Ökobilanz von Weihnachtsgetränken: Glühwein oder Eierlikör?

Klima- und Energiekrise wirken sich auch auf das Weihnachtsfest aus. Plötzlich stellt sich die Frage, welcher Weihnachtsdrink am nachhaltigsten ist.

Zwei Hände stoßen mit Tassen aus einem Weihnachtsmarkt an

Glühwein oder Eierlikör – die Ökobilanz von Weihnachtsdrinks fällt in jedem Fall schlecht aus Foto: Christoph Schmidt/dpa

BERLIN taz | Alle paar Meter steht auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Alexanderplatz ein Glühweinstand. Die Preise des Heißgetränks sind üppig: Für eine Tasse verlangt ein Stand 8 Euro, davon sind 3 Euro Pfand. Die Tasse ist schön heiß und wärmt die gefrorenen Finger auf. Besonders würzig ist der Glühwein aber nicht – weder Zimt noch Nelken oder Orangenscheiben finden sich darin.

Der Wein wurde aus einer Zehnliterpackung des Unternehmens Bayernwald gezapft und aufgewärmt, der pro Karton 25,99 Euro kostet. Wenn in eine Tasse 200 Milliliter Glühwein passt, ergibt ein Karton 50 Tassen, für den Glühweinstand bedeutet es 250 Euro Einnahmen. Ob bei den diesjährigen Energiepreisen am Ende noch etwas übrigbleibt, ist eine andere Frage. Aber nicht nur für den Geldbeutel ist der Kauf dieses Glühweins fragwürdig – auch die Ökobilanz des Heißgetränks ist schwer nachzuverfolgen.

„Wenn man fertigen Glühwein kauft, ob nun auf dem Weihnachtsmarkt oder im Geschäft, bleibt die Herkunft der Zutaten leider oft im Dunkeln“, sagt Katja Tölle, stellvertretende Chefredakteurin der Zeitschrift Öko-Test.

Bei Glühwein müsse keine Zutatenliste angeben, künstliche Aromen müssten nicht deklariert werden. Das heißt, „auch die Inhaltsstoffe werden meistens nicht genannt“, sagt Tölle. Ihre Vermutung bestätigt sich: Bayernwald möchte auf Anfrage keine genaueren Angaben zu den Ursprungsländern der Früchte oder des Weins geben.

Zimt und Zucker mit schlechter Ökobilanz

Eine positive Entwicklung sieht Tölle im regionalen Winzerglühwein: „Die Herkunft ist dann klar gekennzeichnet, oft sind zudem alle Zutaten deklariert. Wenn der dann noch bio ist, kann man den sicherlich mit gutem Gewissen genießen, auch was die Ökobilanz betrifft“, sagt sie. Am besten sei aber selbst gemachter Glühwein, der „eine relativ gute Ökobilanz“ habe, sagt Tölle.

Beim Glühwein spielen verschiedene Komponenten eine Rolle: Es geht um die Herkunft des Weins, seinen Anbau, die im Wein enthaltenen Gewürze, Früchte, der Zucker sowie die Verpackung und sein Verkauf. So könne man mit einem deutschen Wein und regionalem Rübenzucker durchaus einen nachhaltigen Glühwein zusammenmischen.

„Bei der Auswahl der typischen Weihnachtsgewürze wird es dann schon schwierig“, erklärt Tölle, denn diese seien „nicht per se klimafreundlich“. Aber auch hier spiele Ort und Art des Anbaus eine wesentliche Rolle. „Aber ganz ehrlich: Das fällt, glaube ich, kaum ins Gewicht“, ergänzt sie. „Die fertigen Glühweine enthalten nur extrem geringe Anteile echter Gewürze, viele sind auch aromatisiert. Da würde es sich eher lohnen, den Zuckeranteil mit einzubeziehen.“

Schließlich existiert noch eine soziale Komponente. Die Menschenrechtsorganisation Oxfam etwa berichtet über die Ausbeutung im Weinanbau auf italienischen sowie südafrikanischen Plantagen. Den Recherchen zufolge mussten Ar­bei­te­r:in­nen unter unwürdigen Bedingungen für sehr niedrigen Tageslohn arbeiten.

Eierlikör nicht viel besser

Wenn einem auf dem Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz die Lust am Fertigglühwein vergangen ist, kann man sich vielleicht stattdessen mit Eierlikör vergnügen? An zwei Ständen verkauft die Brennerei Wild verschiedene Liköre, unter anderem wirbt sie auf einer Tafel mit „Eierlikör aus besten Bio-Eiern“.

Auf Nachfrage, aus welchem Hof die Eier stammen, muss der Verkäufer erst einmal in der Produktbeschreibung nachsehen. Darin steht: „Wir verwenden ausschließlich frische Eier von der Erzeugergemeinschaft ZapfHof aus Gengenbach und können damit höchste Qualität garantieren.“ Von „bio“ steht da nichts.

Der junge Verkäufer, der seinen zweiten Arbeitstag am Stand verbringt, meint, dass Biosiegel überbewertet und nicht per se vertrauenswürdig seien. Im Fall der Brennerei Wild besteht der Eierlikör aber tatsächlich aus Bio-Eiern, wie der Geflügelhof ZapfHof auf Nachfrage bestätigt. Diese sind durch das Ökosiegel von Naturland zertifiziert.

Ob Bio-Ei oder nicht – die Ökobilanz von Eierlikör fällt trotzdem nicht besonders gut aus. Ursache dafür sind die Zutaten Eier, Sahne und Zucker. „Tierische Lebensmittel verursachen in aller Regel einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck als vegetarische Lebensmittel“, erklärt Reinhild Benning von der Deutschen Umwelthilfe.

So hätten Eier „einen CO2-Fußabdruck von rund 3 Kilogramm pro 1.000 Gramm, dabei wiegt ein Ei rund 60 Gramm“, sagt sie. Greenpeace teilt diese Auffassung: Ernährungsbedingte CO2-Emissionen seien zu 29,1 Prozent auf Milchprodukte und zu 0,5 Prozent auf Eier zurückzuführen.

Tetrapak oder Einwegflasche?

Zucker sei nicht weniger problematisch, da dieser, wenn er „in Monokulturen in Südamerika angebaut wird und lange Transportwege zurücklegen muss“, eine höhere Ökobilanz hat als regionaler Zucker aus Zuckerrüben, sagt Annette Dohrmann von Öko-Test. Zuckerrüben würden „in der Regel intensiv mit synthetischen Düngern auf hohe Erträge gebracht“, ergänzt Benning von der Umwelthilfe.

Beim Eierlikör spielt überdies die Verpackung eine Rolle. Katja Tölle von Öko-Test erklärt, dass das Gewicht eines Glases schwerer sei als ein Tetrapak, sodass mehr Transportkosten anfielen. Einwegglas lasse sich zwar recyceln, doch dies sei sehr energieaufwendig. „Als Pfandflasche, die bis zu 50-mal wiederbefüllt werden kann, okay“, sagt Tölle. Doch wo es kein Mehrwegsystem gebe, sei Tetrapak im Vorteil.

Mit Blick in den leeren Geldbeutel lohnt sich möglicherweise der Weg hin zum Maronenstand: Hier kosten 100 Gramm heiße Maronen 4 Euro. Das ist im finanziellen Rahmen. Außerdem ersetzt die natürliche Süße der Maronen den Zucker, und da sie heiß serviert werden, wärmen die Nüsse die Finger auf – besser als Glühwein. Nur regional sind sie nicht: Auf die Nachfrage, wo die Kastanien herkommen, ruft der Verkäufer fröhlich: „Italien!“ Ein Versuch war’s wert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.