie"Verspargelung" der Landschaft vor.

        • @Philippo1000:

          Bei der Energiegewinnung aus Kohle galt und gilt 'Bergrecht bricht Landrecht'. Wo Kohle abgebaut werden soll können ganze Gemeinden enteignet und umgesiedelt werden. Ein Planungsrecht für EE gemäß diesem Vorbild sollte die nötige Beschleunigung doch eigentlich sicherstellen können.

  • Aber Klimakleber in den Knast stecken. Way to go!

  • Solange sich die USA nicht bemühen ihren CO2-pro-Kopf-Ausstoß wenigstens auf das Niveau Chinas zu senken und unsere Maßnahmen sich vor allem auf den Export von umweltschädlichen Produktionen beziehen, können wir vom "Rest" der Welt nicht viel erwarten. Ob da jetzt als Ziele Klimaneutralität, 1,5° oder 3° deklariert werden - es bleibt nur Wunschdenken.

    • @Jörg Schulz:

      Die ständig wiederholte Behauptung der Rest der Welt täte nichts für den Klimaschutz und derartige Bemühungen seien lediglich ein deutscher Spleen mögen vor 20 Jahren vielleicht ansatzweise begründet gewesen sein, inzwischen ist sie aber lediglich ein Resultat von Unwissen oder Nicht-Wissen-Wollen. Glauben sie denn wirklich dem Rest der Welt ist die mittelfristige Bewohnbarkeit des Planeten komplett egal? Die USA haben jüngst ein Paket von 370 Milliarden für den Klimaschutz geschnürt. Wo bleibt der Scholz´sche Vierfach-Wumms für´s Klima? Und China baut allein mehr Windräder als der Rest der Welt zusammen. Allein 2020 wurden dort mehr Windkraftanlagen errichtet als in Deutschland in Summe stehen. Bei derartigen Zubauraten würde sich hier jegliche Diskussion um LNG und AKWs erübrigen aber man ist eben schon längst kein Vorreiter mehr beim Klimaschutz auch wenn man sich das allzugern einredet und auf China und die USA schimpft obwohl die längst das Engagement an den Tag legen, dass hierzulande an Bürokratie und NIMBY-Mentalität scheitert.

      • @Ingo Bernable:

        Ja, wären wir doch eine Autokratie, dann wäre so Vieles Anders!



        Ob besser, sei dahin gestellt.



        Was hier oft als Bremse von oben dargestellt wird, sind häufig die kleinen Bremsklötze von unten.



        Beispiel: in NRW wurden die Städte und Gemeinden verpflichtet, eine Windenergiekonzentrationszone auszuweisen. Das war unter rot grün.



        "Man" begann mit der Arbeit.



        Windmessungen, Abstände zur Bebauung etc., Artenschutzgutachten.



        Die Landesregierung wechselte zu schwarz gelb.



        Die Arbeit wurde eingestellt.



        Schwarz grün. Die Arbeit wurde noch nicht wieder aufgenommen.



        Sollte sich der Wille entwickeln, die Arbeit wieder aufzunehmen, müssen die bisherigen Überprüfungen wiederholt werden. Das heißt allein ein Artenschutzgutachten läuft über ein Kalenderjahr. Die Steuergelder müssten ein zweites Mal ausgegeben werden.



        So kann ein Projekt über 20 Jahre verbummelt werden.



        Schuld sind da nicht die Großen, auf die man gerne schimpft, sondern die Kleinen, die keine Windkraftanlagen sehen wollen.

        • @Philippo1000:

          Sind denn Gesetze die im Bundes- oder Landtag beschlossen werden in irgendeiner Weise autokratisch? Und was daran ist demokratisch wenn demokratisch beschlossene Vorgaben auf kommunaler Ebene (also Exekutive, nicht Legislative) "verbummelt" werden?

          • @Ingo Bernable:

            Bzgl. Autokratie: Sie haben China als leuchtendes Beispiel genannt.



            Irgendwie stelle ich mir vor, dass Artenschutzgutachten und die Einspruchsmöglichkeiten dort anders sind als in einer Demokratie.



            Mein genanntes Beispiel sollte verdeutlichen, dass Sie hier mit Olaf Scholz gerne Jemanden due "Schuld" für die Situation zuweisen möchten, diese aber oft woanders zu finden ist .



            Gleiches gilt für die beschriebenen Zuständigkeiten von Bund und Ländern.

            • @Philippo1000:

              Ja, bezogen auf die Zubauquoten der EE ist China ein leuchtendes Beispiel. Das bedeutet aber nicht, dass man zwingend Demokratie und Menschenrechte abschaffen müsste nur um schneller WKAs bauen zu können. Dass zehnjährige Verfahrensdauern in einer Situation in der die 1,5°-Grenze in weniger als sieben Jahren überschritten sein wird ein Problem ist dürfte offensichtlich sein. Und wenn die Einspruchsmöglichkeiten Dimensionen annehmen die nicht nur jeden Forschritt in der Sache blockieren, sondern in Summe letztlich zu einer Gefährdung für die Gesellschaft werden, weil eben weder Demokratie noch Zivilisation die 2°-Grenze langfristig überleben werden, dann hielte ich es für vernünftig sie einzuschränken.

              • @Ingo Bernable:

                Demokratie einschränken ist so eine Sache : wer entscheidet? Ist die heutige Entscheidung morgen noch gut?



                Wie wir eben erfahren, ist das Artensterben auch nicht so unwichig für die Welt. Ist eine Verkürzen der Verfahren für Windkraftankagen also sinnvoll?



                Eigeninteressen bremsen den Ausbau der regenativen Energien aus. Wie oben beschrieben, ist es den " gewählten Vertretern" möglich, Entwicklungen auszusitzen.



                Wer klopft Ihnen auf die Finger?



                Brauchen wir doch einen Prinzen, der uns rettet?



                Was ändern eigentlich Diskussionen in solchen Foren?



                Halten Sie nicht vom Handeln ab?



                Und was heißt Handeln heutzutage - rumsitzen?



                Wenn die Energien, die hier aufgewand werden, in den Gremien zum Ausdruck kämen, würden solche Possen, wie beschrieben, nicht entstehen.



                Allerdings hört man zwar viel Gemecker, Macher sieht man selten.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    "Habeck kann Leitlinie ablehnen"

    Wird er bzw. die Grünen aber wohl nicht...



    Weil es genau der Politik der Rekarbonisierung entspricht, für die die Grünen mittlerweile stehen.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Ja Meckern ist vor Allem von Außen leicht.



      Wer Verantwortung übernimmt, erkennt die Tragweite der Problemstellungen deutlicher. Bei näherer Betrachtung sind viele Zusammenhänge oft komplizierter.



      Den BürgeInnen den Gashahn zudrehen mag umweltpolitisch sinnvoll sein, doch wie sehen das die 40% betroffenen Deutschen?

      • @Philippo1000:

        Oh ja, Verantwortung sollen CDU und CSU mal fix übernehmen, für den Bockmist den sie uns Bürgern durch nicht vorausschauende, unkompetentes nicht handeln, hinterlassen haben.