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Trans Menschen und FeministinnenIn Eigenregie l(i)eben

Michaela Dudley
Kommentar von Michaela Dudley

Unsere Ant­ago­nis­t*in­nen verleumden uns nach Kräften. Dabei ist und bleibt das Transgendersein etwas Natürliches.

Unter dem Pseudonym „Robert Galbraith“ verbreitet J.K. Rowling transphobe Stereotype Foto: APress/imago

Die Würde des Menschen ist unten antastbar“, so heißt der Titel eines Tongedichts, das ich einst in einem Neuköllner Venue uraufführte. Das Stück befasst sich mit der Art und Weise, auf die man mit uns Angehörigen der Transgender-Community umgeht. „Mitglied, ohne Glied, noch nicht das Ende vom Lied. Ihr seid lustig, feiern wir Pride. Solange Ihr nicht zu stolz seid.“ Fakt ist, wir werden als Faszinationsobjekte begrapscht und als Feindbilder bedrängt. Unsere Bedürfnisse werden häufig totgeschwiegen. Dafür labert man lebhaft über uns, unsere Gender-Gaga, unsere Genitalien – und über unsere Köpfe hinweg.

Als „Frau ohne Menstruationshintergrund, aber mit Herzblut, in der Regel“ habe ich diesbezügliche Erfahrungen am eigenen Leibe gesammelt. Man spricht euphemistisch von „Transphobie“, aber diese Angst vor uns artikuliert sich allzu oft als Hetze in Wort und Bluttat, ob online oder auf offener Straße.

Trans Serie

In unserer „Trans Serie“ schreiben queere, trans und cis Menschen rund um die aktuellen Diskurse um das neue Selbstbestimmungsgesetz. Alle Texte der Reihe finden Sie hier.

Zu unseren erbittertsten Wi­der­sa­che­r*in­nen zählen religiöse Fundamentalist*innen, Neonazis, Maskulinisten und nicht zuletzt die TERFS, eine seit 1970 gängige Selbstbezeichnung für Trans Exclusionary Radical Feminists. Eine unheilige Allianz, in der besorgte Bür­ge­r*in­nen Mobbing als Ausdruck der Meinungsfreiheit auf allen Kanälen betreiben.

TERFs schrecken dabei vor dem rassistischen Revisionismus auch nicht zurück. Die Ikone Marsha P. Johnson (1945 – 1992), jene Schwarze trans* Frau, die 1969 beim Gay-Rights-Aufstand in der New Yorker Christopher Street den ersten Stein von Stonewall warf, wird von ihnen gar nicht anerkannt, sondern ausgelacht und geleugnet.

Michaela Dudley

geboren 1961 im Schatten der Freiheitsstatue, Berlinerin mit afroamerikanischen Wurzeln, Kolumnistin, Kabarettistin, Keynote-Rednerin und Juristin (Juris Dr., US). Ihr Buch „Race Relations: Essays über Rassismus“, erschienen 2022 im GrünerSinn-Verlag, reüssiert als lyrischer Leitfaden zum Antirassismus und liefert Hintergründe zu den bis heute anhaltenden Diskriminie­rungen.

Für TERFs, wie auch für unsere anderen Widersacher*innen, sei das Geschlecht nicht frei wählbar, sondern ausschließlich und unabänderlich biologisch bedingt. Somit zelebrieren sie binäre, heteronormative Körperideale. Dabei offenbaren sie auch eine ableistische Haltung, die Menschen mit Behinderung in mikroagressiver Mitleidenschaft zieht.

Wir in der Trans-Community erleben die TERF-Bewegung als eine soziopathische Sekte, die psychoterroristisch agiert und agitiert. Missgendern, Mobbing, Mordaufrufe. Während ihre Gefährlichkeit von den Medien und von der Justiz noch unterschätzt wird, bilden TERFs – sehenden Auges und mit blinder Besessenheit – eine unheilige Allianz mit der besorgten Bürgerschaft des Patriarchats.

TERFs teilen auch die Überfremdungsängste der rechten Rattenfänger*innen, obwohl Transgenderpersonen mitsamt non-binären Personen knapp 2 bis 5 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Umso bedauerlicher ist es, dass man TERFs eine gewisse Salonfähigkeit verleiht. Hochschulen, besonders jene, die eine nicht aufgearbeitete Tradition systemischer Diskriminierung aufweisen, lassen sich ja bekanntlich dazu nötigen, solchen Dem­ago­g*in­nen eine Plattform zu bieten.

Es ginge um die „Wissenschaftsfreiheit“. Na ja, auch die Flat Earthers (die Erde sei eine Scheibe) stehen auf einem „wissenschaftlichen Fundament“, aber eben auf einem aus dem 15. Jahrhundert. Für ein Referat beispielsweise über die moderne Astrophysik wären Flatearthers allerdings nicht geeignet. Ihnen die Auftrittsmöglichkeit deshalb zu verweigern, hätte also nichts mit Zensur zu tun.

