Weihnachten für umme (17): Nur wer hat, kriegt noch geschenkt

taz-Adventskalender: Im Kapitalismus mangelt es an Menschlichkeit, aber nicht an Glühwein und Weihnachtsnippes. Problem ist die ungerechte Verteilung.

Zwei Enten schwimmen auf einem gerade ungenutzten Außenpool in der weitläufigen Hotelanlage des Hotels «Zur Post» auf der Ostseeinsel Usedom.

Also in diesem Außenpool wäre noch jede Menge Platz … Um Pools geht es auch in diesem Text Foto: dpa-Zentralbild/Jens Büttner

Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise nach Auswegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden könnte mit dem ach so besinnlichen Fest.

Dass der Kapitalismus auch an Weihnachten nicht innehält, hatte schon Erich Kästner verstanden: „Morgen, Kinder, wird’s nichts geben, nur wer hat, kriegt noch geschenkt“, heißt es in seinem Gedicht „Weihnachtslied, chemisch gereinigt“.

In gutbürgerlichen Kreisen mag man während der Festtage mal das Scheckbuch zücken, für die Kinder in Afrika oder sowas, vielleicht mit dem Hintergedanken, dass die dann nicht nach Europa kommen. Die Ungleichheit wird deshalb nicht aufhören. Wer zum Beispiel täglich 5,19 Euro zum Essen hat, weil der Staat will, dass Menschen ohne Arbeit an der Hungergrenze kratzen, kann nicht mal eben auf den Weihnachtsmarkt. Glühwein und gebrannte Mandeln kosten bekanntlich Geld.

Dabei mangelt es im Kapitalismus zwar an Menschlichkeit, aber ja nicht an Glühwein, Mandeln oder den meisten anderen Dingen. Das Problem ist die ungerechte Verteilung. Für alle, denen etwas fehlt, ist es deshalb ein naheliegender Gedanke, es sich einfach dort zu nehmen, wo es so viel von allem gibt: Dem Villenviertel im Grunewald zum Beispiel. Sollen doch die Reichen mal was abdrücken, einen Glühwein vielleicht, oder was von dem vielen Bargeld?

Ein Weihnachtsstrumpf mit der Zahl 17 und Rentieren darauf

Foto: taz/Aletta Luebbers

Könnte dann nicht je­de:r kommen?

Nur verstehen Reiche bekanntlich wenig Spaß. Klar, mal einen Tausi abzudrücken, würde ihnen kaum wehtun. Aber da geht es ihnen ums Prinzip – und zack, haben sie die 110 gewählt. Dann kann man erleben, wie schnell es die bewaffneten Beschützer des Status quo in den Grunewald schaffen!

Irgendwie sind die Ängste der Grunewalder ja dann aber auch verständlich. Öffnen sie einmal ihre Tore für den Pöbel, könnte dann nicht je­de:r kommen?

Doch – warum eigentlich nicht? Alleine um Almosen zu bitten kann sich erniedrigend anfühlen. Wer aber mit Freunden oder gleich der ganzen Nachbarschaft auftaucht, der bettelt nicht, sondern betreibt Umverteilung. Warum sich nicht mal selbst was schenken, durch die temporäre Enteignung eines beheizten Außenpool zum Beispiel?

Auch mittelfristig kann der Protest Rendite abwerfen, wenn der Staat endlich beginnt, den Reichtum umzuverteilen. Das muss aber erkämpft werden – zum Beispiel durch Spontandemos im Grunewald. Schon Rio Reiser wusste, was es braucht: „Alles, was uns fehlt, ist die Solidarität!“

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