Den berüchtigten HU-Vortrag möchte ich inhaltlich nicht kommentieren. Außer: Von einer Meeresbiologin, die über Transsexualität referiert, hätte ich der Vollständigkeit halber etwas über „Seepferdchen-Papas“ der humanen Sorte erwartet. So nennen sich trans* Männer, die – noch über ihre weiblichen Geschlechtsorgane verfügend – Kinder gebären. Ja, Männer können schwanger werden. Das war Gegenstand des 2020 an der University of Leeds durchgeführten Symposiums Trans Pregnancy, bei dem das Sujet ohne polemische Verengung, sondern unter interdisziplinären Gesichtspunkten (Medizin, Psychologie, Recht und Soziologie) erörtert wurde.

Prominente wie J. K. Rowling twittern transfeindliche Sticheleien. Wenn sie nicht als Harry-Potter-Autorin unterwegs ist, schreibt Rowling übrigens unter dem Pseudonym Robert Galbraith. Der Arzt Robert Galbraith Heath (1915–1999) war ein glühender Verfechter der abscheulichen Konversionstherapie, die „zur Heilung“ homo- und transsexueller Zwangs­pa­ti­en­t*in­nen teilweise nach wie vor eingesetzt wird. Ein Zufall? Doch damit nicht genug: Als Robert Galbraith veröffentlicht Rowling eine Krimireihe, in der „feminin verkleidete“ Männer immer wieder als Übel­täter auftauchen. So bedient sie sich eines verleumderischen Klischees, mit denen die Community seit Langem zu tun hat.

Trans* Frauen als Kerle, die in Weiberklamotten herumlaufen, nach jener Möglichkeit lechzend, sich auf der Damentoilette sexuell zu befriedigen und Opfer zu vergewaltigen. Allerdings, wenn die Er­zäh­le­r*in­nen solcher Gruselstorys darum gebeten werden, mit konkreten Beispielen aufzuwarten, kommen sie in Bedrängnis. Schließlich erwähnen sie irgendeinen obskuren, im Hörensagen verwurzelten Fall, in dem ein cis Mann sich als Frau verkleidet, um seine fetischartigen Übeltaten zu begehen.

Anschließend zieht sich der Täter wieder männlich an. Er hat freilich überhaupt kein Interesse daran, in seinem alltäglichen Umfeld weiblich unterwegs zu sein, geschweige denn, dass er auf die Idee käme, an seiner amtlichen Identität als Mann zu rütteln. Denn dadurch würde seine Tarnung auffliegen. Zum Vergleich: Wenn ein Weißer seine Haut mit dunkler Farbe kaschiert, um bei einer x-beliebigen Straftat den Verdacht auf Nichtweiße fallen zu lassen, ist es dann gerecht, wenn unbeteiligte Schwarze in Sippenhaft genommen werden? Doch genau das passiert mit uns.

Mit solchen Hirngespenstern hantieren auch hierzulande unsere Antagonist*innen. Emma-Feministin Alice Schwarzer meldet sich zu Wort, mit einem vor dem „Trend Transsexualität“ eindringlich warnenden Band, der tief im Bunker der Binarität verwurzelt ist. Dabei ist und bleibt das Transgendersein etwas Natürliches. Denn was könnte natürlicher sein als das Bedürfnis, in Eigenregie zu lieben und zu leben? Dass die übersichtliche Welt unserer Wi­der­sa­che­r*in­nen dadurch erschüttert wäre, dürfte uns nicht zum Nachteil gereichen. Sie stützen sich auf Autokratie (Verbote, Toilettenkontrollen), wir dahingegen verkörpern Autonomie.

Eigentlich wollen wir mehrheitlich keine Sonderrechte, sondern Rechte. Die Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes ist deshalb wichtig, damit das Unrecht des seit 1981 geltenden Transsexuellengesetzes beseitigt werden kann. Kein Allheilmittel, aber ein Schritt in Richtung Würde und eine gesetzlich verankerte Kampfansage an alle, die durch Hetze und Halbwahrheiten unsere Existenz infrage zu stellen versuchen.

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17 Kommentare

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    Die Moderation

  • Laut der Definition von trans* beschreibt der Begriff u.a. Menschen (Zitat stonewall.org.uk) "whose gender is not the same as, or does not sit comfortably with, the sex they were assigned at birth."

    Dies schließt auch sog. "transmaskuline" und "transfeminine" Personen ein, d.h. z.B. bei der Geburt als männlich identifizierte Menschen, die mit dem einen oder anderen Aspekt gesellschaftlicher Männlichkeitsvorstellungen hadern. Dies können jedwede Konventionen sein, LGBTQ+ Aktivist*innen verzichten ganz bewusst auf Präzisierung, um inklusiv zu sein.

    Männlichkeitskonventionen können so unterschiedliche Aspekte umfassen wie geglaubte Überlegenheit gegenüber Frauen, Verantwortung für die eigene Familie, Härte gegenüber sich selbst, oder die Erwartung an Frauen, die Bedürfnisse von Männern über ihre eigenen zu stellen.

    Die Liste ließe sich fortsetzen, Punkt ist: jedwedes Hadern mit einem oder mehrerer dieser Aspekte definiert einen bei der Geburt als männlich identifizierten Menschen als *trans* (laut Definition der LGBTQ+ Aktivisten).

    Es ist dafür überhaupt nicht nötig, als feminin gelesene Kleidung zu tragen. Trans ist ein Gefühl, keine Äußerlichkeit.

  • Der Name Galbraith taucht alleine in der deutschsprachigen Wikipedia mehr als 30 Mal auf. Dazu führt ein schottischer Clan diesen Namen. Nun gibt es unter diesen 30 Nennungen natürlich keinen Robert Galbraith Heath, denn der hat ja nun mal einen anderen Nachnamen. Heath war, das ist richtig, ein völlig bescheuerter homophober Psychiater, der in den 1950er Jahren widerliche Menschenexperimente durchgeführt hat, für die er heutzutage weggesperrt werden würde.

    (...)

    Der Kommentar wurde gekürzt. Unsere Netiquette können Sie hier nachlesen: taz.de/netiquette

    Die Moderation

    • @Andreas Lobe:

      Ich halte es für komplett abwegig, dass Rowling in irgendeiner Weise auf Robert Galbraith Heath angespielt haben könnte, als sie ihr Pseudonym wählte. Es passt in keiner Weise zu allem, was sie in der Vergangenheit über nicht-heterosexuelle Menschen gesagt oder geschrieben hat.



      Dass sie allerdings vorher nicht mal gründlich recherchiert hat könnte man als fahrlässig bezeichnen. Alles andere aber ist reine Spekulation und Unterstellung.



      "ist bösartig und dumm. Dummheit aus Hass geboren ..."



      Auch das ist reine Spekulation und Unterstellung.



      Irgendwie ist diese Debatte komplett am Arsch. Und das liegt nicht am Debattengegenstand.

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Dann werde ich mich in Zukunft wohl als Kartoffel ohne Menstruationshintergrund bezeichnen müssen. Pride.

  • @ABRAXAS

    Hass?

    • @tomás zerolo:

      Ja, Hass. Hass gegen Frauen. Frauen, die verleumdet werden.

      • @abraxas:

        Ich habe beim Lesen keinen Hass wahrgenommen, sondern Umsichschlagen von einer Autorin, die sich durch bestimmte andere Personen bedroht fühlt.



        Ich kenne aber Michaela Dudley nicht persönlich, hab mich nicht mit ihr darüber ausgetauscht.



        Bleibt also alles reine Fantasie.

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    Die Moderation

    • @Skolebuss:

      Danke für Ihre Erwiderung. Der Urpsrungskommentar wurde gelöscht.

      Die Moderation

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    Die Moderation

  • "Dabei gibt es doch nichts Natürlicheres als das Transgendersein."



    Ist Hetero zu sein also nicht so "natürlich" als Transgendersein?



    Ich denke beides ist exakt gleich!

    • @Rudi Hamm:

      "Es gibt nichts Natürlicheres als x" sagt nicht "Nichts anderes als x ist so natürlich wie x".

    • @Rudi Hamm:

      "Transgendersein" sagt nichts darüber aus, ob jemand homo oder hetero ist.

    • @Rudi Hamm:

      Hast du nicht weiter als die Überschrift gelesen?

      Die Aussage bezieht sich auf das natürliche Bedürfnis "in Eigenregie zu lieben und zu leben".

  • Gibt halt ne Menge Menschen, die brauchens irgendwie, sich auf ein Feindbild einzuschießen und gehen einer vernünftigen, argumentativen Debatte, bei der am Ende vielleicht auf etwas Konstruktives herausspringt., mit konsequenter Polemik aus dem Weg.

    Die einen müssen halt ständig gegen Transpersonen schießen, andere kriegen keinen Artikel auf die Reihe, ohne sich der immergleichen undifferenzierten Rundumschläge gegen Feministinnen zu bedienen.

    Beide Seiten haben sehr wenig Interesse daran, sich gegenseitig zu verstehen. Und beide Seiten nerven unheimlich mit ihrer selbstgerechten Vereinahmung ganzer, nicht homogener Bevölkerungsgruppen.

    • @Deep South:

      Undifferenziert? Soweit ich das lese, hat sich Frau Dudley sehr differenziert auf eine Unter-Gruppe Feminist*innen bezogen, welche selbst überaus deutlich Stellung gegen Transpersonen beziehen. Und sie hat reichlich Beispiele für diese Stellungnahmen geliefert, wenn auch leider ohne Quellenangaben, was es leichter macht, ihr einfach nur Hass und Unterstellungen zu, naja, unterstellen. Dabei hat sie lediglich ihren Frust darüber ausgedrückt, wie Mitglieder der genannten Personengruppe Stimmung gegen Transpersonen macht - und zwar ebenso undifferenziert, wie Sie es der Autorin jetzt vorwerfen.